Syrien

Uno zum «Todeslager» Jarmuk: «Das schwärzeste Loch der Hölle»

Uno zum «Todeslager» Jarmuk: «Das schwärzeste Loch der Hölle»

Rund 16'000 Menschen sind in den Ruinen des Flüchtlingslagers Jarmuk gefangen und auf sich allein gestellt. Die Terrormiliz IS schneidet ihnen den Zugang nach Damaskus ab. Der Uno-Generalsekretär fordert nun Interventionen. 
10.04.2015, 00:4810.04.2015, 17:22
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Spiegel Online

«Wir können nicht einfach danebenstehen und zusehen, wie sich ein Massaker entwickelt»: Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon hat ein Einschreiten in dem von der Terrormiliz «Islamischer Staat» (IS) eroberten Flüchtlingslager Jarmuk gefordert.

Ban sagte am Donnerstag in New York, das Lager im Süden von Damaskus beginne, einem «Todeslager» zu ähneln. Die rund 16'000 Flüchtlinge, darunter 3500 Kinder, die in Jarmuk von der IS-Milizen überrannt wurden, seien im «schwärzesten Loch der Hölle».

Ban forderte ein Ende der Kämpfe und Zugang für humanitäre Hilfe. Flüchtlinge, die das Lager verlassen wollten, müssten freies Geleit bekommen. Der UN-Generalsekretär sagte, er habe einen Sondergesandten nach Syrien geschickt, der «mehr tun soll, als sich nur darauf zu konzentrieren, den politischen Prozess wieder in Gang zu bringen». Es sei eindeutig, dass der ursprüngliche Plan, die Feindseligkeiten in dem vier Jahre alten Konflikt einfach «einzufrieren», fehlgeschlagen sei.

UNO-Leute bot sich Anfang April ein schreckliches Bild rund um das Flüchtlingslager Jarmuk.
UNO-Leute bot sich Anfang April ein schreckliches Bild rund um das Flüchtlingslager Jarmuk.Bild: /AP/KEYSTONE

Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) hatte zuvor einen «sofortigen Zugang zum Flüchtlingslager» verlangt, um den notleidenden Menschen zu helfen. Die Lage in Jarmuk sei «alarmierend» und verschärfe sich von Tag zu Tag.

Die Dschihadistenmiliz hatte Jarmuk in der vergangenen Woche angegriffen. Sie nahm den Grossteil des Viertels im Süden der syrischen Hauptstadt ein. Jarmuk ist aus einem palästinensischen Flüchtlingslager hervorgegangen, es wurde über Jahrzehnte mit mehrstöckigen Häusern bebaut und gleicht einem normalen Stadtviertel.

Ein älteres Bild von Menschen des Flüchtlingslagers Jarmuk, die anstehen, um Essen zu bekommen.
Ein älteres Bild von Menschen des Flüchtlingslagers Jarmuk, die anstehen, um Essen zu bekommen.Bild: EPA/UNRWA HANDOUT

«Enge Koordination» zwischen syrischer Armee und Palästinensern

Seit Ende 2012 wurde Jarmuk von Kämpfen zwischen Rebellen, Regierungstruppen und palästinensischen Gruppen erschüttert. Die meisten Palästinensergruppen in Jarmuk lehnen die Regierung des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad ab.

Zum Schutz der Menschen in Jarmuk sind die Palästinenser nun aber offenbar bereit, mit der syrischen Regierung zusammenzuarbeiten und die Armee bei ihrem geplanten Einsatz gegen den IS in dem Viertel zu unterstützen. Es gebe eine «enge Koordination» zwischen beiden Seiten, sagte der Gesandte der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Ahmed Madschdalani, in Damaskus.

Der syrische Minister für nationale Versöhnung, Ali Haidar, hatte am Mittwoch nach einem Treffen mit dem Vertreter der PLO gesagt, die Regierung bereite sich auf einen Militäreinsatz vor, um die Dschihadisten aus Jarmuk zu vertreiben. «Unter den jetzigen Umständen ist eine militärische Lösung nötig», sagte er.

Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in Grossbritannien kamen seit Ausbruch der Kämpfe zwischen IS-Extremisten und Palästinensern vor einer Woche 47 Menschen ums Leben. Demnach griff auch die syrische Luftwaffe das Lager erneut an. Flugzeuge hätten am Mittwochabend elf Fassbomben über Jarmuk abgeworfen, erklärte die Organisation am Donnerstag.

In dem Stadtteil lebten zuletzt noch rund 16'000 der einst 160'000 Menschen, etwa 2000 Menschen konnten nach Ausbruch der jüngsten Kämpfe fliehen. Vielen Bewohnern in Jarmuk sind die Fluchtwege durch die Gefechte jedoch abgeschnitten.

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Seit dem Beginn der Kämpfe mit den Dschihadisten gelangten keinerlei Hilfslieferungen mehr in das Viertel. Einige Menschen, denen die Flucht gelang, berichteten von unaufhörlichem Granatbeschuss und Mangel an Trinkwasser und Lebensmitteln.

sun/AFP/dpa/AP

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