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Neue Regeln sollen her: Viele Aufgaben sorgen in Wimbledon für Diskussionsstoff

epa06065913 Roger Federer of Switzerland (L) at the net with Alexandr Dolgopolov of Ukraine who retired in their first round match during the Wimbledon Championships at the All England Lawn Tennis Clu ...
Federer (links) und Dolgopolow nach ihrem kurzen Match.Bild: NIC BOTHMA/EPA/KEYSTONE

Riesen-Ärger in Wimbledon: Warum so viele Spieler ihre Matches aufgeben

Roger Federer und Novak Djokovic stehen in Wimbledon beinahe kampflos in der 2. Runde: Ihre Gegner gaben früh auf. Sie und etliche andere Tennisspieler sind der Grund dafür, dass nun über eine Anpassung des Regelwerks debattiert wird.
05.07.2017, 11:4105.07.2017, 13:31
Ralf Meile
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Die Fans auf dem Centre Court in Wimbledon fühlten sich verschaukelt. Da hatten sie für sicher nicht wenig Geld ein Ticket ergattern können, um die besten Tennisspieler der Welt am berühmtesten Turnier der Welt sehen zu können. Und dann so etwas.

Novak Djokovics Arbeitstag war nach 40 Minuten vorbei. Der anschliessende Auftritt von Roger Federer dauerte nur unwesentlich länger: 43 Minuten. Sowohl Martin Klizan, Djokovics Gegner, wie auch Federers Widersacher Alexander Dolgopolow gaben ihre Partie gesundheitlich angeschlagen auf. Der Ukrainer habe ihm erklärt, beim Aufschlag starke Schmerzen zu spüren, sagte Federer.

Mini-Exhibition gegen Djokovic?

Auf der Tribüne war der Unmut seh- und hörbar, so dass der Geschäftsführer des austragenden All England Lawn Tennis and Croquet Clubs, Philip Brook, beim Hinausgehen kurz mit Roger Federer sprach. «Er schlug mir vor, dass Novak und ich doch einen Satz gegeneinander spielen sollten», verriet Federer. «Ich sagte ihm: ‹Ja, lass mich Novak finden.›»

Auch in der Garderobe sind die Aufgaben ein grosses Thema. Federer und er hätten kurz darüber gescherzt, dass sie eigentlich einen Satz gegeneinander spielen könnten, erzählte Djokovic. Zur Mini-Exhibition kommt es dann aber nicht.

«Mir tun die Zuschauer leid», äusserte Roger Federer Verständnis für deren Unmut. Der siebenfache Wimbledon-Sieger führte aus: «Sie kommen, um gutes Tennis zu sehen. Wenigstens haben sie zwei Spieler gesehen, die alles gegeben haben. Und andere, die das zumindest versucht haben.»

Serbia's Novak Djokovic, left, embraces Slovakia's Martin Klizan after winning their Men's Singles Match on day two at the Wimbledon Tennis Championships in London Tuesday, July 4, 2017 ...
Djokovic (links) und Kurzarbeiter Klizan.Bild: Alastair Grant/AP/KEYSTONE

Hauptsache, auf dem Platz stehen – egal in welcher Verfassung

Doch nicht nur Klizan und Dolgopolow traten angeschlagen zum Rasen-Highlight in London an. Insgesamt sieben Spieler gaben ihre Erstrunden-Partie auf – so viele wie zuletzt 2008. Mehr Aufgaben gab es in der Open-Ära in Wimbledon noch nie in der Startrunde.

Nun kursiert eine Theorie. Lädierte Spieler würden auf den Platz gehen, obwohl sie wüssten, dass sie kaum durchhalten würden. Denn wer antritt, kassiert auch das Preisgeld. Im Falle von Wimbledon sind das für eine Erstrunden-Niederlage 45'000 Dollar. «Viel Geld für jeden, der nicht in den Top Ten steht», stellte Federers Gegner Dolgopolow, die Nummer 84 der Welt, klar.

Das beste Beispiel dafür ist der Schweizer Henri Laaksonen (ATP 104). Er qualifizierte sich in Wimbledon zum ersten Mal in seiner Karriere für das Haupttableau eines Grand-Slam-Turniers – und verdoppelte dadurch beinahe sein Einkommen in diesem Jahr. Denn Laaksonen, der gestern in vier Sätzen an Lukas Rosol scheiterte, nahm seit Anfang 2017 Preisgeld in der Höhe von exakt 58'303 Dollar ein.

Andere Regel als auf der Tour

Natürlich kann niemand die Theorie des bewussten Aufgebens bestätigen. Dennoch wird bereits über eine Anpassung des Regelwerks diskutiert. Es soll an den vier Grand-Slam-Turnieren so werden wie auf der ATP-Tour. Dort erhält ein Spieler – an maximal zwei Turnieren im Jahr – auch dann Preisgeld, wenn er verletzt ist und kurzfristig nicht antreten kann. Seinen Platz erbt dann ein Lucky Loser aus der Qualifikation, die Turnier-Organisatoren können den Zuschauern so ein echtes Match anbieten.

«Ein Spieler sollte nicht auf den Court gehen, wenn er weiss, dass er die Partie nicht wird zu Ende spielen können», sagte Roger Federer. Gleichzeitig fügte er aber auch hinzu: «Natürlich stellt sich die Frage: Glaubt er tatsächlich daran, spielen zu können? Falls ja, dann ist es in Ordnung, dass er antritt. Andernfalls sollte er seinen Platz aber einem anderen Spieler überlassen.» Die ATP habe die Regeln entsprechend angepasst, vielleicht sollten die Grand-Slam-Turniere nachziehen, dachte Federer laut nach. Djokovic äusserte sich in die gleiche Richtung. Er unterstütze die neue Regelung auf der Tour.

Die besten Bilder aus Wimbledon

Federer: «Wunder geschehen»

Auch die Turnier-Ausrichter in Wimbledon denken bereits über eine Anpassung nach. Es müsse etwas getan werden, forderte Tim Henman in der BBC. Der ehemalige Top-Spieler sitzt im Vorstand des All England Club. «Wenn das Preisgeld so hoch ist, dann kann man verstehen, dass ein fürs Turnier qualifizierter Spieler seinen Anteil davon einstreichen will.» Das Problem ist für Henman eines, über das man reden müsse.

Niemand kann in den Kopf eines Spielers schauen, nur derjenige selber weiss, wie es ihm tatsächlich geht. Roger Federer, der in seiner langen Karriere noch kein einziges Match verletzt aufgab, ermunterte angeschlagene Kontrahenten schliesslich dazu, nicht gleich die Waffen zu strecken. Federers Ratschlag: «Wunder geschehen. Man weiss nie, was passiert. Vielleicht verknackst sich dein Gegner den Fuss und du kommst weiter.» Auch das Wetter könne einem helfen, wenn es umschlage und es zu einem für den Körper willkommenen Unterbruch komme. «Wir sind hier in Grossbritannien», sagte Federer und lächelte dabei, «da kommen immer wieder grosse, dicke Wolken …»

Video: reuters

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