Es war die unschönste Szene des Hockey-Wochenendes. Doch im ganzen Theater um Thomas Rüfenachts Aussagen gegenüber Lugano – so unüberlegt sie auch waren – ging Tim Trabers Angriff auf Biels Benoît Jecker beinahe unter.
Es läuft die 18. Minute im Spiel zwischen dem EHC Biel und Servette-Genf. Jecker führt die Scheibe, und spielt sie dem Mitspieler zu. Einige Augenblicke später wird der Verteidiger von Genfs Tim Traber mit der Wucht eines Güterzugs getroffen. Trabers Check kommt sehr spät, die Scheibe ist zu diesem Zeitpunkt längst weg. Jecker rechnet wohl nicht mit einem Angriff dieser Kraft. Auf dem Eis gibt es für Traber zwei Minuten wegen Behinderung – da die Schiedsrichter keine Verlangsamung zur Verfügung haben ein vertretbarer Entscheid.
Erst die Wiederholung zeigt das wahre Ausmass des Checks. Der Genfer Flügel bewegt sich dabei nach oben, in Richtung von Jeckers Nacken und Kopf. Zwar trifft Traber zuerst die Schulter des Bielers, doch auch ein Kontakt gegen den Nacken ist nicht auszuschliessen. Die Wucht des Checks ist ausserordentlich, Jeckers Kopf wird regelrecht hin und her geworfen. Die MySports-Experten Ueli Schwarz und Nadir Mandioni sind sich einig: So ein Check habe im Eishockey nichts verloren.
Diesem Urteil stimme ich zu. Es geht dabei nicht darum, Traber irgendeine Absicht zu unterstellen. Der Genfer kam schlicht zu spät und hat sich dazu noch schlecht verhalten. Wie es auch Ueli Schwarz im Video sagt: Das Ziel eines Checks im Eishockey, ist den Spieler von der Scheibe zu trennen. Davon war Traber hier meilenweit weg.
Aber auch ohne Absicht ist ein solcher Check gefährlich. Benoît Jecker hat Glück gehabt, er konnte sogar weiterspielen. Genau so gut hätte er sich ein Schleudertrauma oder andere Nackenverletzungen einfangen können.
Umso überraschender ist es für mich, dass der Verband kein Verfahren eingeleitet hat. Von Amtes wegen müsste ein Verfahren bis spätestens 36 Stunden nach Spielschluss eröffnet werden. Diese Frist ist mittlerweile abgelaufen. Janos Kick, Mediensprecher des Verbands, bestätigt auf Anfrage: «Es wurde kein Verfahren gegen Tim Traber eingeleitet.»
Das Ziel der Disziplinarkommission ist es, die Spieler vor unnötigen Verletzungen zu schützen. Deshalb gibt es Einzelrichter. Deshalb sind bald auch in der Schweiz flexible Banden obligatorisch. Ob Tim Traber bei einem Verfahren dann tatsächlich auch mit disziplinarischen Konsequenzen zu rechnen hätte, sei mal dahingestellt. Aber wenn der Verband die Spieler glaubwürdig schützen möchte, müsste eine solche Situation zumindest genau überprüft werden.