Erst im Spätmittelalter (ca. 1300 bis 1500) realisierten die Menschen, dass Lawinen durch natürliche Gegebenheiten ausgelöst werden können. Davor glaubte man, es sei das Werk von Hexen, Geistern oder eine Strafe Gottes. Heute werden Lawinen wissenschaftlich erforscht.
Wenn du die Worte Lawinenbulletin und 3x3 und Nivocheck noch nie gehört hast, dann bewegst du dich – ohne Bergführer oder Wanderleiter – besser nur auf markierten und gesicherten Pisten.
Das Lawinenbulletin wird zweimal täglich (8 und 17 Uhr) vom Institut für Schnee- und Lawinenforschung in Davos herausgegeben und bildet die Grundlage für jede Tour.
Der 3x3-Check ist das bewährteste Mittel, um die Situation zuhause, vor Ort und im Einzelhang zu beurteilen.
Zwar nicht in einem anerkannten Lehrmittel zu finden, aber doch empfehlenswert ist der dritte Punkt: der Nivocheck. Er sollte am Anfang einer Tour durchgeführt werden. Hier werden eine Reihe Fragen beantwortet und das Ergebnis zeigt, wie «sicher» das Gelände ist.
Sobald du ein bisschen höher willst als auf den Üetliberg: Nimm ein LVS (Lawinen-Verschütteten-Suchgerät), eine Schaufel (nicht aus Plastik) und eine Lawinensonde (mind. 2,40m lang) mit. Es kann dir oder jemand anderem das Leben retten.
Es gibt fünf Gefahrenstufen:
Ab «gross» bleibst du besser sowieso Zuhause. Bei «erheblich» solltest du erfahren im Gelände sein. Bei «mässig» und «gering» gilt es noch immer die üblichen Regeln zu beachten.
Wichtig: Die Gefahrenstufen sind «nur» Anhaltspunkte. Es gilt das Gelände immer noch zu beurteilen. Und die Gefahren können sich im Verlauf des Tages ändern.
Auffallend ist: 90 Prozent der Lawinenunfälle ereignen sich bei «mässig» oder «erheblich». Die Erklärung ist einfach: Bei «gross» und «sehr gross» sind wenige Schneesportler unterwegs, bei «gering» ist die Gefahr tatsächlich klein. Bei «mässig» und vor allem «erheblich» passieren am meisten Unfälle.
Die SLF beschreibt in ihrer Dokumentation «Lawinenunfälle Schweizer Alpen» den «Muster-Unfall» so:
Lawinengefahr herrscht im Normalfall ab einer Hangneigung von 30 Grad. Wer in den Bergen unterwegs ist, sollte Hänge von 30, 35 und 40 Grad einschätzen und (mit den Skistöcken) messen können. Je nach Gefahrenstufe gelten für verschiedene Hangneigungen unterschiedliche Vorsichtsmassnahmen.
In welche Richtung ein Hang sich neigt, ist für die Lawinengefahr mitentscheidend. Meist sind Nordhänge deutlich gefährlicher als Südhänge.
Die Lawinengefahr fängt meist erst auf einer gewissen Höhe über dem Meeresspiegel an. Am meisten Unfälle ereignen sich dabei auf einer Höhe von 1800 bis 3000 Metern – da sind auch die allermeisten Schneesportler unterwegs.
In der Schweiz kamen seit 1936 jährlich im Schnitt 25 Menschen ums Leben. Auffallend ist, dass es sich in den letzten Jahren praktisch nur noch um Unfälle im freien Gelände (vor allem Schneesportler) handelte.
Die Überlebenschance von Verschütteten ist in den ersten 15 Minuten noch über 50 Prozent. Darum gilt: Schnell handeln. Ohne LVS, Schaufel und Sonde sind Suchaktionen praktisch sinnlos. Bis die Rega kommt, dauert es meist mehr als 15 Minuten.
57 Prozent der ganz verschütteten Personen überlebten im Schnitt der letzten Jahre einen Lawinenunfall. Meist wurden diese in einer Tiefe von bis zu 50cm innert 10 Minuten gefunden. Verschüttete, welche nicht überlebten waren durchschnittlich in einer Tiefe von einem Meter und wurden erst nach einer Stunde gefunden.
Wie oben erwähnt: Bei einem Lawinenunfall zählt jede Sekunde. Darum werden 78 Prozent der von ihren Begleitern lokalisierten Opfer lebend aus den Schneemassen geborgen. Es gibt keine besseren Retter als deine Begleiter – vorausgesetzt sie sind ausgerüstet und wissen, was zu tun ist.
Musste auf die Rettungsmannschaft gewartet werden, fallen die Überlebenschancen auf 27 Prozent.
Rund 90 Prozent der Lawinen werden durch Schneesportler ausgelöst. Wichtig ist dabei auch zu wissen, dass die Gefahr einer Lawine mit dem Druck auf den Schnee steigt.
Ist ein Skitourengänger in der Aufwärtsbewegung, belastet er die Schneedecke weniger stark, als wenn er in der Abfahrt eine Kurve macht. Extrem wird's bei einem Sturz: Dann wirken rund achtmal so hohe Kräfte. In anderen Worten: Die Gefahr eine Lawine auszulösen, ist bei einem Sturz grösser.
Ab der Gefahrenstufe «gross» sind Fernauslösungen typisch. Das bedeutet: Eine Lawine kann auf grosse Entfernung – und selbst in flachem Gelände – ausgelöst werden. Dazu kommt, dass bei «gross» spontane Lawinen (die ohne äussere Einwirkung abgehen) wahrscheinlich sind. Du kannst also unten im Flachen an einem Hang entlanggehen und plötzlich löst sich oben eine Lawine – spontan oder von dir ausgelöst.
Bei «erheblich» sind Fernauslösungen nicht typisch, aber können ebenfalls vorkommen.
Das lateinische Verb «Labi» für «gleiten» ist der Ursprung unseres Wortes «Lawine». Den gleichen Wortstamm haben übrigens «Lapsus» und «labil». Irgendwie noch passend.
Im Berner Dialekt gibt es auch das Wort «Louänä» für Lawine. Daher kommt auch der Ortsname Lauenen – mit dem berühmten See – in der Nähe von Gstaad. Das ganze Tal war bekannt für Felsstürze und Lawinengefahr.