Elf Punkte Vorsprung in der Meisterschaft, YB marschiert mit grossen Schritten in Richtung erstem Titel seit dem Cupsieg 1987. Einen so grossen Vorsprung zu diesem Zeitpunkt (23. Runde) hat seit Einführung der Super League kein Team mehr verspielt.
Wäre da nur nicht die Vereinsgeschichte ... Die Tatsache, dass YB in den wichtigen Momenten so oft versagt hat, haben in Bern vor dem Cup-Halbfinal gegen den FC Basel alle im Hinterkopf. Dabei geht vergessen, dass es YB eigentlich auch anders kann: Im bislang letzten Cup-Duell rangen die Berner den FCB im April 2009 im Halbfinal mit 3:2 nach Penaltyschiessen nieder. Jürgen Gjasula scheiterte als letzter Schütze damals an Marco Wölfli und YB-Kommentatoren-Legende Luzi Fricker drehte völlig durch.
An seinen Radio-Ausraster und an die Bilder, wie die YB-Spieler auf ihren Torhüter losstürmten, daran will man sich in Bern bis zum Spielbeginn am Abend erinnern. Der «veryounboyste» Cupfinal gegen Sion 2011 und die verlorene Finalissima ein Jahr später gegen Basel, sind vorerst ganz weit weg.
Denkt man an den Cup-Halbfinal vom Dienstag wird einem warm ums Herz – daran ändert auch die eisige Kälte nichts. Wärmende Kleidung ist gefragt! Selbstverständlich dürfen Decken, Sitzkissen, Wärmepads etc. mitgenommen werden. https://t.co/lkQHAeB29Q #BSCYB #YBFCB pic.twitter.com/MFZ0Yr2yKs
— BSC Young Boys (@BSC_YB) 26. Februar 2018
Vier Spiele, sechs Tore. Vor allem dank seinem Topskorer Guillaume Hoarau steht YB im Jahr 2018 noch ohne Verlustpunkt da. Auch der Siegtreffer beim erknorzten 1:0 gegen Sion ging auf das Konto des 33-jährigen Franzosen.
REPLAY: Hoaraus 1:0. #YBSION #BSCYB pic.twitter.com/QN2xfPFcJS
— BSC Young Boys (@BSC_YB) 24. Februar 2018
Doch eine knappe Viertelstunde vor dem Ende dann die Hiobsbotschaft: Hoarau, der fast die komplette Vorrunde wegen einer Oberschenkelverletzung verpasste, signalisierte in Richtung YB-Bank, dass er gerne ausgewechselt werden möchte. Trainer Adi Hütter reagierte sofort und nahm seinen Stürmerstar vom Platz.
Hatte er sich bei einer spektakulären Aktion, die beinahe zum 2:0 geführt hatte, wieder den Muskel im Oberschenkel gezerrt? Kann er im Cup-Halbfinal gegen Basel spielen? Gestern konnte Hoarau nicht trainieren, Trainer Hütter konnte oder wollte nicht sagen, ob er heute dennoch im Kader ist. Welche Art von Verletzung sich das Kopfball-Ungeheuer zugezogen hat, gab YB nicht bekannt. Nach Beobachtungen von aussen könnte es sich um Adduktorenprobleme handeln.
Vier Spiele, drei Niederlagen. Dem FC Basel ist der Start nach der Winterpause komplett missglückt. Eine Chance auf Wiedergutmachung bekamen die FCB-Cracks vor dem Cup-Halbfinal gegen YB nicht: Die samstägliche Partie in Lausanne musste wegen des gefrorenen Rasens verschoben werden.
Wachgerüttelt wurde das Team von den eigenen Anhängern trotzdem. Vor dem sonntäglichen Morgentraining versammelten sich über 100 FCB-Fans vor dem Fanshop und zogen dann singend mit Fahnen, Schals und Transparenten in Richtung Trainingsplatz. «Finger us em Arsch» stand auf einem gross geschrieben – die Botschaft war klar. Die Mannschaft stellte sich vor die Fans und bedankte sich mit einem kurzen Applaus für den symbolischen Kick in den Allerwertesten.
😮 Unsere Fans haben uns heute im Training besucht! Vielen Dank für den grossartigen Support!!! #zämmestark #rotblaulive #FCBasel1893 pic.twitter.com/Im7uMX8UtX
— FC Basel 1893 (@FCBasel1893) 25. Februar 2018
Wicky: Der Besuch der Fans im Training war eine tolle Überraschung. Es hat der Mannschaft viel gegeben und wurde sehr positiv aufgenommen.#FCBasel1893 #zämmestark #rotblaulive
— FC Basel 1893 (@FCBasel1893) 26. Februar 2018
Raphael Wickys Aufgabe wird dennoch nicht einfacher. Nach den Wechseln in der Winterpause muss er sein Team wieder zu einer Einheit formen. Vor allem die als Hoffnungsträger verpflichteten Fabian Frei und Valentin Stocker wussten bislang nicht zu überzeugen. Letzterer hat jedoch gute Erinnerungen an YB: In der Finalissima 2010 schoss er das wegweisende Tor zum 1:0 für den FCB.
In diesem Cup-Halbfinal zwischen YB und Basel geht es um viel mehr als nur um den Einzug in den Cupfinal, um das Wahren der ersten Titelchance. Dieser Cup-Halbfinal ist auch ein Schlüsselspiel im Meisterrennen. Wer heute Abend gewinnt, raubt dem Gegner nämlich nicht nur die erste Titelchance, sondern erspielt sich auch einen psychologischen Vorteil für die Meisterschaft.
Mit einem Sieg würde bei YB der Glaube in die eigene Stärke noch einmal einen Schub erhalten und die Geister der Vergangenheit fürs Erste wieder verscheuchen. Gewinnt Basel, wäre die erste Titelchance für YB futsch. Ob der bislang so souveräne Super-League-Leader das so einfach wegstecken und weiter durchmaschieren könnte, ist mehr als fraglich.
Es geht also um viel. Favorit in diesem so wichtigen Cup-Halbfinal möchte deshalb niemand sein. «Basel hat sich am Wochenende schonen können», gibt YB-Trainer Adi Hütter zu bedenken. «YB ist voll eingespielt und natürlich ist der Kunstrasen ein Vorteil für sie, denn sie trainieren ja auch jeden Tag darauf», sagt FCB-Motor Taulant Xhaka. Spätestens nach 120 Minuten gibt's aber keine Ausreden mehr.