Gross war der Spott, den die englischen Mannschaften in den vergangenen Jahren über sich ergehen lassen mussten. In den letzten fünf Spielzeiten der Champions League schafften es mit Chelsea in der Saison 2013/14 und Manchester City nur zwei Vertreter der Premier League bis in den Halbfinal.
In den letzten drei Saisons war ein Viertelfinal von Überraschungsmeister Leicester City das beste Resultat der Teams von der Insel. Und das soll die beste Liga der Welt sein, wie so oft proklamiert wird?
Dieses Jahr sieht es so aus, als könnte da tatsächlich wieder etwas dran sein. Von den fünf Premier-League-Vertretern, die aktuell in der Königsklasse dabei sind, hat Chelsea als einziger eine Niederlage kassiert (0:3 gegen die AS Rom). Die vier anderen (Manchester United, Liverpool, Manchester City und Tottenham) stehen noch ohne Nuller da. Die «Citizens» und die «Spurs» sind gar schon zwei Spieltage vor Ende der Gruppenphase für die K.o.-Runde qualifiziert.
Für Manchester United ist dieser Schritt nach bislang vier Siegen in vier Spielen nur noch Formsache. Chelsea dürfte sich den Platz im Achtelfinal mit einem Sieg gegen Karabach ebenfalls problemlos sichern. Und selbst das in der heimischen Liga unter den Erwartungen gestartete Liverpool führt seine Gruppe nach vier Spieltagen ziemlich souverän an.
Es scheint, als würden die immensen Transferausgaben endlich auch international den sehnlich erwarteten Erfolg bringen. Manchester City gab im Sommer unglaubliche 250 Millionen Euro aus. Die Zuzüge von Kyle Walker und vor allem auch Torhüter Ederson haben dem Team von Pep Guardiola in der Defensive endlich die nötige Stabilität verliehen. Bernardo Silva macht den Angriff zudem noch etwas unberechenbarer.
Manchester United ist mit Romelu Lukaku im Sturm (er kam für rund 85 Millionen Euro von Everton) eine Naturgewalt, auch wenn er derzeit etwas Ladehemmung hat. Ausserdem geht schon fast vergessen, dass Zlatan Ibrahimovic diese Saison noch keine einzige Partie absolviert hat. Alvaro Morata (für 62 Millionen Euro von Real Madrid gekommen) machte bei Chelsea Diego Costa schnell vergessen.
Mohamed Salah (für 42 Millionen Euro von der AS Rom) wirbelt bei Liverpool gemeinsam mit Philippe Coutinho und Roberto Firmino durch die europäischen Abwehrreihen. Und bei Tottenham, wo die Transfer-Einnahmen die Ausgaben überwiegen, überstrahlt Eigengewächs Harry Kane derzeit gar Lionel Messi und Cristiano Ronaldo.
Es scheint, als könnten die Teams von der Insel wieder an die erfolgreichen Zeiten von vor zehn Jahren anknüpfen. In der Saison 07/08 standen mit Liverpool, Chelsea und Manchester United drei Premier-League-Mannschaften im Halbfinal. Die «Red Devils» setzten sich damals im rein englischen Endspiel dramatisch gegen Chelsea durch und Festland-Europa fürchtete sich vor einer jahrelangen Dominanz der Premier-League-Klubs
Diese trat nicht ein. Vielleicht erst jetzt, zehn Jahre später? Oder wer soll ManCity, Tottenham und Co. diese Saison aufhalten? Real Madrid steht vor einer waschechten Krise und war am Mittwochabend chancenlos gegen die «Spurs». Dortmund wird die Achtelfinals kaum mehr erreichen. Barcelona (gegen Olympiakos) und Juventus (gegen Piräus) spielten zuletzt nur unentschieden und vermochten nicht restlos zu überzeugen.
Derzeit scheint es am wahrscheinlichsten, dass Paris Saint-Germain oder die Bayern, die unter Jupp Heynckes den Tritt wiedergefunden haben, als Spielverderber auftreten können. Doch das sind nur zwei Teams, gegenüber fünf starken englischen Vertretern.
Ist die Premier League doch die beste Liga der Welt? Die Saison ist zwar noch jung, in Anbetracht der aktuellen Resultate in der Champions League ist man dennoch geneigt, ja zu sagen.