Valentino Rossi hat zwar seit 2009 keinen Titel mehr gewonnen. Aber er ist der Weltmeister der Herzen und fährt im Adelsstand der Legende, erhaben über Sieg und Niederlage.
Nach wie vor begeistert er mit seiner Beherrschung der Höllenmaschinen, die auf über 300 km/h beschleunigen. Mit seiner taktischen Schlauheit. Und über allem stehen seine Leidenschaft und sein Mut im Kampf gegen viel jüngere Herausforderer, die noch mehr riskieren.
In der Rolle des grossen, alten Champions, der im goldenen Herbst seiner Karriere Kraft seiner Persönlichkeit, seines Stils, und seiner Klasse über allen Herausforderern steht, ist er mit Roger Federer vergleichbar. Valentino Rossi ist am 16. Februar 38 geworden, Roger Federer wird am 8. August 36.
Wie der «Maestro» aus dem Tennis fährt Valentino Rossi längst gegen seine persönlichen Bestmarken. Sein Vertrag bei Yamaha läuft noch bis zum Ende der nächsten Saison. Er ist bis heute 114 Mal als Sieger über die Ziellinie gebraust. Es ist nicht ausgeschlossen, dass er die ewige Rekordmarke von Giacomo Agostini (122 GP-Siege) erreicht, die für alle Ewigkeit wie die Hockey-Rekorde von Wayne Gretzky schien.
Der Italiener verkörpert nach wie vor als einziger die Eleganz der Rennfahrerei. Er hat den verrückten Sport von Haudegen, die den Geruch von Benzin und verbranntem Gummi nicht aus den Kleidern bringen, aus der Nische des «Wahnsinns» herausgeholt. Und daraus einen weit über die Motorsportkreise hinaus respektierten Sport und ein «Big Business» gemacht. Dabei ist er der bestbezahlte «Asphaltcowboy» aller Zeiten geworden.
Sein Jahreseinkommen wird auf rund 30 Millionen Franken geschätzt. 10 Millionen bezahlt ihm Yamaha als Salär (Honda bezahlt Weltmeister Marc Marquez die gleiche Summe) – aber bei Rossi kommen noch einmal 20 Millionen mit Werbung dazu. Sein Vermögen dürfte bei 150 Millionen liegen. Damit ist er zwar im Vergleich zu Roger Federer (mehr als 60 Millionen Jahresverdienst, über 500 Millionen schwer) eine eher kleine Nummer, aber unter den Motorsportlern einer der Grossverdiener.
Was kann von ihm 2017 erwartet werden? Die Hierarchie in der «Königsklasse» ist flach geworden. Inzwischen gibt es acht bis zehn Piloten, die ein Rennen gewinnen können. MotoGP-Neuling Johann Zarco führte in Katar sechs Runden lang, fuhr die schnellste Rennrunde und stürzte bei Rennmitte, weil er ein paar Zentimeter von der Ideallinie abkam. Technische Einschränkungen (gleiche Elektronik für alle) haben das «Wettrüsten» eingebremst. Es gibt keine technisch unbesiegbaren Maschinen mehr.
Eine neue Generation ist herangewachsen, die früher als alle ihre Vorgänger mit dem Rennsport begonnen und das fahrerische Niveau auf nie gekannte Höhen geschraubt hat. Weltmeister Marc Marquez ist am 17. Februar erst 24 geworden.
Maverick Viñales (22) hat bei seinem Yamaha-Debüt gleich gewonnen. Er ist Valentino Rossis Teamkollege. Eine der grossen Fragen, die uns diese Saison beschäftigen wird: Wann beginnt der «Psychokrieg» von Valentino Rossi gegen seinen Markenkollegen? Eine «Kriegsform», die keiner so gut beherrscht wie der Ehrendoktor der Kommunikation. Noch gibt es keine Anzeichen für eine Auseinandersetzung. Aber was, wenn auf einmal beide eine Chance auf den Titel haben?
So oder so ist und bleibt Valentino Rossi der einzige Fixstern am Firmament. Er kann wahrscheinlich nicht mehr Weltmeister werden, aber nach wie vor einzelne Rennen gewinnen. Gerade bei schwierigen äusseren Bedingungen wie jetzt in Katar, wenn Rennintelligenz zum Schlüsselfaktor wird, ist er nach wie vor der kompletteste Fahrer. Von Rang zehn aus ist er gestern aufs Podest gefahren (3.) und hat dabei Titelverteidiger Marc Marquez (4.) besiegt.