Was ist mit den Bayern los? Von den letzten 10 Pflichtspielen konnte das Team von Carlo Ancelotti nur die Hälfte gewinnen. Die Pleite in der Champions League gegen Rostow ist die zweite Niederlage innert weniger Tagen. Zweimal in Serie verloren, das passierte dem deutschen Rekordmeister zuletzt im April/Mai 2015.
Für den russischen Vertreter war es der erste Sieg in der «Königsklasse». Mit einfachen Mitteln und viel Effektivität zwangen sie ein drückendes aber wenig zielstrebiges Bayern in die Knie. Die Verteidigung der Deutschen liess sich zu oft übertölpeln und ganz hinten konnte Sven Ulreich den verletzten Welttorhüter Manuel Neuer nicht ersetzen. Zwar hatte er wenig zu halten, doch auch ein Big Save bei den Gegentreffern blieb aus.
Bei den ganz grossen Mannschaften ist es immer gefährlich, von Krisen zu sprechen. Zu oft wird man im nächsten Spiel mit einer Gala widerlegt. Aus dem Titel «Bayern-Blamage in Russland» kann innert Tagen «Bayern mit Schützenfest gegen Leverkusen» werden. Trotzdem wird jetzt verzweifelt nach Erklärungsversuchen gesucht: Was ist mit den Bayern los?
Nach der Niederlage gegen Dortmund in der Bundesliga wäre dieses Spiel gegen Rostow eine ideale Gelegenheit gewesen, sich zu rehabilitieren. Doch die Umstände dafür waren nicht gegeben. Die Bayern sind schon qualifiziert für die Achtelfinals. Man ist also quasi auf Kurs. Da kann man doch auch mal gegen Rostow verlieren, gerade bei minus vier Grad in der eisigen Kälte Russlands.
Grosse sportliche Auswirkungen hat die Blamage nicht. Vielleicht sind jetzt Kaliber wie Real Madrid, der FC Barcelona oder Manchester City bereits eine K.o.-Runde früher in München zu Gast. Will man den Titel, was bei den Bayern bestimmt der Fall ist, spielt das aber keine Rolle. Über was sich die Münchner aber durchaus Gedanken machen können, ist die erschreckende Auswärtsschwäche in der Champions League. Von den letzten 17 Partien auf fremdem Terrain gewann Bayern München lediglich fünf.
Das Erbe von Pep Guardiola ist mit Sicherheit kein einfaches. Doch wie der «Spiegel» gestern so schön schrieb: Carlo Ancelotti mag ein hervorragender Trainer sein, nur ist derzeit nicht ersichtlich, was der hervorragende Trainer mit dieser hervorragenden Mannschaft vorhat.
Nach der Niederlage gegen Rostow wird die Kritik lauter. Seine Systemtreue wird bemängelt, weil der Gegner sich zu einfach auf das Spiel der Bayern einstellen könne. Er sei zu gelassen, gewähre den Stars zu viele Freiheiten. Mag alles sein, doch die Saison ist noch jung, alle Ziele noch möglich. Sofern er ein hervorragender Trainer ist, wird er mit dieser Mannschaft wieder auf Kurs kommen.
Thomas Müller verkörpert die Bayern. Bei ihm läuft es nicht, den Bayern läuft es nicht. Ein Einstellungsproblem? Die ganze Geschichte um das Spiel mit Deutschland gegen San Marino passt irgendwie zum Duell der Bayern gegen das kleine Rostow im eisigen Osten – aber lassen wir die Diskussion. ;)
Gegen Rostow musste durfte der Stürmer sowieso nur eine Viertelstunde ran und konnte die Herzen der Bayern-Fans auch nicht mehr erwärmen. Aber eben, solche Spieler wie Müller darf man auch in Zeiten der Ladehemmung niemals abschreiben. Wer wettet auf ein Tor von ihm gegen Leverkusen?
Es ist ja eigentlich immer etwas lauter rund um die Säbenerstrasse, und in schlechteren Zeiten noch mehr. Die grossen Bosse inszenieren sich gerne selbst, ab und zu schlägt auch mal wieder ein Spieler mit der Faust auf den Tisch. Nach dem Auftritt gestern zielte Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge auf Jerome Boateng. Der sonst so zuverlässige Abwehrspieler zog gegen Rostow einen schlechten Abend ein. Rummenigge sagte danach:
Boateng musste in Russland übrigens nach knapp einer Stunde verletzungsbedingt ausgewechselt werden. Er hat aber nur eine Muskelverhärtung und wird am Wochenende in der Bundesliga einsatzbereit sein.
Wer sich bis jetzt zurückhält, ist Uli Hoeness. Dieser wird am Freitag wieder zum Präsidenten «seines» FC Bayern München gewählt. Vielleicht der Startschuss für die Wende oder auch einfach nur ein neuer alter Dompteur im Zirkus.
Nicht nur in der Champions League, auch in der Bundesliga werden die Bayern bedrängt. Leipzig sorgt als Aufsteiger so richtig für Furore und steht dem eigentlichen Ligakrösus seit dem letzten Spieltag vor der Sonne. Dazu lauern hinter den Münchnern fünf Teams, die nur drei Punkte zurückliegen. Eine ungewohnte Situation für den Rekordmeister, in der er sich jetzt beweisen muss. Komfortabler Vorsprung und locker Aufspielen – das war einmal.
Vor der Winterpause warten noch Leverkusen, Mainz, Wolfsburg, und Darmstadt. Als vorzeitiges Weihnachtsgeschenk gibt's dann zum Abschluss der Vorrunde noch das Duell mit RB Leipzig. Spätestens da werden die Weichen für die die Rückrunde gestellt.
Ob Krise oder schlechte Phase, die Bayern und Trainer Carlo Ancelotti müssen etwas ändern. Das System anpassen vielleicht, oder einfach schauen, dass Müller mal wieder einen reinmüllert. Was aber immer bleibt in München, ist das Bayern-Gen.
Auch nach zwei (!) Niederlagen in Folge. Auch wenn die Mannschaft aktuell nicht von der Leaderposition grüsst. Die Bayern werden immer die Bayern bleiben.