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Das Wesen und Wirken von Ashton Eaton erklärt uns folgende Episode: Der Amerikaner wird während einer PR-Veranstaltung zur Vorstellung auf die Bühne gebeten. Er erhebt sich von seinem Stuhl und überspringt den Tisch vor sich aus dem Stand. Einfach so! Jeder andere Mensch hätte das Hindernis beiseite geschoben. Nicht Ashton Eaton, personifizierte Leichtigkeit und Eleganz. Umwege kennt er nicht. Sein Weg ist die Direttissima.
Der Zehnkämpfer nähert sich dem Ideal des ästhetisch perfekten Olympiakämpfers der Antike, wie es dem Bildhauer Myton vor 2500 Jahren schon vorschwebte. Mit seinem zeitlos vollendeten Diskuswerker gibt er das Idealbild bis in die Moderne vor. Ashton Eaton, der studierte Psychologe, kommt diesem Mytos nahe. Ein reger Geist in einem Körper des Adonis: Mens sana in corpore sano. Eaton ist in Rio die Lichtgestalt der Bahn und der Sprungrube. Der Titelverteidiger und Favorit im Zehnkampf.
Dieser Multi-Wettkampf beginnt heute Nachmittag (ab 14.30 Uhr mit dem 100-m-Lauf) und ist wegen der Gegensätzlichkeit seiner Disziplinen und der Dauer über zwei Tage mit keinem anderen Sport vergleichbar.
Eine schier unmögliche Kombination aus Schnellkraft, Rohkraft, Technik und Ausdauer. Wer schnell läuft, weit und hoch springt, der ringt verzweifelt mit der Kugel, dem Diskus, dem Speer und dem Stabhochsprung. Ein grösserer Gegensatz als zwischen dem Sprint über 100 Meter und dem Kugelstossen ist nicht denkbar. Königlich ist deshalb der Zehnkampf. Dekathlon auf Griechisch, die Wortkombination aus «Zehn» und «Heldentat». Als einziger olympischer Wettstreit befreit vom Primat des Rekordes, auch weitgehend vom Schwefelgeruch des Dopings.
Vollendet ist ein Triumph in einer Einzeldisziplin ja nur, wenn der Weltrekord, mindestens die olympische Bestmarke, fällt. Im Zehnkampf ist der Rekord nebensächlich. Es geht um das Duell der Titanen.
Der erste Tag ist der Tag des Talentes, der Schnellkraft und der Geradeaus-Disziplinen. Der Spurt über 100 Meter, Weitsprung, Kugelstossen, Hochsprung, 400 Meter. Der zweite Tag ist eher derjenige für Analytiker, Taktiker und Techniker. Mit den Disziplinen 110 Meter Hürden, Diskuswerfen, Speerwurf, Stabhochsprung und als Krönung der Lauf über 1500 Meter.
Den ersten Tag mögen die meisten. Weil er weitgehend aus Grundübungen besteht, die jedermann beherrscht. Die Disziplinen des zweiten Tages muss hingen jeder erlernen. Mühseliges Spezialtraining ist erforderlich, um über Hürden zu eilen, den Diskus aus der Drehung und den Speer mit Anlauf fortzuschleudern, mit dem Stab zu springen. Und wer am Schluss beim Lauf über 1500 Meter die Kräfte nicht einteilt, bricht womöglich vor dem Ziel zusammen.
Diese Mühsal des Zehnkampfes gilt auch für Ashton Eaton. Lange quälten ihn die Würfe. Er ist ein dynamischer Läufer und Springer. Ein Rennpferd. Ein Ästhet. Eleganter, charismatischer als die kräftigen Kerle, diese «Ackergäule», die weniger rund laufen, aber den Speer, die eiserne Kugel und den Diskus weiter zu werfen vermögen.
So schnell wie Eaton ist noch nie ein Zehnkämpfer gelaufen (10,21 über 100 Meter), so weit noch keiner gesprungen (8,23 Meter). Er war bereits 2012 Olympiasieger und kann diesen Triumph in Rio wiederholen. Das schafften bisher nur der Amerikaner Bob Mathias (1948 Leichtathletik-Olympiasieger aller Zeiten, und der Brite Daley Thompson (1980 und 1984). In Rio durfte Ashton Eaton schon eine Medaille feiern: Die bronzene seiner kanadischen Ehefrau Brianne Theisen Eaton, die im Siebenkampf antrat.