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Im letzten Herbst ging die Saison des Rohrbachers vorzeitig zu Ende. Beim GP von Aragon ist er in Führung liegend vom Spanier Xavier Simeon «abgeschossen» worden, verletzte sich schwer am Rücken und an der Hand und musste auf die vier letzten Rennen verzichten.
Solche unverschuldeten Horror-Unfälle können einen Schatten auf der Seele eines Rennfahrers hinterlassen. Nach den ersten Tests ist nun klar, dass dies nicht der Fall ist. «Ich bin wieder topfit und die Verletzungen sind ganz auskuriert» erzählt Dominique Aegerter.
«Aber als ich erstmals wieder auf einer Moto2-Maschine sass, fand ich mich gar nicht zurecht. Ich brauchte einige Zeit um mich wieder an die Maschine zu gewöhnen. Nach wie vor spüre ich eine gewisse Unruhe, wenn ich merke, dass einer hinter mir fährt, und das dürfte so bleiben». Ein Problem sei das aber nicht. «Es spornt mich ja eher an, noch schneller zu fahren um den Verfolger loszuwerden»
Trotz aller Zuversicht ist er aber auch ein wenig ratlos. Bei allen bisherigen Tests hatte er starke Leistungsschwankungen. Von Bestzeit in einzelnen Sessions bis hin zu Rängen hinter Position 20. «Ich weiss nicht, warum ich manchmal so schnell und manchmal so langsam bin. Das ist nach wie vor mein grosses Problem. So lange ich das nicht lösen und konstant schnell fahren kann, ist es für mich nicht möglich, in der WM um den Titel zu fahren.»
Diese fehlende Konstanz bei Tests und Trainings ist ein Problem, das ihm seit dem Einstieg in die Moto2-Weltmeisterschaft im Frühjahr 2010 immer wieder zu schaffen macht. Vorerst hat auch sein neuer französischer Cheftechniker Florian Chiffoleau keine Antwort gefunden – sein bisheriger Cheftechniker Gilles Bigot hat zu Tom Lüthi gewechselt. Trotzdem gehört Dominique Aegerter zur Gruppe jener Fahrer, die zwar nicht als Titelfavoriten gelten, die aber einzelne Rennen gewinnen können (wie Folger, Cortese, Marquez, Salom, Nakagami, Schrötter, Siméon oder Lowes).
Die technische Betreuung wird so oder so teamintern noch zu reden geben. Der Argwohn des «Aegerter-Clans», dass Teammanager Fred Corminboeuf Tom Lüthi bevorzugt behandelt, hat neue Nahrung erhalten. Der holländische Stossdämpferspezialist Tim de Bot, der sechs Jahre lang mit Dominique Aegerter eng zusammengearbeitet hat, wechselte mit Cheftechniker Gilles Bigot ins Lager Tom Lüthis. Dominique Aegerter hat inzwischen erfahren, dass er künftig mit einem neuen Spezialisten Vorlieb nehmen muss – einem Neuling aus Spanien. «Das geht gar nicht», sagt er sichtlich verärgert. «Tim war für mich sehr wichtig, es kann nicht sein, dass er nun hauptsächlich für Tom Lüthi arbeitet. Das müssen wir korrigieren.»
Inzwischen zeigt sich auch: Das durch den Unfall verursachte Abrutschen auf den 17. WM-Rang spürt Dominique Aegerter nun in der neuen Saison im Portemonnaie. Er bekommt 2016 wie bisher vom Team ein Fixum und die Spesen für die Überseerennen bezahlt. «Aber davon könnte ich nicht leben.» Sein Einkommen erzielt er durch den Verkauf der Werbeflächen auf dem Kombi (drei auf der Brust, drei auf dem Ärmel) und dem Helm. Eine dieser Werbeflächen (am Ärmel) konnte er für 2016 noch nicht verkaufen. Insgesamt beklagt er gegenüber dem letzten Jahr den Verlust eines Viertels seiner Werbeeinnahmen – und damit seines Einkommens. Das ist ein sechsstelliger Betrag. «Die langjährigen Sponsoren sind mir zwar treu geblieben. Aber viele zahlen weniger als bisher und ich muss diese Saison mit rund 25 Prozent weniger Einnahmen rechnen.»
Am nächsten Wochenende wird noch einmal drei Tage in Doha getestet und am 20. März die Saison mit dem GP von Katar in Doha eröffnet. Neben Dominique Aegerter treten mit Tom Lüthi (29), Robin Mulhauser (25) und Jesko Raffin (19) drei weitere Schweizer an. Tom Lüthi (29) gehört seit der ersten Moto2-WM (2010) Jahr für Jahr zu den Titelanwärtern. Und alljährlich gibt es bald einmal Gründe, warum es doch nicht reicht. Diese Gründe liegen stets im technischen Bereich. Nun hat Tom Lüthi die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Alfred Willecke nach fünf Jahren beendet und Dominique Aegerters bisherigen Cheftechniker Gilles Bigot verpflichtet. «Der Wechsel ist das Resultat von vielen Gesprächen, die wir teamintern geführt haben. Dabei sind wir alle zum Schluss gekommen, dass ein Wechsel neue Impulse geben kann.»
Der Emmentaler hat einzelne Vorsaison-Testsessions dominiert und war knapp schneller und klar konstanter als Teamkollege Dominique Aegerter. Er ist neben Alex Rins (20) und Titelverteidiger Johann Zarco (25) meistgenannter WM-Favorit.
Robin Mulhauser, neben Dominique Aegerter und Tom Lüthi der dritte Pilot unter dem Management-Schirm von Fred Corminboeuf, wird wieder viel Spass haben – und vielleicht den zweiten WM-Punkt seiner Karriere herausfahren. Er hat das Talent für mehr, aber nicht den ultimativen Biss. Er ist sozusagen der letzte Gentleman Driver im Fahrerlager. Ein charmanter junger Mann, der aus Spass fährt und sich dies leisten kann, weil seine Onkel wichtige Sponsoren des Teams sind.
Die schwierigste Ausgangslage hat Jesko Raffin. Er hat 2015 in seiner ersten WM-Saison keine WM-Punkte geholt. Er ist auch bei den ersten Tests zusammen mit Robin Mulhauser nicht über die hinteren Ränge hinausgekommen. Doch er sagt: «Ich will in jedem Rennen in die WM-Punkte. Weil ich muss.»
Der Zürcher arbeitet mit der gleichen Techniker-Crew wie im Vorjahr, wird weiterhin von Marco Rodrigo gemanagt. Wenn er diese Saison nicht klare Fortschritte (regelmässig WM-Punkte) erzielt, dann ist die Karriere in Gefahr. «Ich mache zwar nebenbei eine Ausbildung zum Fitness-Instruktor. Aber ich investiere alles in meine Karriere. Nur dank meinen grosszügigen Eltern ist es möglich, dass ich das so machen kann. Denn ich verdiene mit der Rennfahrerei nicht genug zum leben.» Er wisse, dass es sehr schwer wird. Aber ebenso ist für ihn klar: «Ich gebe nicht auf.»