Meine Grossväter waren super. Der eine war ein übergewichtiges Phlegma, der am liebsten in seinem gelben Lieblingspulli im Wohnzimmer sass, den Hund streichelte und Sprüche klopfte. Der andere war ein dürres Elend mit listigen Äuglein. Der Schalk stand ihm auch im hohen Alter noch ins Gesicht geschrieben.
Beiden gemein war eine gewisse Abgeklärtheit. Eine innere Ruhe – oder Neudeutsch: eine gewisse Coolness.
Sollte ich das Glück haben, auch die Phase des hohen Alters erleben zu dürfen, dann möchte auch ich diesen Zustand erreichen. Ich möchte in Würde über den Dingen stehen.
Szenenwechsel.
Gestern sagte Sepp Blatter, es sei «ein schwieriger Tag für den Fussball, die Fans und die FIFA».
Wie kann man nur so derart falsch liegen? Ja, es war ein schwieriger Tag für die FIFA. Aber für den Fussball? Für die Fans? Mitnichten. Im Gegenteil.
Gestern war ein wunderbarer Tag für den Fussball: die Sonne schien, der Boden war nicht zu hart und es standen sogar Tore auf dem Feld. Als wir uns gestern über zwei Stunden ohne Pause die Hacken wund liefen, dachte kein einziger von uns 17 Fussballfreunden auch nur eine Sekunde an die abgeführten alten Männer.
Und als wir später bei Bier und Pizza den Euro-League-Final genossen, spürten wir den Kahlschlag in der FIFA-Teppichetage ebenfalls nicht.
Fussball braucht die FIFA nicht. Die FIFA braucht den Fussball.
Mit seinem Sätzchen outet sich Blatter als ein welt- und fussballfremder alter Mann.
Ohne Weitsicht.
Ohne Abgeklärtheit.
Blatter steht nicht wie damals meine Grossväter in Würde über den Dingen. Stattdessen macht es auf mich den Anschein, als versuche er trotz seiner fast 80 Jahre noch immer wie ein Zuhälter das schöne Mädchen zu melken.
Und das ist, Neudeutsch, einfach nur wahnsinnig uncool.