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«Die Privatwirtschaft bietet immer weniger Führungsmöglichkeiten»

Kasernengespräch in Wangen an der Aare: Verteidigungsminister Ueli Maurer.
Kasernengespräch in Wangen an der Aare: Verteidigungsminister Ueli Maurer.Bild: KEYSTONE
Schweizer Armee

«Die Privatwirtschaft bietet immer weniger Führungsmöglichkeiten»

Verteidigungsminister Ueli Maurer ist überzeugt: Das Weitermachen im Militär zahlt sich auch heute noch aus.
01.10.2014, 04:47
 VON LORENZ HONEGGER
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Ein Artikel von
Aargauer Zeitung

Herr Maurer, wer früher in der Privatwirtschaft Karriere machen wollte, musste zwingend einen höheren Dienstgrad aus der Armee mitbringen. Heute spielt die militärische Führungserfahrung eine untergeordnete Rolle. Weshalb?

Ueli Maurer: Ich bin überzeugt, dass wir die Talsohle durchschritten haben. Unternehmen sind wieder zunehmend interessiert, Unteroffiziere und Offiziere anzustellen. Wir werden in den nächsten Jahren eine Renaissance der militärischen Kaderausbildung erleben.

Warum glauben Sie das?

Die Privatwirtschaft bietet immer weniger Führungsmöglichkeiten, vor allem für Junge. Wenn ein 20-Jähriger in der Armee 17 Wochen lang eine Gruppe führt, ist das eine Erfahrung, die er im Zivilen nicht so rasch machen kann. Er müsste vielleicht warten, bis er 30 oder 40 Jahre alt ist.

Diverse Studien relativieren die Bedeutung des Dienstgrades auf dem Stellenmarkt. Ärgert Sie das?

Ich ärgere mich nicht über Studien. Sie geben uns Gelegenheit, das Thema in der Öffentlichkeit zu diskutieren.

«Die Kaderausbildung in der Armee ist effizient, weil sie intensiv ist.»
Bundesrat Ueli Maurer

Wer weitermacht, sammelt Führungserfahrung, verliert aber viel Zeit. Warum soll sich das lohnen?

Die Kaderausbildung in der Armee ist effizient, weil sie intensiv ist. Für die gleiche Intensität benötigen Sie bei einer zivilen Ausbildung doppelt so viel Zeit. Wenn Sie an der Unternehmensspitze Leute wollen, die wissen, wie man fokussiert arbeitet und sich durchsetzt, ist das Militär immer noch etwas vom Besten.

Dennoch: Die verlorene Zeit kann ein Nachteil sein in der Karriere.

Ich spreche übers Jahr mit Hunderten Armeeangehörigen. Einige haben Angst, dass sie durchs Weitermachen etwas verpassen: einen Auslandaufenthalt, ein Jahr mehr im Unternehmen, Zeit mit der Freundin. Ich formuliere es jetzt bewusst provokativ: Diese Leute sehen den Nutzen der militärischen Ausbildung aus der Froschperspektive. Wenn ich mit unseren Kadern spreche, sagt mir fast jeder, er habe langfristig profitiert. Vielleicht zwei Prozent bereuen, dass sie weitergemacht haben.

Sie selber waren Major. Welchen Nutzen zogen Sie daraus?

In der Armee lernt man, routinemässig Entscheide zu fällen, Lagebeurteilungen zu machen und sich durchzusetzen. Von allen Ausbildungen hat mir das Militär am meisten gebracht.

«Meine Kinder waren etwas anders gepolt und verfolgten andere Karrieren. Wir haben nie darüber gesprochen.»
Bundesrat Ueli Maurer

Haben Sie Ihren Söhnen das Weitermachen empfohlen?

Meine Kinder waren etwas anders gepolt und verfolgten andere Karrieren. Wir haben nie darüber gesprochen.

Der Umgangston von militärischen Kadern gegenüber Soldaten ist rau. Ist das wirklich gefragt in der Privatwirtschaft?

«Routinemässig Entscheide fällen»: Maurer war Major.
«Routinemässig Entscheide fällen»: Maurer war Major.Bild: KEYSTONE

Ich sehe da kein Problem. Mit einem Mitarbeiter im Büro beispielsweise spricht man doch automatisch anders als mit einem Soldaten. Natürlich haben wir im Militär hin und wieder einen Problemfall, aber das ist im Zivilen nicht anders.

Letzte Frage: Können Sie uns aus dem Stand Namen von erfolgreichen Unternehmern und Managern mit militärischem Hintergrund nennen?

Spontan kommen mir zwei alte in den Sinn: Christoph Blocher und Josef Ackermann. Aber auch bei den jüngeren gibt es viele.

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