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Zum ersten Mal Deutschland gegen England – eine wunderbare Hassliebe beginnt

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Deutschland–England – die 7 denkwürdigsten Länderspiele
2010: Frank Lampard und Wayne Rooney nach der 1:4-Niederlage im WM-Achtelfinal. Ein regulärer Treffer Lampards wird nicht anerkannt.
quelle: epa / nuno veiga
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Zum ersten Mal Deutschland gegen England – eine wunderbare Hassliebe beginnt 

10. Mai 1930: Die DFB-Nationalelf misst sich zum ersten Mal mit den englischen Profis. Es passt, dass das Spiel mit einem spektakulären 3:3 endet – denn England gegen Deutschland wird in den kommenden Jahrzehnten zu einem der allergrössten Länderspiel-Klassiker. Das sind die 7 denkwürdigsten Momente.
10.05.2017, 00:0505.05.2017, 14:11
Ralf Meile
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1930: Die Première

Vier Mal spielte Deutschland schon gegen englische Amateur-Auswahlen. Doch nun steht erstmals ein Match gegen die Profis an – diese Partie zählen die FIFA und der englische Verband (anders als die Deutschen) als Première. In Berlin schiesst Joe Bradford die Engländer schon in der 8. Minute in Führung, welche Richard Hofmann ausgleichen kann.

Wieder schiesst Bradford die «Three Lions» in Front, erneut gelingt Hofmann der Ausgleich. Und nach einer Stunde liegen erstmals die Deutschen vorne – weil «König Richard» Hofmann sein drittes Tor erzielt. Da sind die Engländer nur noch zu zehnt auf dem Feld, weil sie einen Spieler wegen einer Verletzung verloren haben und es noch keine Auswechslungen gibt. Dennoch trifft David Jack zum Endstand von 3:3.

Tonlose Aufnahmen der Première.Video: YouTube/British Pathé

1966: Der Wembley-Final

England gewinnt zum ersten und bis heute einzigen Mal einen grossen Titel. Im eigenen Land schafft der Gastgeber den WM-Triumph 1966. Es ist ein Spiel, das besonders wegen eines Treffers ewig in Erinnerung bleiben wird. Geoff Hurst, der im Final einen Hattrick schiesst, schiesst den Ball in der Verlängerung an die Latten-Unterkante und von dort landet er hinter der Linie – oder nach deutscher Ansicht, darauf.

Der Basler Schiedsrichter Gottfried Dienst gibt das Tor nach Rücksprache mit seinem sowjetischen Linienrichter Tofik Bachramow. «Das wird nun wieder Diskussionen geben», seufzt der deutsche TV-Reporter Rudi Michel, und damit behält er recht. Noch in tausend Jahren wird darüber diskutiert werden, ob der Ball beim berühmtesten Tor der Fussball-Geschichte drin war oder nicht.

Die englische Zusammenfassung des Spiels.Video: YouTube/British Pathé

1990: Pearce, Waddle und der Beginn eines Elfmetertraumas

Auf dem Weg zum WM-Titel in Italien treffen Deutschland und England im Halbfinale aufeinander. Eine Bogenlampe bringt die Deutschen in Führung: Ein abgefälschter Freistoss von Andy Brehme erwischt Routinier Peter Shilton im englischen Tor auf dem falschen Fuss. Gary Lineker gleicht aus, es kommt zur Verlängerung in Turin, doch Tore fallen keine mehr.

So muss das Penaltyschiessen über den Einzug in den WM-Final entscheiden. Keine englische Spezialität, wie sich herausstellen sollte. Die ersten drei Schützen beider Teams treffen, dann tritt Stuart Pearce zum Duell mit Bodo Illgner an – und scheitert. Nachdem Olaf Thon auf 4:3 für Deutschland erhöht, ist die Reihe an Chris Waddle. Er donnert den Ball über das Tor, England ist ausgeschieden, Deutschland im Final und wenige Tage später Weltmeister.

Die Highlights der Partie.Video: YouTube/leroy1210

1996: Football's Coming Home – aber der Kübel bleibt nicht dort

30 Jahre nach der WM ist die EM in England und die «30 Jahre des Schmerzes und der Hoffnung» (Football's Coming Home) sollten endlich vorbei sein. Die Engländer trennen sich im Eröffnungsspiel 1:1 mit der Schweiz, ziehen dann trotzdem in die K.o.-Phase ein und treffen im Halbfinal auf Deutschland. Es ist angerichtet für ein denkwürdiges Spiel: Wembley, der alte Rivale, der Heimvorteil – was soll da noch schiefgehen?

Für viele der beste Fussball-Song aller Zeiten: «Three Lions» von Baddiel, Skinner und den Lightning Seeds.Video: YouTube/LightningSeedsVEVO

Es ist erneut diese verflixte Erfindung namens «Penaltyschiessen», die Englands Finaleinzug verhindert. Nach 120 Minuten und Toren der Goalgetter Alan Shearer und Stefan Kuntz steht es 1:1. Aus elf Metern treffen zunächst jeweils fünf Schützen, dann versagen Gareth Southgates Nerven und Andy Möller schiesst Deutschland in den Final. Dort holt Deutschland gegen Tschechien den Titel.

«Achtung! Surrender! For you Fritz ze Euro 96 iz over!», heisst es im englischen Boulevard provokativ. Die Krauts ziehen in den Final ein und werden gegen Tschechien Europameister.Video: YouTube/UEFA.tv

An das Versagen im Penaltyschiessen wird in der 1998er-Version des Hitsongs «Three Lions» erinnert. Er beginnt mit den flehenden Worten des Reporters: «Gareth Southgate: The whole of England is with you! … Oh it's saved!»

2000: Hamann und das letzte Tor im alten Wembley

Das 1923 in London erstellte Wembley-Stadion gehört zu den berühmtesten der Welt. Wenn einer wie Pelé es als «Kathedrale, Hauptstadt und Herz des Fussballs» bezeichnet, spricht das für sich. Doch das Stadion ist in die Jahre gekommen und wird deshalb abgerissen, an seinem Ort entsteht ein ebenfalls beeindruckender Neubau.

Zur Dernière kommt es ausgerechnet mit einem Spiel gegen den alten Rivalen. Und es ist ein Deutscher, der das allerletzte Tor im Wembley schiesst: Didi Hamann. Er schiesst mittels Freistoss den 1:0-Siegtreffer. Immerhin ist er gewissermassen auch Engländer: Seit 1998 spielt Hamann auf der Insel, bei Newcastle, Liverpool und Manchester City.

Der Rasen ist nass und der Schuss ein Aufsetzer, aber eigentlich muss David Seaman diesen Freistoss halten.Video: YouTube/Abdullah Khater

Fünf Jahre nach dem letzten Spiel wird ein Namen für eine Brücke zum neuen Wembley-Stadion gesucht. Scherzkekse lancieren den Namen «Dietmar Hamann Bridge» und dieser Vorschlag erhält prompt die meisten Stimmen. Dennoch wird sie nicht so getauft, was der Spieler selbst versteht: «Die Engländer sind gute Verlierer, gute Sportsmänner, sie haben auch einen guten Sinn für Humor», sagt Hamann. «Aber bei aller Liebe – so weit geht es dann doch nicht, dass sie es zulassen, dass sie diese Brücke ausgerechnet nach einem Deutschen benennen würden.»

2001: Die englische Sternstunde von München

Die letzte Partie im Wembley ist eine in der Qualifikation für die WM 2002 in Japan und Südkorea. So kommt es ein Jahr später in München erneut zu einem Pflichtspiel zwischen Deutschland und England – es wird einer der schönsten Siege in Englands Fussballhistorie.

Zwar bringt Carsten Jancker die DFB-Elf in Front – aber der grosse Star an diesem Abend heisst Michael Owen. Der 21-Jährige schiesst zunächst den Ausgleich und später zwei weitere Tore. Weil auch noch Steven Gerrard und Emile Heskey treffen, gewinnt England auswärts mit 5:1.

Fünf Mal schlägt es im deutschen Tor ein – alle Treffer erzielen Spieler des FC Liverpool.Video: YouTube/ClassicEngland

Im Sommer darauf in Asien wird England mehr zugetraut – doch die WM ist im Viertelfinal zu Ende. Die von Rudi Völler trainierten Deutschen ziehen dagegen dank drei 1:0-Siegen in Achtel-, Viertel- und Halbfinal bis in den WM-Final ein, den sie gegen Brasilien 0:2 verlieren. Die Leverkusener im DFB-Team sind damit innert wenigen Wochen Vize-Weltmeister, Vize-Champions-League-Sieger, Vize-Meister und Vize-Pokalsieger geworden.

2010: Die Rache für Wembley

Es ist ein begeisterndes Fussballspiel, das die Fans im südafrikanischen Bloemfontein zu sehen bekommen. Deutschland führt im WM-Achtelfinal dank Toren von Miroslav Klose und Lukas Podolski mit 2:0 und diese Führung ist verdient. Aber noch vor der Pause kann Matthew Upson überraschend verkürzen.

Nun ist England «on fire». Frank Lampard zieht ab, überwindet Manuel Neuer und via Lattenunterkante landet der Ball im Tor. Der Ausgleich, 2:2, wieder alles offen. Denken alle – und reiben sich Bruchteile später verwundert die Augen: Das Tor zählt nicht. Auf der FIFA-Website wird später im offiziellen Spielbericht lediglich von einem «erfolglosen Distanzschuss» die Rede sein …

Der Ball ist eindeutig im Tor nicht im Tor.Video: YouTube/Sir Tommy Pigeon Original

In der zweiten Hälfte bricht England ein und Deutschland kommt dank einer Doublette von Thomas Müller zum letztlich klaren 4:1-Sieg. Doch wer weiss, wie das Spiel ausgegangen wäre, wenn Lampards Tor gezählt hätte … Deutschland zerlegt danach Argentinien in seine Einzelteile, scheitert dann im Halbfinal aber am späteren Weltmeister Spanien.

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