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Fast schien es, als gäbe es für den Fussball-Sonnenkönig keine Möglichkeit, seine Regentschaft ruhmreich und in Ehre zu beenden. Zu viele Feinde. Zu viele Versäumnisse. Zu viele offene Fragen. Sepp Blatter drohte eine ehrlose Entthronung in Schimpf und Schande.
Und nun ein Karrierenende, das fast zu schön ist, um wahr zu sein. Die Ethikkommission der FIFA suspendiert (sperrt) den Präsidenten für 90 Tage. Zwingt ihn, für 90 Tage auf seinen Thron zu verzichten. Das Gremium, das Sepp Blatter geschaffen hat, beendet nun seine Karriere – ehrenvoller geht nicht.
Befassen wir uns kurz mit dieser Ethikkommission um zu verstehen, wie viel Ehre Sepp Blatter heute widerfahren ist. Also: Weil unabhängige, professionelle Überwachungsorgane fehlten, die dafür sorgen, dass finanzielle, rechtliche und sonstige Standards in der FIFA eingehalten werden, hat Sepp Blatter die sogenannte Ethikkommission kreiert.
Diese Kommission ist innerhalb der FIFA ein Gegengewicht zur Machtfülle des Präsidenten. Sie ist einzig dem FIFA-Kongress Rechenschaft schuldig und wird von unabhängigen Persönlichkeiten geführt. Die Ethik-Kommission hat Zugang zu allen Informationen und ist mit den nötigen Mitteln ausgestattet, um die Aufgabe zu erfüllen. Diese Ethikkommission ist befugt, Vorkommnisse und Verhaltensweisen zu untersuchen, zu beurteilen und Sanktionen auszusprechen. Sie hat daher eine untersuchende und eine rechtssprechende Kammer wie eine weltliche Gerichtsbarkeit. In gravierenden Fällen kann sie korrupte Funktionäre auf Lebzeiten aus der Welt des Fussballs, aus dem Weltreich von Sepp Blatter, verstossen.
Eines ist klar: Ohne die Zustimmung Sepp Blatters gäbe es diese Ethikkommission nicht. Sepp Blatters Bewunderer sagten bei der Schöpfung dieses «FIFA-Gerichtes», der Präsident stelle die Weichen für eine weniger angreifbare, transparentere und damit auch weniger korruptionsanfällige FIFA. Damit er als Förderer des Fussballs in Erinnerung bleibe – und nicht als gescheiterter Präsident einer korruptionsanfälligen Männerrunde.
Dass Sepp Blatter ein so scharfes internes juristisches Schwert schmiedete, spricht für ihn. Und ist ein starkes Indiz dafür, dass er nie persönlich die Hand aufgehalten hat, dass es ihm nie um Geld gegangen ist. Sondern um persönliche Eitelkeit, um Macht, Ehre und Ruhm. Und anfänglich hatten jene Kritiker schon ein wenig recht, die in der Ethikkommission bloss einen juristischen Stosstrupp, eine Prätorianer-Garde sahen, die Sepp Blatter auf alle jene loslassen konnte, die ihm Macht, Ehre und Ruhm streitig machen.
Aber so ist es eben nicht. Vielleicht hat Sepp Blatter, verblendet vom Glanz und der Macht seines Amtes, nicht bedacht, dass sich die Prätorianer-Garde auch gegen den Kaiser wenden und revoltieren kann.
Dass Sepp Blatter nun vom «Gericht», das er selber geschaffen hat, für 90 Tage suspendiert (gesperrt) wird, ist eine bittere Ironie der Geschichte. Aber eben auch der bestmögliche Abgang, den er sich wünschen kann.
Ein wahrer König ist nur Gott Rechenschaft schuldig und kann nicht vor ein weltliches Gericht gezerrt werden. Höchstens vor ein Gericht, das er selber geschaffen und legitimiert hat. Genauso ist es bei Sepp Blatter. Kein Staats- und Bundesanwalt, kein Sponsor und kein Staatspräsident, nicht einmal die Imperialisten der US-Justiz konnten den absolutistisch herrschenden Fussball-Sonnenkönig dazu zwingen, seinen Thron zu räumen. Erst das Gericht, das mit seinem Segen und seiner Gnade, dank seiner Weisheit und redlichen Gesinnung überhaupt entstanden ist, hat ihn vom Thron verbannt.
#FIFAgate #Blatter #Platini pic.twitter.com/XJNpZUxr9J
— MiniPeople.ch (@SwissMinipeople) 8. Oktober 2015
Und er wird so vom Thron verbannt, dass er seinen Abgang noch zelebrieren kann: Die Suspendierung (Sperre) dauert 90 Tage. Nach 90 Tagen darf er noch einmal bis zum FIFA-Kongress im Februar 2016 (dem offiziellen Ende seiner Regentschaft) auf den Thron zurückkehren und den Gastgeber für ein paar Feste (Auszeichnung des Weltfussballers, Eröffnung des FIFA-Museums) spielen – dann erst reitet er als weisser Ritter ins Abendrot einer grandiosen Karriere.
Wahrlich, ein Abgang wie ihn nicht einmal der grosse Dramatiker William Shakespeare hätte erfinden können. Grande Sepp!