ZSC-Manager Peter Zahner war der grosse und mächtige Gegenspieler des HC Davos und des Spengler Cups. Diese jahrelange hockey-politische Eiszeit ist Tauwetter gewichen. Im Doppelinterview zeigt sich, dass sich HCD-Präsident Gaudenz Domenig und Peter Zahner sogar beim Thema Arno Del Curto einig sind.
Peter Zahner, Gaudenz Domenig,
dürfen wir mit dem Hockey-Friedensnobelpreis
rechnen?
Gaudenz Domenig: Ich wusste gar
nicht, dass es so etwas gibt.
Wir meinen das symbolisch. Weil
wir Sie und Peter Zahner an
einen Tisch gebracht haben.
Peter Zahner: Gaudenz und ich reden
mindestens einmal im Monat zusammen
und wir sind uns in sehr vielen Bereichen
einig.
Domenig: Ja, in den grossen Linien
sind wir uns einig.
Dann sind alle Differenzen bereinigt
und Sie machen zusammen die
Politik in der Liga?
Zahner: Ich habe früher Gaudenz vorgeworfen,
alles nur aus dem Blickwinkel
des HCD und des Spengler Cups zu
sehen. Aber inzwischen haben nicht
nur Davos und wir in vielen Bereichen
die gleiche Meinung.
Domenig: Meinungsverschiedenheiten
gibt es eher mit den National-League-Bals
unter den NLA-Klubs. Wobei wir
uns einig sind, dass es weiterhin einen
Auf- und Abstieg geben muss.
Aber wir sind uns auch einig, dass
das Verhältnis zwischen Ihnen,
Herr Zahner, und Davos früher ein
sehr gespanntes war. Wie ist es zum
Friedensschluss gekommen?
Zahner: Gaudenz hat schnell gemerkt,
dass die Klubs nicht gegen den Spengler
Cup sind. Aber dagegen, dass sie für die
Spengler-Cup-Pause nicht entschädigt
werden. Bei den Auseinandersetzungen
ist es nie um den Spengler Cup
gegangen. Sondern um die Höhe der
Entschädigung und die Dauer der
vertraglichen Regelung. Weil ich mich
für diese Regelung eingesetzt habe, ist
mir immer wieder unterstellt worden,
ich sei gegen den Spengler Cup und der
Vorgänger von Gaudenz hat die Sache
wohl noch etwas befeuert. Auch Arno
Del Curto hat mir das am Telefon einmal
vorgeworfen. Ich hätte mich sofort
entschuldigt, wenn er hätte beweisen
können, dass ich je etwas gegen den
Spengler Cup gesagt habe. Aber das habe
ich nicht. In diesem Zusammenhang ist
mir viel in den Mund gelegt worden.
Das gehört halt zum Spiel.
Aber der HCD «verdankt» Peter
Zahner zu einem schönen Teil, dass
er jährlich den Klubs 800'000
Franken als Entschädigung für die
Spengler-Cup-Pause überweisen
muss. Zahner hat in der Liga diesen
Antrag durchgebracht. Es wäre verständlich,
wenn Sie zornig wären.
Domenig: Die 800'000 Franken tun
uns natürlich jedes Jahr weh. Aber die
Situation hat sich beruhigt und wir haben
dank der langfristigen vertraglichen
Regelung nun Ruhe bis zu unserem
100-jährigen Jubiläum im Jahr 2021.
Zornig bin ich wegen dieser Angelegenheit
nicht. Ich denke allerdings nach wie
vor, dass diese Entschädigung unnötig
ist. Andererseits sehe ich ein, dass bei
Heimspielen während der Spengler-Cup-Pause
gerade ein Klub wie die ZSC
Lions drei- bis viertausend Tickets
mehr verkaufen könnte. Das lässt sich
nicht wegdiskutieren.
Sie können also inzwischen gut
damit leben, dass die Klubs
entschädigt werden müssen?
Domenig: Die 800'000 Franken sind
zwar nicht existenziell. Aber wir müssen
die Kosten im Griff haben und auf
jeden Franken schauen. Wenn wir mal
etwas mehr für einen Transfer brauchen,
sind wir froh um die Mäzene.
Auch der HC Davos hat Mäzene?
Domenig: Wir haben nicht einen Geldgeber
wie Lugano mit Frau Mantegazza
oder der ZSC mit Walter Frey. Wir haben
eine grosse Anzahl von Mäzenen. Wir
haben 37 Kernaktionäre mit Stimmrechtsaktien
und die können, wenn es
notwendig ist, schon mal 1,5 oder
1,6 Millionen aufbringen.
Zahner: Kein Klub in der Schweiz kann
heute mit dem Kerngeschäft Eishockey
die Kosten decken. Ein Mäzen wird mit
einer Person gleichgestellt wie Walter
Frey bei uns oder Vicky Mantegazza in
Lugano, die am Ende der Saison das
Minus bezahlen. Die gleiche Bedeutung
haben aber auch Ertragspositionen
ausserhalb des Kerngeschäftes. Also
beispielsweise der Spengler Cup beim
HCD oder die Gastronomie beim SC
Bern. Es ist heute so, dass die Finanzierung
nur mit dem Zugriff auf sämtliche
Ertragsmöglichkeiten im und ums
Stadion möglich ist. Das ist der Grund,
warum wir mit einer neuen, eigenen
Arena den Weg in die Selbstständigkeit
suchen. Oder um es einfacher zu
sagen: Wir dürfen nur ausgeben, was
wir einnehmen.
Ist das beim HCD möglich?
Domenig: Wir folgen diesem Grundsatz.
Aber es ist nicht einfach. Vor drei Jahren
hat es einen Schub bei den Spielerlöhnen
gegeben, den wir nach wie vor
nicht ganz aufgefangen haben, und der
eine Erhöhung des Aktienkapitals um
4,6 Millionen notwendig gemacht hat.
Bei einem normalen Saisonverlauf,
ohne ausserordentliche Aufwendungen,
kommen wir durch. Aber sobald wir
einen zusätzlichen Ausländer brauchen,
müssen wir ausserordentliche Massnahmen
treffen.
Wir haben aber den Eindruck, dass
der HCD keine so moderne Struktur
wie der ZSC hat. Beim HCD ist der
Trainer auch Sportchef, es gibt
keinen Manager, der über ihm steht
und der Präsident begegnet seinem
Trainer höchstens auf Augenhöhe.
Domenig: Sie haben nicht ganz
unrecht. Aber Sie müssen unsere ganz
besondere Situation verstehen. Als wir
die Führung übernahmen und den
Klub sanierten, da war alles aus dem
Ruder gelaufen (2003; die Red.). Der
Verwaltungsrat existierte nicht mehr.
Nur die Sportabteilung funktionierte
damals dank Arno Del Curto noch. Also
sagten wir ihm: «Wir wollen und können
den HCD retten. Aber vom Sport
verstehen wir nichts. Das musst du für
uns machen.»
Und seither ist Arno Del Curto in
Davos ein «Hockeygott».
Domenig: Nun, wir waren 18 Monate
später, im Frühjahr 2005, wieder Meister.
Das zeigt, wie gut der Sport dank
ihm funktionierte. Wir waren immer
noch mit der Sanierung beschäftigt und
so musste sich unser Trainer weiterhin
um den gesamten Sport kümmern. Sie
können Arno Del Curto nicht einfach
einen Manager oder einen Sportchef
vor die Nase setzen. Er ist, wie soll ich
sagen, eine Ikone.
Sie haben also die Strukturen beim
HCD sozusagen um Arno Del Curto
herum aufgebaut?
Domenig: So kann man das sagen.
Wenn wir einen Geschäftsführer
einstellen, dann sagen wir ihm: «Aber
im Sport hast du nichts zu sagen und in
der Kabine nichts verloren.»
Aber Sie haben als Präsident etwas
zu sagen?
Domenig: Wir kommen gut miteinander
aus. Ich muss von ihm viel akzeptieren,
aber er akzeptiert auch viel von mir. So
hat sich das in den letzten Jahren gut
eingespielt und wir hatten seit ich
Präsident bin keine Krise (seit 2011; die
Red.). Aber natürlich ist es die grosse
Herausforderung für mich, den HCD so
zu strukturieren, dass auch wir wie ein
ganz normales Hockeyunternehmen
funktionieren.
Wenn wir das so hören, dann sind
wir sicher, dass Arno Del Curto nie
zu einem anderen Klub, beispielsweise
zu den ZSC Lions, wechselt.
Beim HCD kann man also beruhigt
sein.
Zahner: Ich bin jetzt neun Jahre beim
ZSC. Jedes Mal, wenn wir einen Trainer
gesucht haben, war Del Curto ein Thema.
Jedes Mal habe ich gesagt: «Vergessen
wir das, er wird in Davos bleiben und
irgendwann, mit 65, mit 75, mit 85 oder
mit 95 dort in Pension gehen.» Auch
wenn er immer wieder mit einem
Wechsel kokettiert: Er weiss selber,
dass er nie gehen wird. Es funktioniert
in Davos hervorragend, dort sind die
Strukturen gewachsen, die auf ihn
zugeschnitten sind und er weiss, dass
es so an einem anderen Ort nicht geht.
Es ist gut, so wie es ist. Man muss ihn
machen lassen und Gaudenz macht das
sehr gut.
Dann sind Sie, Herr Domenig, also
beruhigt und es schreckt Sie nicht
mehr auf, wenn während des
Spengler Cups die Chronisten
mal wieder das Gerücht lancieren,
Del Curto könnte zu einem anderen
Team wechseln?
Domenig: Seit er 2010 die Offerte von
St. Petersburg abgelehnt hat, bin ich
mehr oder weniger beruhigt. Es hat
nach dem Abschied von Reto von Arx
noch einmal einen kritischen Moment
gegeben. Aber inzwischen sind wir
wieder daran, ein Team aufzubauen,
das er nicht verlassen kann.
Zahner: Wie ich vorhin erwähnt habe,
war Del Curto bei uns schon mehrmals
ein Thema. Ich habe oft mit ihm
gesprochen und er hat immer gesagt:
«Jetzt kann ich nicht weg, wir sind im
Umbruch.» 2015 ist Davos im Final ausgerechnet
gegen uns Meister geworden.
Mit einem Team, das im Umbruch war.
Das wäre für ihn der Moment gewesen,
mit gutem Gewissen zu gehen. Aber er
ist geblieben und seither ist für mich
klar: Er wird Davos nicht mehr verlassen.
Und was ist mit Del Curto als
Nationaltrainer?
Zahner: Das ist kein Thema. Del Curto
will auf dem Eis arbeiten, motivieren,
antreiben. Aber beim Nationaltrainer
macht die Arbeit auf dem Eis vielleicht
zehn Prozent aus. Der Rest besteht aus
Vorträgen, Smalltalk und Essen mit
Sponsoren…
Domenig: ... und das mag er nicht.