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Nach «Scheiss Olten»-Fauxpas: Kevin Schläpfer ist ein Opfer seiner Naivität

Kevin Schläpfer Scheiss Olten
Das Bild des Anstosses: Kevin Schläpfer feiert mit Biel-Fans – und wusste angeblich nicht, was er für ein Shirt trug.bild: zvg
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Nach «Scheiss Olten»-Fauxpas: Kevin Schläpfer ist ein Opfer seiner Naivität

Kevin Schläpfer lässt sich mit einem «Scheiss Olten»-Shirt ablichten. Das Verhalten des neuen Kloten-Trainers anlässlich des Cup-Duells zwischen dem EHC Olten und dem EHC Biel gibt immer noch Rätsel auf.
26.10.2017, 09:0926.10.2017, 09:33
marcel kuchta / aagauerzeitung
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Sie sorgten am Sonntagnachmittag bei vielen Fans im Oltner Kleinholz für Kopfschütteln: EHC-Biel-Fans kreierten für das einmalige Cupspiel zwischen dem einstigen Erzfeind Olten und dem A-klassigen Biel (3:4 n.V.) schwarze T-Shirts und Pullover mit der Aufschrift «Scheiss Olten». Beinahe der gesamte Gästesektor der Bieler trug die extra angefertigten Kleidungsstücke. Auch der brandneue Kloten-Trainer und ehemalige Biel-Headcoach Kevin Schläpfer zeigt sich mit einigen johlenden Biel-Fans in einem solchen angefertigten Shirt.

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Wer hätte gedacht, dass die Partie zwischen Olten und Biel noch so zu reden gibt?Bild: KEYSTONE

Er habe nicht bemerkt, was draufstand, wehrte sich Schläpfer danach. Wie kann es sein, dass man sich ein T-Shirt anziehen lässt und minutenlang nicht bemerkt, was draufsteht und sich sogar noch damit ablichten lässt – Arm in Arm mit Vertretern der Bieler Hardcore-Fanszene, die allesamt einen Pullover mit demselben, unmissverständlichen Aufdruck («Scheiss Olten») tragen?

Schläpfers Erklärungen, wonach er nicht mitbekommen habe, welche Message er da auf seiner Brust verbreitete, klingen auf den ersten Blick unglaubwürdig. Und doch gibt es keinen Grund, an der Glaubwürdigkeit des neu ernannten Kloten-Trainers zu zweifeln. Ein Erklärungsversuch.

Fehlendes Motiv

Ganz zuerst dies: Was in dieser Affäre völlig fehlt, ist ein Motiv. Kevin Schläpfer war selber Spieler beim EHC Olten – ein beliebter dazu. Auch während seiner Amtszeit beim EHC Biel als Spieler, Sportchef oder Trainer gab es keinerlei Animositäten oder gar Streit mit Olten. Von beiden Seiten heisst es ganz klar, dass man immer ein gutes Verhältnis untereinander hatte. Es gibt also keinen Grund für Schläpfer, dem EHCO irgendetwas heimzuzahlen – schon gar nicht auf so eine primitive Art und Weise.

Den Kern der Sache trifft wohl eher ein Charakterzug von Kevin Schläpfer: Er ist extrovertiert, geht auf die Menschen zu und sucht lieber einmal zu viel als einmal zu wenig das Gespräch. Schläpfer ist, wie man so schön sagt, «volksnah».

ARCHIVBILD ZUM NEUEN KLOTEN-TRAINER KEVIN SCHLAEPFER --- Biels Trainer Kevin Schlaepfer freut sich ueber den Treffer zum 3:2 im Eishockey Spiel der National League A zwischen dem EHC Biel und den ZSC  ...
Kevin Schläpfer ist bekannt als einer, der gerne sagt, was er denkt.Bild: KEYSTONE

Das bringt es mit sich, dass er sich auch gerne mal in die Fanmeute begibt und mit dem «Fussvolk» kommuniziert. Dabei kann es durchaus vorkommen, dass er für einen Moment die Übersicht verliert. Hier ein «Hallo», da ein Selfie, dort ein kurzer «Schwatz».

Deshalb – auch wenn es vielen Olten-Fans vermutlich sehr schwerfällt, das zu glauben – ist es nachvollziehbar, dass Kevin Schläpfer gar nicht realisierte, was da im Bieler-Fangetümmel mit ihm geschah.

Grosse Portion Naivität

Dass er sich ein Shirt anziehen lässt und sich damit einfach so fotografieren lässt, zeugt natürlich von einer grossen Portion Naivität – was er selber auch eingestand. Aber Kevin Schläpfer hat schlicht nicht damit gerechnet, dass er für die Bieler «Scheiss»-Aktion missbraucht wird.

Kevin Schlaepfer, neuer Trainer des EHC Kloten beim ersten Training in Kloten am Mittwoch, 25. Oktober 2017. (KEYSTONE/Walter Bieri)
Was Kevin Schläpfer momentan sicherlich nicht gebrauchen kann, ist Unruhe von ausserhalb Klotens. Aber das hat er sich selbst eingebrockt.Bild: KEYSTONE

Selbst wenn das Foto für den EHCO schwer verdaulich ist, so darf man dem «Hockeygott» aus diesem unabsichtlichen Fehler keinen Strick drehen und sollte die Sache auf sich beruhen lassen. Viel eher sollte man seinen Unmut gegen die Bieler Fans richten, die mit ihren primitiven Anfeindungen nicht nur im Stadion ein schlechtes Bild abgaben, sondern nun auch noch ihre eigene Kultfigur, den «Hockeygott» Schläpfer, in den Dreck gezogen haben.

Glaubst du Kevin Schläpfer, dass er nicht wusste, was auf seinem Shirt stand?

Die sollten das alle mal etwas despacito nehmen:

Video: watson/Laurent Aeberli, Reto Fehr, Lea Senn

Hätte Olten Kevin Schläpfers Shirt unter dem Hallendach, sie würden es jetzt wohl runter nehmen:

1 / 148
NLA-Trikotnummern, die nicht mehr vergeben werden
HC Davos: 5 - Marc Gianola.
quelle: keystone / fabrice coffrini
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22 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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sven_meye
26.10.2017 11:37registriert Oktober 2014
Ach Schläpfer glaube ich das. Er hat sich ja auch direkt bei er GL entschuldigt. Und selbst wenn es nicht so wäre, wärs kaum ein Weltuntergang.
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Max Dick
26.10.2017 10:48registriert Januar 2017
Passiert jedem mal, dass er das Kleingedruckte übersieht :D
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play off
26.10.2017 13:12registriert April 2017
Super Fans, die den Gegner beleidigen, statt die eigene Mannschaft zu unterstützen. Im Hockey sind leider bald die gleichen hirnlosen Gestalten unterwegs wie im Fussball.

Wie wärs das nächste mal mit einem Hopp Biel Shirt?
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