Hand aufs Herz: Hätte man Ihnen vor der WM folgende zwei Gruppen vorgelegt – wären Sie auf die Idee gekommen, dass die erste «Fraktion Europa» bereits nach den Vorrundenspielen die Segel streicht?
Die Tendenz nach der Gruppenphase ist eindeutig: Amerika dominiert, Europa ist präsent, Afrika enttäuscht und Asien landet irgendwo im Nirgendwo.
Nord- und Südamerika sind und bleiben unbeliebte Pflaster europäischer Mannschaften. Noch nie konnte eine von ihnen bei einer WM auf einem dieser beiden Kontinente den Titel gewinnen – und den statistischen Anzeichen nach wird sich auch in Brasilien nichts daran ändern. Acht der zehn nord- und südamerikanischen Teams haben sich für die Achtelfinals qualifiziert – Europa muss bereits jetzt sieben seiner dreizehn Teilnehmer zurück in der Heimat begrüssen.
Nicht so die Schweiz. Zusammen mit dem Nachbarn aus Frankreich haben die Eidgenossen die zwei lateinamerikanischen Konkurrenten aus Honduras und Ecuador hinter sich gelassen und dafür gesorgt, dass sich die WM nicht in eine verfrühte «Copa America» verwandelt. Als einziges Team überhaupt hat das Team von Ottmar Hitzfeld gleich zwei Einheimischen den Meister gezeigt. Nach dem Scheitern vieler europäischer Favoriten ein durchaus achtbarer Erfolg.
Komplett verkehrte Welt herrschte etwa in der Gruppe D: Italien und England mussten am eigenen Leibe erfahren, was der Begriff «Heimvorteil» unter den Latinos bedeutet. Die an die Hitze gewöhnten Mannschaften aus Costa Rica und Uruguay bodigten die vermeintlichen Riesen und zogen zusammen mit den USA, Argentinien, Gastgeber Brasilien, Mexiko, Chile und Kolumbien in die Achtelfinals ein – eine beeindruckende Dominanz der amerikanischen Kontinente.
Mit hohen Erwartungen reisten auch die fünf Mannschaften aus Afrika nach Brasilien. Allen voran die mit Stars gespickten Mannschaften aus der Elfenbeinküste, Ghana und Kamerun. Nigeria und Algerien wurden hingegen nur Aussenseiterchancen zugetraut.
Doch wie das Wort «Aussenseiterchancen» schon sagt, ein Weiterkommen ist für jene Teams nicht unmöglich. Während Didier Drogba, Samuel Eto'o, Kevin Prince Boateng – und wie sie alle heissen – bereits auf dem Heimweg sind, freut sich die Welt auf einen Verbleib der offensiv auftretenden «Fennecs» und der kämpferischen Nigerianer. Jetzt sollen kleinere Stars wie Islam Slimani und Emmanuel Emenike für afrikanische Freudentänze sorgen.
Ernüchternder fällt die Bilanz bei den Asiaten aus. Die drei angereisten Teams aus Japan, Südkorea und dem Iran und auch die unter asiatischer Flagge segelnden Australier sind alle kläglich gescheitert und belegen in ihren Gruppen jeweils den letzten Rang. Die triste Gesamtbilanz: Nicht einmal wenn alle asiatischen Punkte addiert würden (3 Punkte), könnte der grösste Kontinent der Welt ein Team unter den besten 16 stellen. Das Torverhältnis läge bei –16. Nach zwei Achtelfinalisten vor vier Jahren steht Asien heute mit leeren Händen da.