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Heisst es heute «Ciao, ciao, amici»? Ganz Italien zittert gegen Uruguay

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Heisst es heute «Ciao, ciao, amici»? Ganz Italien zittert gegen Uruguay

Den Traumstart gegen England hat Italien mit einer peinlichen Pleite gegen Costa Rica verzockt. Im Duell mit Uruguay steht der Weltmeister von 2006 heute um 18 Uhr wieder einmal mit dem Rücken zur Wand – und spielt auch um einen würdigen Abschied zweier Altstars.
24.06.2014, 14:3124.06.2014, 19:43
Alex Dutler
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Nur zehn Tage ist es her, da hing der italienische Fussballhimmel zum Auftakt eines grossen Turniers wieder einmal voller Geigen. Eben haben die Azzurri den sehenswerten Auftakt-Kracher gegen England im schwülen Dschungel von Manaus mit 2:1 für sich entschieden. Die Torschützen Claudio Marchisio und Mario Balotelli sind die Helden des Abends – und natürlich Pirlo, immer wieder Andrea Pirlo.

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Kein Meter zuviel und trotzdem Weltklasse

92 Prozent seiner über 100 Pässe finden einen Abnehmer – und viele davon führten zu akuter Torgefahr. Phänomen Pirlo sieht freie Räume, wo eigentlich gar keine sind. Obwohl der 35-jährige Altmeister haushälterisch mit seinen Kräften umgeht und keinen unnötigen Meter läuft, drückt er der Partie im Mittelfeld mit purer Klasse seinen Stempel auf. Sinnbildlich: Bei seiner besten Szene berührt Pirlo nicht einmal den Ball. Ein Gedicht, wie er die Kugel vor Marchisios 1:0 abgekocht passieren lässt. 

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Ein Kunstwerk: Pirlo ermöglicht Marchisio mit seiner Nicht-Aktion freie Schussbahn zum 1:0 gegen England.GIF: S.sportChannel24

Nach der Weltmeisterschaft ist Schluss

Unvermittelt fragt man sich bei solchen Szenen, ob Italien bei der WM 2010 auch Schiffbruch erlitten hätte, wenn dieser Mann nicht lange mit einer Zerrung ausgefallen wäre. Nur 34 Minuten stand er beim Vorrunden-Aus in Südafrika auf dem Platz.

Pirlos dritte WM wird gleichzeitig auch seine letzte sein. Schon vor dem Abflug nach Brasilien hat er seinen unwiderruflichen Entschluss verkündet: «Es ist mein Traum, mich als Weltmeister von der Nationalmannschaft zu verabschieden. Aber egal was passiert, nach dem Turnier sage ich ‹Ciao›.»

Der Spielmacher, den sie teamintern «l'architetto» (Architekt) rufen, hat mit dem Triumph gegen England ein solides Fundament für seine Abschiedstournee gelegt. Vor der Partie gegen Fussballzwerg Costa Rica waren die Italiener deshalb guter Hoffnung, endlich einmal wieder eine souveräne Gruppenphase zu erleben. Umso härter ist der Schock, als sie die gute Ausgangslage mit der 0:1-Pleite gegen den kecken Aussenseiter in Slapstick-Manier verzocken.

Der Costa-Rica-Schocker: Bryan Ruiz bezwingt Gianluigi Buffon zum 1:0.Bild: EPA/EPA

«Gekocht und gegessen»

Nach dem Debakel rauscht es gehörig im italienischen Blätterwald. «Gekocht und gegessen – ein müdes Italien wird von Costa Rica auseinandergenommen und macht sich selbst das Leben schwer», schreibt stellvertretend die «Gazzetta dello Sport».

Es ist ein Ausrutscher mit Folgen. Während die Engländer bereits ihre Golfferien planen und Costa Rica unter Wettkampfbedingungen den Achtelfinal probt, folgt für Italien gegen Uruguay heute einmal mehr ein drittes Gruppenspiel, das über Sein oder Nichtsein entscheidet. 

Gegen die Südamerikaner muss im Estadio das Dunas mindestens ein Unentschieden her – dann wäre das Team von Cesare Prandelli aufgrund der besseren Tordifferenz immerhin Zweiter. Bei einer Niederlage gegen die Urus ist das zweite Vorrunden-Aus in Serie trotz des Traumstarts besiegelt. Eine Schmach, die Italien zuletzt bei den Turnieren von 1962 und 1966 hinnehmen musste. Andrea Pirlo, dessen internationale Karriere nach 109 Länderspielen früher als gedacht beendet wäre, betont die Bedeutung der Partie entsprechend: «Alle WM-Spiele sind wichtig. Aber dieses hat für uns den Stellenwert eines Halbfinals oder Finals.»

Andrea Pirlo will seine Nationalmannschaftskarriere nicht mit einem Vorrunden-Aus beenden. 
Andrea Pirlo will seine Nationalmannschaftskarriere nicht mit einem Vorrunden-Aus beenden. Bild: Antonio Calanni/AP/KEYSTONE

Auch Buffon steht auf der Kippe

Einer der auch in dieser heiklen Situation die Ruhe bewahrt, ist Italiens zweiter grosser, alter Mann: Goalie Gianluigi Buffon. Der 36-Jährige, der den Sieg gegen England wegen einer Rippenprellung verpasste, schöpft seine Zuversicht vor allem aus seinem reichen Erfahrungsschatz: «Ich bestreite jetzt das zehnte Turnier mit der Nationalmannschaft und nur einmal hatten wir bereits vor dem dritten Gruppenspiel die Qualifikation auf sicher. Wenn es ernst wird, reagieren wir für gewöhnlich.»

Buffon am Boden, aber nach dem Spiel gegen Uruguay will er wieder jubeln.Bild: Reuters

Falls dieser Plan nicht aufgeht, könnte auch Buffon heute seinen 139. und letzten Auftritt mit der «Squadra Azzurra» erleben. Sein Vertrag bei Juventus läuft noch ein Jahr, die Goaliefrage in der Nationalmannschaft dürfte sich im Hinblick auf die EM 2016 nach einem frühen Aus in Brasilien erstmals in diesem Jahrtausend wieder stellen. 

Einer der nicht glaubt, dass es so weit kommt, ist einer von Buffons Weltmeister-Kollegen. Alessandro Del Piero will erstaunliche Parallelen zwischen dem aktuellen Turnier und der erfolgreichen Kampagne von 2006 in Deutschland ausgemacht haben: «Damals waren wir nach dem 1:1 gegen die USA im zweiten Spiel exakt in der gleichen Situation. Wir mussten die Tschechen zum Abschluss schlagen, oder wir wären ausgeschieden. Wir haben es geschafft und ich glaube der Trainer wird die Probleme auch dieses Mal in den Griff bekommen.»

Zum Erfolg dank riskantem Sturm-Experiment?

Wenn man diversen italienischen Quellen glauben will, dann wird Cesare Prandelli dieses Vorhaben heute mit einer Premiere angehen: In Abwesenheit des verletzten Daniele De Rossi soll er angeblich vom 4-1-4-1-System auf ein 3-5-2 umstellen. Ciro Immobile, der bisher nur für 18 Minuten als Edeljoker zum Handkuss kam, soll als zweiter Stürmer einen Teil der Last von Mario Balotellis Schultern nehmen, die diesen gegen Costa Rica fast erdrückte. Das Problem: Im Gegensatz zu den kongenialen Suarez und Cavani auf der Gegenseite steht noch in den Sternen, ob Balotelli und Immobilie überhaupt harmonieren. Die beiden Alleinunterhalter standen noch nie als Sturmduo auf dem Platz.

Sie könnten heute gemeinsam auflaufen: Mario Balotelli und Ciro Immobile. 
Sie könnten heute gemeinsam auflaufen: Mario Balotelli und Ciro Immobile. Bild: ALESSANDRO GAROFALO/REUTERS

So oder so wird das Endspiel der Gruppe D ein heisser Tanz. Sicher ist nur eines: Pirlo und Buffon hätten bestimmt nichts gegen eine Verlängerung ihrer Abschiedstournee einzuwenden.

>> Hier geht's zum Liveticker der Partie Italien – Uruguay

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