Marco Odermatt krönt seine bisher erfolgreichsten Tage in Davos mit Gold in seiner Paradedisziplin Riesenslalom. Damit darf er sich fünffacher Junioren-Weltmeister 2018 nennen. Fünffach. Das gab's noch nie. Bisher galten Dani Albrecht 2003 und Beat Feuz 2007 als weltweit grösste Titelhamsterer bei Juniorenweltmeisterschaften.
Wir rekapitulieren die Woche an der Junioren-WM des Marco Odermatts noch einmal kurz:
Keine Frage: Der 20-Jährige katapultiert sich mit der Ausbeute von fünf Goldmedaillen aus fünf Rennen in die Position der grössten Hoffnung für Swiss Ski.
Dass Skifahren im Leben des Buochsers einen grossen Stellenwert einnehmen wird, war früh klar. Mit zwei Jahren und zwei Monaten stellte ihn sein begeisterter Vater auf der Klewenalp erstmals auf die zwei Latten. Mit viereinhalb absolvierte er sein erstes Skirennen. Neun Sekunden verlor er dabei auf den Sieger. Doch bald sollte er der sein, welcher oben auf dem Treppchen steht. 2005 qualifizierte sich Odermatt erstmals für das Finale des Migros-GP, 2006 gewann er diesen am Fusse der Eigernordwand.
Das grosse Idol des damals Achtjährigen war Didier Cuche. Er fieberte vor dem TV jeweils dermassen mit, dass auch mal Tränen flossen. Zum Glück wurden wenige Jahre später die «Silvano-Beltrametti-Jugendrennen» in Lenzerheide ins Leben gerufen. Der Sieger durfte dabei jeweils einen Skitag mit Cuche verbringen. Odermatt siegte dreimal. Als «unvergessliche Erlebnisse» bezeichnete der Teenager vor zwei Jahren diese Tage 2016 im «Blick».
2016 war das Jahr, in welchem Odermatt sich auch in der breiteren Öffentlichkeit einen Namen machte. An den Juniorenweltmeisterschaften in Sotschi gewann er überraschend Gold im Riesenslalom und Bronze im Super-G. Als Belohnung durfte der damals 18-Jährige beim Weltcupfinale in St.Moritz an den Start. Er fuhr auf Rang 22.
Ein weiteres Ausrufezeichen setzte der Innerschweizer dann zum Start der Saison 2016/17. In Sölden raste Odermatt im ersten Riesenslalom-Lauf mit Startnummer 53 auf Rang 12, am Ende notierte er sich den 17. Platz. Sein damaliger Trainer im B-Kader von Swiss Ski, Erich Schmidiger, attestierte dem Jüngling: «Marco ist ein Frechdachs. Er hat nicht den Anspruch, alles perfekt zu machen. Gleichzeitig weiss er genau, wann er vollen Einsatz geben muss, um vorwärtszukommen.»
Zu seinen Stärken gehört dabei auch ein «brutaler Instinkt», wenn es darum geht, wann man die Ski laufen lassen muss. Ideale Voraussetzungen für Speedrennen, obwohl der Riesenslalom noch immer seine Paradedisziplin ist. Vier Mal fuhr Odermatt in der Debütsaison in die Punkte. Aber dann leistete er sich im Januar 2017 einen einfachen Innenskifehler, er verletzte sich am Meniskus und musste nicht nur die Junioren-WM in Are sausen lassen, sondern verpasste auch die Heim-WM in St.Moritz.
Odermatt arbeitete im Sommer hart, schloss zudem die Matura am Sportgymnasium Engelberg ab, wagte sich auf den Nevis Swing in Neuseeland, legte mit Krafttraining an Körpermasse zu und liess den harten Rückschlag hinter sich. Heute kann Odermatt sagen: «Meine erste Verletzung hat mich vieles gelehrt. Ich musste mich in Geduld üben, Tiefschläge wegstecken. Und mir immer wieder sagen: Es gibt noch weitere Weltmeisterschaften.»
In der aktuellen Saison trat Odermatt im Weltcup fünfmal im Riesenslalom an. Zweimal schied er aus, dreimal verpasste er die Top 30. Dafür läuft es im Europa-Cup besser: Im Januar lieferte der Nidwaldner der Reihe nach die Resultate 3, 4, 2, und 1. Der Sieg im italienischen Folgaria-Lavarone am 23. Januar war sein erster in der zweithöchsten Kategorie und wie es den Anschein macht die ideale Motivationsspritze für die Junioren-WM in Davos.
«Es gibt noch weitere Weltmeisterschaften», sagte Odermatt vor einem Jahr zu seiner Verletzung. Er meinte damit wohl nicht primär die Titelkämpfe in Davos. Aber hier hat er jetzt bewiesen, dass man bald wohl auch bei den «Grossen» mit ihm rechnen muss. 2019 findet die Ski-WM in Are statt. Dort, wo er die Rennen bei den Junioren 2017 noch verletzt verpasste.