Noch einmal schlafen – dann ist schon wieder Super League. Und tatsächlich gibt es Menschen, die bereits ein kleines Vorfreude-Bisi in der Hose haben. Dies hat Kollege Manser gestern mit dieser hübschen Geschichte bewiesen.
Mir geht es irgendwie nicht so.
Ich bin ein Fussballfanatiker. Aber die Aussicht auf den «Start-Kracher» zwischen Luzern und Sion macht mich nicht einmal halb so glücklich wie das feine Cornet, dass ich gerade gespachtelt habe. Mmmh, Vanille!
Also, was ist los? Zu heiss für Fussball? Zu kurze Pause?
Ich erwische mich beim Gedanken, dass früher irgendwie alles besser war. Zur Strafe haue ich mir selbst saftig eins an den Latz. Also bitte, sowas sagen doch wirklich nur verbitterte Alte!
Trotzdem grüble ich weiter – und finde spontan 12 gute Gründe, weshalb die Schweizer Liga in den 90er-Jahren eben doch massiv cooler gewesen ist.
Remember Sonny Anderson, Ratinho, Jahn Ivar «Mini» Jakobsen, Petar Alexandrow, Giovane Elber, Viorel Moldovan und wie sie alle geheissen haben? Pures Genie! Und mein persönlicher Favorit: Alexander «Sacha» Rytschkow: Beim FC Basel nie mit unter zwei Promille auf dem Platz, aber gedribbelt hat er – wie ein junger russischer Gott auf EPO.
«Ja, ja! Mir rissets nur churz ab. Ja, ja! Mir bauets grad wieder uf!»
Pyro-Zünder stehen auf der Fahndungsliste mittlerweile nur noch knapp hinter Tierquälern und IS-Kämpfern. Aber früher fand man es irgendwie voll läss.
Fünf Stutz für einen Stehplatz hinter dem Tor! In Basel gab es die Saisonkarte plus Trikot für Jugendliche dank UBS-Sponsoring für 40 Franken. Heute kostet ein Set Autogrammkarten mehr.
Kaum hat im Jahr 2015 das Mami für die Super-League-Frischlinge den ersten Vertrag unterschrieben, sind sie alle schon angemalt wie ein 85-jähriger Pirat. Früher wusste man als Zuschauer wenigstens, dass die tätowierten Spieler auch die gefährlichen sind.
Mit ihren Spraydosen und affigen Headsets könnte man die Schiris heute glatt für Graffiti-Künstler auf dem Weg zum Job im Callcenter halten. Die Linienrichter darf man nicht mehr «Linienrichter» nennen, sondern «Schiedsrichter-Assistent» – weil sie sonst zum Psychologen müssen. Wir brauchen wieder Leute wie ihn: Serge «der Brusthaarbär» Muhmenthaler!
Es gab Bier! Immer! Richtiges Bier! Keine Leichtbierplörre – kein Alkoholfrei. Wer gross genug war, um ins Stadion zu gehen, der durfte auch selbst entscheiden wie hart er sich volllaufen lässt. Das geht heute nur noch in der Cüpli-Loge. Ausserdem musste man nirgends mit diesen unsäglichen Plastikkärtchen bezahlen – wie nun zum Beispiel in Luzern.
Ja, GC wurde damals auch ein paarmal Meister. Aber dazwischen haben Sion, Aarau und Servette den Laden aufgemischt. Apropos Punkt 7: Wie viel Prozent der Basler Bevölkerung sind durch die ewigen Meisterpartys auf dem Barfüsserplatz eigentlich schon zu funktionalen Alkoholikern geworden?
Es gab lang und es gab kurz. Sah alles bescheuert aus. Aber wenigstens haben die Spieler den Fussballplatz nicht mit einem Laufsteg am Coiffeur-Lehrlingskongress verwechselt.
TRIFON (Neuchatel Xamax - Switzerland League 1994) pic.twitter.com/ChuHo87jfQ
— Old School Panini (@OldSchoolPanini) 13. August 2014
Am Sonntagmorgen um 8.30 Uhr auf den Zug, damit man beim Auswärtsspiel in Sion pünktlich im Stadion ist: Super Idee, SFL – super!
Die Spieler trugen Adidas- statt Gucci-Täschchen. Und beim Blick auf die Fussballschuhe war man als Zuschauer nicht akut epilepsiegefährdet. Stattdessen: 22 Mal «Adidas Copa Mundial» – in Schwarz. Geil!
«Diese Gelbe Karte wurde Ihnen präsentiert von Mister Wong!»
«Dieses Foul wurde Ihnen präsentiert von der Apotheke Sonnenhof in Ober-Bümpliz. Erste Hilfe, persönlich und mit Gefühl!»
«Diese Auswechslung wurde Ihnen präsentiert von Parship. Suchen Sie eine knackige Alternative auf der Ersatzbank!»
F*** you!
So – und jetzt muss ich aufhören. Noch kurz gucken, wie Luzern und Sion morgen aufstellen.
Modus! Es war mehr Spannung und vor allem mehr Abwechslung vorhanden. Derbys gab es in Zürich wenn überhaupt nur zwei mal im Jahr, da meistens eine (meistens die gleiche) in der Auf- Abstiegsrunde spielte. Teams wie Yverdon, Delemont, Kriens und viele mehr schafften es ebenfalls mal ein, zwei Saisons oben zu spielen, was zwar nicht der Attraktivität aber der Abwechslung gut tat. Mit Cup gab es in den letzten zwei Saisons zusammen 10 Zürcher Derbys.... das ist einfach nicht das selbe...
Es ist halt nun mal so. Der Sport professionalisiert sich. Was die in den 90er gekickt haben, das ist heute Strandfussball-Niveau.
Diese alte Romantik kann man aber immer noch erleben. Man muss einfach ein, zwei Ligen tiefer gehen. Da gibt's die alten Männer mit Villiger Krumme und viele der beschriebenen schon noch.