Philipp Lahm steht die Fassungslosigkeit ins Gesicht geschrieben, als er kurz nach Spielende bei der ARD zum Interview antraben muss. «Es kann ja passieren, dass man einmal ausrutscht, aber so etwas in einem Halbfinale ist extrem bitter. Ich rutsche aus, Xabi rutscht aus. Es gibt sicher bessere Momente auszurutschen als im Elfmeterschiessen», sagt der Bayern-Captain.
So etwas hat auch er noch nicht erlebt. 1:3 verlieren die Bayern nach Elfmeterschiessen, obwohl sie die Partie bis in die 75. Minute dominiert hatten, 1:0 führten und dann doch verloren. Weil sie keinen einzigen ihrer vier Versuche im tragikomischen Elfmeterschiessen im Tor von BVB-Keeper Mitchell Langerak unterbringen können.
Eingreifen muss dieser nur einmal – beim Schuss auf Torhüter-Höhe von Mario Götze. Lahm und Xabi Alonso rutschen beide mit dem Standbein weg und setzen den Ball am Tor vorbei. Auch Manuel Neuer scheitert kläglich.
Für BVB-Trainer Jürgen Klopp gibt es nach dem letzten Elfmeter von Neuer kein Halten mehr. Wie von der Tarantel gestochen sprintet er aufs Feld, vorbei am verdutzten Bayern-Trainer Pep Guardiola, auf seine Jungs zu. Erstmal richtig feiern!
«Das war ein Höllenspiel», sagt er, als er wieder Luft kriegt. «Beide Mannschaften haben alles gegeben. Bayern war in der ersten Halbzeit sicherlich überlegen, aber wir haben uns den Ausgleich in der zweiten Halbzeit mehr als verdient. Es sollte heute sein! Jetzt sind wir weiter und fertig.»
Guardiola ist nach der Partie sichtlich verstimmt. Mit den Händen in den Hosentaschen steht er nach Spielschluss einfach nur da. Schaut dem sprintenden Klopp nach. Trotzig versucht er danach im Interview das Positive herauszustreichen: «Wir haben alles getan, ich bin mit meiner Mannschaft sehr zufrieden. Wir haben das System gewechselt, hatten dann kurz einige Probleme. Beim Elfmeterschiessen waren wir ein bisschen müde.»
Bayern ist Meister, wir sind Feier! #fcbbvb #dfbpokal pic.twitter.com/7aUCpdX7eY
— Borussia Dortmund (@BVB) 28. April 2015
Zufrieden sieht Guardiola aber vor allem in der Schlussviertelstunde der regulären Spielzeit nicht aus. Den Bayern wird kurz nach Robert Lewandowskis Lattenknaller ein Hand-Elfmeter verwehrt, dann fällt aus dem Nichts der Ausgleich durch Pierre-Emerick Aubameyang. Der sonst so besonnene Bayern-Trainer durchlebt dabei die ganze Bandbreite der Emotionen.
Der spanische Coach haderte auch mit Schiedsrichter Peter Gagelmann, der ihnen vor dem Penaltyschiessen zwei Elfmeter verwehrt hatte. «Mit den Elfmetern haben wir heute kein Glück gehabt, insofern hätte das eh nicht funktioniert», bemerkte Neuer mit Galgenhumor.
Als fatal stellt sich heraus, dass Guardiola den sicheren Elfmeterschützen Thomas Müller kurz nach dem Dortmunder Ausgleich vom Feld nimmt. Es erinnert ein wenig an Köbi Kuhns Auswechslung von Alex Frei im WM-Achtelfinal gegen die Ukraine, als die Schweiz danach im Penaltyschiessen ebenfalls keinen Treffer landen konnte.
Müller macht seinem Trainer allerdings keinen Vorwurf. «Wir haben für eine Viertelstunde die Struktur verloren, Dortmund hat ein paar gefährliche Situationen und macht daraus das Tor», analysiert er sachlich. «Ein katastrophaler Abend für uns. Wir gehen als Verlierer nach Hause und das kotzt mich an. Wenn man bei den ersten beiden Elfmetern ausrutscht, was willste dann machen?»
Und wir sind stolz auf euch. Vielen Dank für eure Tweets. Köpfe hoch, wir haben noch ein Riesenziel! #RoadToBerlin pic.twitter.com/tzbxgkrEhj
— FC Bayern München (@FCBayern) 28. April 2015
Die Antwort ist simpel: Guardiola hatte unlängst gesagt, dass für einen Verein wie die Bayern nur das Triple zählt. Um ihre Saison trotz Meistertitel zu retten, müssen die Münchner nun die Champions League gewinnen.