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Differenzen mit Watzke zu gross – Thomas Tuchel bei Dortmund entlassen

Coach Thomas Tuchel kisses the trophy as the truck with Borussia Dortmund players arrives at the Borsigplatz place in Dortmund, Germany, Sunday, May28, 2017. Borussia Dortmund won the German soccer cu ...
Vor kurzem noch den Pokal geküsst, jetzt ohne Job: Thomas Tuchel. Bild: AP/dpa

Differenzen mit Watzke zu gross – Thomas Tuchel bei Dortmund entlassen

Thomas Tuchel ist wie erwartet nicht mehr Trainer von Borussia Dortmund. Drei Tage nach dem Cupsieg geben der 43-jährige Schwabe und der Bundesligist die Trennung bekannt.
30.05.2017, 13:4530.05.2017, 16:00
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Seit Wochen machten in Dortmund Gerüchte um die Entlassung von Thomas Tuchel die Runde, nachdem das Zerwürfnis zwischen dem Trainer und dem Geschäftsführer Thomas Watzke öffentlich geworden war. Am Dienstag besiegelten die beiden das Ende der Zusammenarbeit in einer bloss rund 21 Minuten dauernden Sitzung mit Sportdirektor Michael Zorc. «Schade, dass es nicht weitergeht», twitterte danach Tuchel.

Entscheidende Wegmarke im Verhältnis zwischen Tuchel und seinen Vorgesetzten war die Bewältigung des Bomben-Attentats gegen den Mannschaftsbus der Borussia vor dem Champions-League-Spiel gegen Monaco vom 11. April. Tuchel goutierte die Neuansetzung der Partie für den Tag danach nicht, Watzke hatte sich in seinen Augen zu wenig für einen anderen Termin eingesetzt.

Kurz darauf antwortete Watzke in einem Interview mit der Zeitung «Der Westen» auf die Frage, ob zwischen ihm und Tuchel ein Dissens sichtbar geworden sei: «Das ist so, ja.»

Umstritten aber Erfolgreich

Seither taten sich bei der Borussia weitere Gräben auf. Zwischen Tuchel und Teilen der Mannschaft zum Beispiel. Aussagen von einzelnen Spielern deuteten auf ein zerrüttetes Verhältnis hin. Tuchel unternahm wenig, die Probleme zumindest zu kaschieren. Vor dem gewonnenen Cupfinal vom letzten Samstag gegen Eintracht Frankfurt eröffnete Tuchel ohne sportliche Not eine weitere, letzte Baustelle.

«Bei der Ursache der Trennung handelt es sich keinesfalls um eine Meinungsverschiedenheit zwischen zwei Personen.»
Borussia Dortmund

Er strich den Mittelfeldspieler Nuri Sahin, eine Borussia-Identifikationsfigur mit zuletzt mehr Einfluss neben als auf dem Platz, aus dem Kader. Captain Marcel Schmelzer kritisierte danach den Trainer deutlich: «Mich hat es sehr geschockt. Ich verstehe es einfach nicht.» Entscheidend war die Personalie Sahin in der «Causa Tuchel» mutmasslich aber nicht mehr. Die Daumen der Entscheidungsträger waren längst gesenkt.

Am Dienstagnachmittag meldet sich BVB-Boss Watzke in einem offenen Brief zu Wort. Dort erklärt er, dass er das Unverständnis und die Kritik verstehe, die Fans über der Trennung von Tuchel äussern. «Allerdings haben wir – Michael Zorc als Sportdirektor und ich – uns in dieser Zeit in der Zusammenarbeit mit dem Trainerteam auch aufgerieben», so Watzke. Es gehe bei Dortmund nicht nur um sportlichen Erfolg, sondern auch um Werte wie Vertrauen, Respekt, Verlässlichkeit und Loyalität. In der gegenwärtigen personellen Situation hätten sie keine Grundlage für eine erfolgreiche Zusammenarbeit gesehen.

«Wir haben in der gegenwärtigen Situation leider keine Grundlage erfolgreiche Zusammenarbeit gesehen.»
Hans-Joachim Watzke

Daran änderte auch nichts, dass Tuchel gerade in der Schlussphase der Saison durchaus sehr erfolgreich war. Dortmund gewann in der Meisterschaft seit dem Attentat 14 von 18 möglichen Punkten und qualifizierte sich als Dritter direkt für die Gruppenphase der Champions League.

Im Cup siegte der BVB in den Halbfinals auswärts gegen Serienmeister und Erzrivale Bayern München und holte schliesslich gegen Frankfurt die erste Trophäe seit 2012. Zudem ist Tuchel mit 2,1 Punkten pro Spiel in der 1. Bundesliga der erfolgreichste Trainer in der BVB-Geschichte - erfolgreicher auch als die legendären Jürgen Klopp und Ottmar Hitzfeld (je 1,9 Punkte).

Der Klub schreibt aber auch in einer Mitteilung, dass es sich bei der Ursache der Trennung keinesfalls um eine Meinungsverschiedenheit zwischen zwei Personen handelte. «Das Wohl des Vereins Borussia Dortmund, wird grundsätzlich immer wichtiger sein als Einzelpersonen und mögliche Differenzen zwischen diesen», so der Verein weiter.

Soll Favre Dortmund übernehmen?

Kommt Lucien Favre?

Somit steht fest, dass der Nachfolger von Tuchel ein schweres sportliches Erbe antritt. Wunschkandidaten sind offenbar Hoffenheims Julian Nagelsmann und Lucien Favre. Der Westschweizer besitzt noch einen Vertrag bis 2019 bei OGC Nice, gilt aber gemäss deutschen Medien gegenüber Nagelsmann als Favorit. Denn wie die «Westdeutsche Allgemeine Zeitung» berichtete, bekundete Nagelsmann nur ein grundsätzliches Interesse am Trainer-Amt in Dortmund. Er soll aber mit Blick auf seinen laufenden Vertrag bei Hoffenheim (vorerst?) abgesagt haben. (abu/sda)

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34 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Ketchum
30.05.2017 15:32registriert August 2015
Was heisst: "Hat ohne Not eine weitere Baustelle aufgemacht"? Sahin im Cupfinal nicht zu bringen, war sportlich vetretbar. Die Entlassung Tuchels ist unverständlich. Schwatzke wird immer mehr zum Sonnenkönig - Schalker Verhältnisse in Dortmund. An Favres Stelle, würde ich bei Nizza bleiben. Beim BVB kann er nur verlieren
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R10
30.05.2017 16:45registriert Juli 2016
Watzke sollte besser wieder ein bisschen von seinem hohen Ross runterkommen und sein Lebenswerk nicht wieder demontieren. Sportlich gesehen hat Tuchel top Leistung gebracht. Dass er ein schwieriger Charakter ist, wusste man.
Schmelzer hätte besser in der Saison mehr Leistung gebracht, anstatt nun die Aufstellung (oder Nuchtaufstellung) zu kritisieren. Das hat er sich auch erst getraur als TT's Abgang unausweichlich war. Dortmund muss aufpassen, nicht die gleichen Fehler zu machen, wie vor 15 Jahren.
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FCZBVB180
30.05.2017 13:48registriert März 2016
"Manche Twitter-User wünschen sich aber auch einen anderen Schweizer: den vor kurzem in Mainz entlassenen Martin Schmidt."

Ich hoffe aber ihr versteht die Ironie dahinter...
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Nach der Präsentation der Trikots für die EM 2024 war der Ärger bei einigen Schweizer Fussballfans gross, doch damit sind sie nicht alleine. Auch Deutsche, Engländerinnen oder Italiener sind ob der Leibchen ihrer Nationalteams alles andere als erfreut.

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