«Das sind gute Zeiten für die Besitzer schlecht laufender
Hotels oder leerstehender Häuser. Viele von ihnen können umsteigen auf ein
einigermassen sicheres Geschäftsmodell: Ihre Immobilien an Flüchtlinge
vermieten», schrieb die FAZ. Oder: «Traglufthallen-Firma verzehnfacht Aufträge» titelte der Focus in seinem
Bericht über ein deutsches Unternehmen, das in der Produktion von
Schwimmbaddächern auf Flüchtlingsunterkünfte umgesattelt hat. Grundsätzlich gilt: Firmen und Organisationen unterschiedlichster Branchen steigern derzeit ihren Umsatz – auch in der Schweiz.
Hierzulande sind keine Hotels ausgebucht, Bund und Kantone müssen nur vereinzelt innert kürzester Zeit Notunterkünfte errichten. Wie jüngst in Basel greifen dabei einige auf Container der Firma ALHO zurück, das Unternehmen wollte jedoch keine aktuellen Zahlen kommunizieren.
«Im vergangenen Halbjahr konnten wir eine gewisse Zunahme kantonaler und bundesweiter Aufträge verzeichnen», sagt Reto Casutt, Generalsekretär der Securitas-Gruppe. In der Zukunft könne dies noch weiter zunehmen, da bislang im Vergleich mit anderen europäischen Ländern die Schweiz keinen starken Zuwachs an Flüchtlingen spüre. «Allerdings können diese Aufträge nicht die Verluste kaschieren, die wir aufgrund wegfallender Kunden im Zusammenhang mit der Frankenstärke einfahren», sagt Casutt.
Als Faustregel des Experten gilt: Die Betreuung der Flüchtlinge macht die Hälfte der Kosten aus, die sie verursachen. Dazu gehört die Sicherheit, aber auch zahlreiche andere Dienstleistungen, wie Bildungs- oder Beschäftigungsprogramme, administrative Aufgaben oder Rückkehrberatungen. Die Schweizer Firma ORS ist ein Generalunternehmen, welches diese Dienste leistet. Unlängst ist ORS in Kritik geraten, weil in einem Flüchtlingslager in Österreich Leute im Freien schlafen mussten, die Firma wies die Verantwortung dafür zurück.
Finanziell geht es dem Unternehmen blendend: «Die ORS setzte im Jahr 2014 65 Millionen Franken um, in Österreich 21 Millionen Euro und in Deutschland 4 Millionen Euro», sagt Sprecher Roman Della Rossa auf Anfrage. Die wirtschaftlichen Prognosen für das laufende Jahr sind gut: «Zurzeit geht die ORS – von den Betreuungsteams bis zur Personalabteilung – an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit», sagt Della Rossa weiter.
«Daneben gibt es noch zahlreiche kleinere Betriebe, die ihren Umsatz steigern können», sagt Stefan Frey von der Schweizer Flüchtlingshilfe. Dazu gehören beispielsweise Catering- oder Sanitär-Firmen, die für den Betrieb der Asylzentren sorgen.
Doch auch die Flüchtlingshilfe selbst «bemerkt eine steigende Aufmerksamkeit», sagt Frey. Damit ist das Hilfswerk nicht alleine: Die Glückskette hat seit dem Launch einer neuen Kampagne am Montag über 600’000 Franken an Spenden erwirtschaftet. Das war offenbar auch nötig: «Seit 2012 sind bei uns rund 23 Millionen Franken gespendet und in Flüchtlingszentren im Nahen Osten eingesetzt worden. Das Geld dafür droht jetzt aber auszugehen», sagt Sophie Balbo, Sprecherin der Glückskette.
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