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Xhaka und die Kosovo-Frage – ein offener Brief

30.08.2016; Freienbach; Fussball WM Quali - Training Schweiz;
Granit Xhaka (SUI) an der Pressekonferenz 
(Andy Mueller/freshfocus)
Keine Lust auf dieses Thema, aber da musst du jetzt durch.Bild: freshfocus

Lieber Granit, du bist eine ehrliche Haut. Aber ...!

31.08.2016, 13:5101.09.2016, 10:54
Philipp Reich
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Lieber Granit

Mit deinem offenen Brief an deine kosovarischen Landsleute hast du dich ganz schön in die Bredouille gebracht. Ungewollt zwar, aber jetzt sitzt du mal wieder genau da, wo du nicht sitzen wolltest. Zwischen Stuhl und Bank. Zwischen deiner alten Heimat Kosovo und deiner neuen, der Schweiz.

Mit deinem Brief wolltest du den Leuten in Kosovo erklären, warum du auch in Zukunft für die Schweiz spielen wirst und nicht für das Land deiner Eltern. Du fühltest dich zu diesem Schritt gedrängt, weil du und deine Familie im Internet von einigen Landsleuten bedroht und beleidigt wurden. Du wolltest die Wogen glätten. Wer will denn schon ein Verräter sein?!

Swiss midfielder Granit Xhaka, left, cheers with his brother Albania's midfielder Taulant Xhaka, right, after the UEFA EURO 2016 group A preliminary round soccer match between Albania and Switzer ...
Das war schon schwierig genug: Das EM-Duell mit deinem Bruder Taulant.Bild: KEYSTONE

Mit pathetischen Worten erklärst du, wie sehr du deine Heimat liebst, wie stolz du bist, Albaner zu sein. Das ist dein gutes Recht. Gleichzeitig dankst du aber auch der Schweiz, die viel für dich und deine Landsleute getan hat. Dass du weiterhin für sie spielst, damit willst du deinen Respekt und deinen Dank zum Ausdruck bringen.

Doch in der Schweiz kommt dein offener Brief komplett anders an. Hier liest die Zeitung mit den grossen Buchstaben nur heraus, dass du gerne für den Kosovo spielen würdest, die FIFA dir das nach den EM-Einsätzen für die Schweiz aber verbietet. Dass du von deinen Beratern abklären liessest, irgendwann doch noch für den Kosovo aufzulaufen, daraus wird dir hier ein Strick gedreht.

Du wirst als Heuchler bezeichnet, weil du eine nicht bestätigte, angeblich offizielle FIFA-Mitteilung vorschiebst und nicht selbst hin- und zu deinem Entscheid stehst. Doch das willst oder kannst du nicht, weil du Angst hast, dass die Kosovaren dich missverstehen werden.

Granit Xhaka, rechts, und Nationalcoach Vladimir Petkovic, links, beim Training mit der Schweizer Fussballnationalmannschaft in Freienbach (SZ) am Dienstag, 30. August 2016. (KEYSTONE/Walter Bieri)
Lass dich nicht unterkriegen, Granit.Bild: KEYSTONE

Du sprichst von Übersetzungsfehlern und fühlst dich falsch verstanden. Und hier musst du dich an der eigenen Nase nehmen. Du hättest deinen Brief auch auf deutsch veröffentlichen sollen. Vielleicht nicht 1:1, denn mit dem Pathos haben wir es hier nicht so. Eine leicht modifizierte, von dir abgesegnete Version, die aber hätten wir gerne gelesen. Wir hätten dich verstanden, dich und deine innere Zerrissenheit. Dich und deine zwei Herzen in der Brust.

Lieber Granit, du bist eine ehrliche Haut und du würdest es gerne allen Leuten recht tun. Doch das ist und bleibt halt leider eine Kunst, die niemand kann. Deshalb bleibt dir nur eines: Es so zu machen, wir ihr Profi-Fussballer das am besten macht. Das Thema abhaken, nach vorne schauen und am nächsten Dienstag die Antwort gegen Portugal auf dem Platz geben. 

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55 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Toerpe Zwerg
31.08.2016 12:54registriert Februar 2014
Du meine Güte, was muss der junge Mann aus der Heimat seines Vaters unter Druck gesetzt werden ... tut mir aufrichtig leid. Vielleicht braucht es endlich mal einen Spieler, der klipp und klar sagt: Ich kenne dieses Land nur aus den Ferien. Ich verleugne meine Wurzeln nicht, aber meine Heimat ist dort, wo ich geboren und aufgewachsen bin. Lasst mich in Ruhe mein Leben leben.
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URSS
31.08.2016 12:42registriert März 2014
Immer das gleiche Gejaule mit den Kosovo Albanern.
Todesdrohungen und Beleidigungen in seinen Ferien in Pristhina.
Heldenpathos und nationalistisches Getue .
Werdet mal erwachsen. Ich bin stolz Albaner zu sein.
Und Granit spielt für die Schweiz. Er ist ( auch) Schweizer.
Deshalb braucht es keine Beleidigungungen gegen ihn und seine Familie weil er nicht für den Kosovo spielt.
Wie es richtig gemacht wird zeigt Valon Behrami. Er biedert sich niemandem an im Kosovo und hat seinen Stand klipp und klar kommuniziert.
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Aufblasbare Antonio Banderas Liebespuppe
31.08.2016 12:37registriert Mai 2015
Xhaka ist übrigens in Basel geboren und aufgewachsen, also nichts "alte heimat". Dass der Blick Falschinformationen verbreitet und alles übertreibt ist auch nichts neues.
Er hat sich schon vor der EM klar für die Schweiz entschieden, aber man muss sich vorstellen, jeder in deinem Herkunftsland, wo du stolz darauf bist, dass deine eltern von da sind, hasst. Ich kann ihn verstehen wenn er sie zu besänftigen versucht.
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