«In Wimbledon habe ich Roger Federer im letzten Jahr einige Rackets vorbei gebracht», erzählt Ron Yu. «Plötzlich war ich alleine im Garten bei einem seiner Zwillingsmädchen, das auf einem Trampolin hüpfte. Das war ein Druck! Ich hoffte nur, dass ihr in diesem Moment nichts passiert.»
Der 47-Jährige und sein vier Jahre älterer Geschäftspartner Nate Ferguson haben eine Menge Anekdoten auf Lager. Sie tingeln als Racket-Bespanner der Tennis-Stars durch die Welt und verdienen dabei gutes Geld. Rund zwei Dutzend Spieler nehmen ihre Dienste in Anspruch.
Roger Federer bezahlt für den «Gold Service» 40'000 Dollar im Jahr. «Ich finde das sehr praktisch», sagt der 17-fache Grand-Slam-Sieger. Über den Daumen gepeilt wurden im Verlaufe der Karriere rund 120 Kilometer Saiten im Gesamtwert von etwa 150'000 Franken für seine Rackets verwendet.
Yu, Ferguson und ihre Mitarbeiter reisen mit dem Tenniszirkus um die Welt: Sie sind an jedem Grand-Slam-Turnier und an jedem Masters-1000-Event dabei. An den US Open ist die Firma Priority One zu viert. Die Bespanner gehen ihrer Arbeit in einem Hotelzimmer nach.
Vier Maschinen haben sie nach New York mitgebracht, es sind eigentlich veraltete Modelle, die nicht mehr produziert werden. «Wenn die einmal kaputt gehen, können wir uns pensionieren lassen», scherzt Yu.
Neun Rackets lässt Federer vor einem Match bespannen, mit genauen Vorgaben. «Er hat mir am Abend vor dem ersten Spiel ein SMS geschickt», erzählt Yu dem ‹New Yorker›. Federer wünschte, dass drei Rackets mit 26 Kilogramm bespannt werden, fünf mit 26,5 kg und eines mit 27 kg. «Je schneller die Spielbedingungen sind, desto härter lasse ich bespannen», sagte Federer einst der ‹Berner Zeitung›.
Pro Saison lässt Federer zwischen 700 und 1000 Schläger bespannen. Die Längssaiten jeweils aus eher weichem Darm, die Quersaiten aus hartem Kunststoff. Wenn neue Bälle ins Spiel kommen, tauscht er in der Regel auch seinen Schläger aus – sofern der Gegner der Aufschläger ist. Federer selber will bei «frischen» Bällen nicht mit einem neuen Schläger servieren.
Nate Ferguson kam einst als Schläger-Techniker von Pete Sampras auf die Tour. Federers Vorgänger als Dominator des Männer-Tennis war ein Perfektionist. «Wenn das Griffband auch nur einen Millimeter anders war als sonst, hat er es gemerkt», erinnert sich Ferguson.
Seine Kunden sind übrigens ausschliesslich Männer. «Frauen fragen zwar ab und zu an. Aber wenn ich ihnen sage, was es kostet, höre ich nichts mehr von ihnen.» Männer würden einerseits mehr Rackets einsetzen und seien andererseits detailverliebter. «Sie beschäftigen sich mehr mit ihren Arbeitsgeräten, den Schuhen, Schlägern, Saiten und Griffbändern.»
Federer nimmt die Dienste der Firma schon seit mittlerweile zehn Jahren in Anspruch. Nach einer «Probezeit» klopfte er 2004 am Abend nach seinem zweiten Wimbledon-Triumph an die Hotelzimmertür von Ferguson und Yu. Auf dem Weg ans Champions Dinner habe sie Federer im edlen Smoking wissen lassen, dass er sie fix engagiere, erzählen die zwei Amerikaner.
Im Verlaufe der Jahre habe er bestimmt schon 5000 Rackets von Federer bespannt, schätzt Ron Yu. Nebst den vereinbarten 40'000 Dollar im Jahr gibt es für ihn auch regelmässig eine kleine Geste vom «Tennis-Maestro», die er sehr schätzt: Schweizer Schoggi.