Dominique Aegerter findet einfach keine Ruhe. Vor zwei Wochen beim GP von Tschechien in Brünn das Theater um seine Vertragsverlängerung, das erst zwei Stunden vor dem Rennen (!) mit einer theateralischen inszenierten Vertragsunterzeichnungs-Zeremonie zu Ende ging. Im Rennen wurde der Sieger vom Sachsenring von Tom Lüthi besiegt und kam hinter seinem Rivalen auf dem 5. Platz ins Ziel. Hier in Silverstone sorgt das Hin- und Her um die Markenwahl und um den Zusammenschluss mit dem Team von Tom Lüthi (27) für Hektik. Er sagt zwar trotzig, das spiele keine Rolle. «Wenn ich fahre, denke ich doch nicht über die Markenwahl und nächste Saison nach.»
Man hört die Botschaft wohl, allein es fehlt der Glaube: Da macht sich Dominique Aegerter etwas vor. Der anhaltende Rummel, dem er sich nach seinem ersten Sieg auf dem Sachsenring bisher nur beim GP der USA (3.) entziehen konnte, spielt sehr wohl eine Rolle. Auch mental robuste Rennfahrer sind sensible Alphatiere und reagieren mit Nervosität auf Unruhe im Umfeld.
Dominique Aegerter war in dieser Saison bei einem Abschlusstraining noch nie so unruhig, ja hektisch und unkonzentriert, wie hier in Silverstone. Er machte auch zu viele Boxenstopps und räumt ein: «Ich wollte bessere Zeiten erzwingen und forcierte zu stark.» Am Ende kam er auf Position 19 und gerade noch in die 7. Startreihe.
Es gibt nicht einmal eine Ausrede. Die Bestzeit fuhr nämlich der mürrische Franzose Johann Zarco auf der genau gleichen Suter. Eine Aufholjagd ist im Rennen wohl möglich. Nach dem 16. Rang (6. Reihe) wurde Dominique Aegerter diese Saison beim GP von Argentinien noch 4.
Inzwischen nervt die Diskussion um seine Bikes – auch Tom Lüthi denkt an einen Wechsel von Suter auf Kalex nach – selbst Hersteller Eskil Suter. «Hört mit dem Theater auf. Wir haben eine Kalex bei uns in der Werkstatt auseinandergenommen, gewogen und gemessen. Es gibt gar keinen Unterschied. Ob Suter oder Kalex ist Hans was Heiri. Die Differenz macht der Fahrer.»
Diese unruhigen Zeiten sind auch die Vorboten des grossen Abenteuers der nächsten Saison: Es wird immer wahrscheinlicher, dass Dominique Aegerter und Tom Lüthi 2015 im gleichen Team fahren – und dann wird der Zirkus bei jedem GP ähnlich sein wie in diesen unruhigen Tagen. Mit dieser Situation muss Aegerter noch leben lernen.
Tom Lüthi wirkt gelassener. Er hat als Weltmeister und Sportler des Jahres 2005, als Freund des Models Fabienne Kropf und als siebenfacher GP-Sieger mehr Erfahrung mit öffentlichem Interesse und Rummel. Er blinzelt nicht einmal mehr im Rampenlicht. Er hatte auch so seine Schwierigkeiten. Aber in der Schlussphase des Abschlusstrainings rettete er sich gerade noch in die 2. Startreihe (6.).
Viel mehr Ruhe als Dominique Aegerter hat er in diesen Tagen auch nicht. Er weiss inzwischen, dass aus dem Traum vom Aufstieg in die Königsklasse MotoGP wohl nichts wird. Sein Manager Daniel M. Epp hat am Freitagabend noch einmal intensiv mit dem spanischen Rennstallbesitzer Jorge Martinez verhandelt: «Es war interessant. Aber seine Werkshonda wird Scott Redding bekommen und Nicky Hayden hat für 2015 einen Vertrag. Wir sind nur als Ersatz für Hayden ein Thema, wenn sich herausstellen sollte, dass die Handverletzung des Amerikaners so schwerwiegend ist, dass er aufhören muss. Aber wir können nicht warten, bis diese Situation geklärt ist ...»
Epp bleibt dabei, dass er keinen eigenen Rennstall mehr betreiben will und so bleibt ihm nur noch die Fusion mit dem Rennteam von Dominique Aegerter.