Warum wird Tom Lüthi 2015 Moto2-Weltmeister?
Tom Lüthi: Weil alles stimmt. Aber Garantie gibt es in diesem Sport keine.
Am Selbstvertrauen fehlt es nicht.
Ich habe immer an meine Möglichkeiten geglaubt. Auch in den
letzten Jahren. Das gehört dazu. Aber wie ich schon sagte: Garantie gibt es
keine.
Sie haben 2005 in Le Mans gewonnen, Platz zwei in der Gesamtwertung
übernommen und sie sind Weltmeister geworden. Nach dem Sieg in Le Mans
sind die Parallelen zu 2005 nicht zu übersehen.
Ja, es gibt Parallelen. Anschliessend habe ich 2005 dann in Mugello
die WM-Führung übernommen und jetzt sind wir wieder in Mugello. 2005 ist
für mich heute allerdings weit weg und es gibt einen Unterschied. 2005 wusste
ich eigentlich gar nicht, warum ich gewann und warum es so gut lief. Heute
weiss ich – oder besser: wissen mein Team und ich – warum es läuft.
Ist der Wechsel von Suter zu Kalex ein entscheidender Faktor?
Der technische Unterschied ist minim und ich habe ja auch mit der
Suter Rennen gewonnen. Es ist eher etwas anderes: Wir fragten uns in den
letzten Jahren immer wieder: Sollen wir zu Kalex wechseln? Ist es ein Fehler,
bei Suter zu bleiben? Diese Gedanken müssen wir uns jetzt nicht mehr
machen. Das hilft bei der Konzentration.
Sie müssen noch mit dem 2014er Modell von Kalex fahren. Die langjährigen
Kunden wie Weltmeister Tito Rabat haben ein 2015er-Modell bekommen. Ist
das für Sie ein Nachteil?
Nein. Wir hätten nach den drei ersten Rennen auch die Möglichkeit gehabt
eine diesjährige Maschine zu bekommen. Aber wir haben darauf verzichtet.
Wir haben grosse Fortschritte gemacht. Anfang Saison habe ich mich mit
Alfred Willecke beispielsweise noch über mehrere Millimeter Differenzen beim
Radstand unterhalten. Inzwischen reden wir höchstens noch von einem
Millimeter.
Ich weiss, dass Sie nicht gerne über Ihr Privatleben reden. Aber die Trennung
von Ihrer Freundin Fabienne Kropf hat Schlagzeilen gemacht – und noch
einmal, seit sie mit Mark Streit liiert ist. Wie haben Sie das alles empfunden?
Dazu kann ich nur so viel sagen: Mir geht es sehr gut.
Aber wie hat Ihr Umfeld reagiert?
Natürlich bin ich darauf angesprochen worden. Ich musste gar
keine Zeitungen lesen. Die Leute haben mir erzählt, was geschrieben wurde.
Und wie haben Sie reagiert?
Ich habe dazu gar nichts gesagt. Das tue ich auch jetzt nicht.
Aber es fällt halt schon auf: Seit Sie sich von Fabienne Kropf getrennt haben,
fahren Sie wieder ganz vorne.
Sie sagen es. Wie ich schon sagte, mir geht es sehr gut. Privat und
sportlich. Ich fühle mich befreit.
Und Sie geniessen wieder Ihr Single-Dasein?
Es geht mir wirklich sehr gut. Das ist eine wichtige Voraussetzung
für den Erfolg. Ich greife voll an – auf dem Töff natürlich. Damit wir uns richtig
verstehen.
Der Angriff kann in der Tat erfolgreich sein. Sie haben drei der neun letzten
Rennen gewonnen – wenn Sie diese Konstanz beibehalten, dann können Sie
Weltmeister werden.
Es ist tatsächlich so: Die Schlussphase der letzten Saison und die
erste Phase dieser Saison ergeben eine vielversprechende Konstanz. So kann
es reichen. Aber die Unterschiede sind in der Moto2-WM so klein, dass es, wie
ich schon sagte, einfach keine Garantie gibt.
Sie haben auf diese Saison auch drei ihrer fünf wichtigsten Mitarbeiter
ausgewechselt. Spielt das eine Rolle?
Wichtig ist, dass ich mich wohl fühle und dass es im Team eine
gegenseitige Vertrauensbasis gibt. Das war auch in meinem früheren Team
der Fall. Entscheidend ist für mich, dass Cheftechniker Alfred Willecke
geblieben ist. Mit ihm arbeite ist seit der ersten Moto2-Saison 2010
zusammen. Er kennt mich sehr gut und weiss, was ich meine, wenn ich ihm
schildere, was mit der Maschine passiert.
Ihrem Teamkollegen Dominique Aegerter läuft es weniger gut. Welchen
Einfluss hat er?
Einen sehr guten. Wir verstehen und wirklich sehr gut und wir
haben jetzt eine breitere Basis. Er fährt jetzt zwar nicht ganz vorne, er pflegt
einen anderen Stil und er arbeitet technisch eine andere Richtung. Trotzdem
hilft der Gedankenaustausch zwischen unseren Cheftechnikern. Und wie ich
schon sagte, sind die Unterschiede in der Moto2-WM so gering, dass Domi
sehr schnell wieder ganz vorne fahren kann.