Mitten im Ostergeschäft streiken 1700 Amazon-Arbeiter in Deutschland. Ein Protokoll zeigt derweil, wie der Konzern seine Angestellten mit fragwürdigen Methoden unter Druck setzt.
01.04.2015, 10:2301.04.2015, 12:11
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In Bad Hersfeld ging der Streik in der Nacht auf Sonntag los.Bild: EPA/DPA FILE
Die Angestellten von Amazon in Deutschland haben einmal mehr ihre Arbeit niedergelegt. Die Gewerkschaft Verdi, die Anfang Woche zum Streik aufgerufen hat, will das Ostergeschäft ins Stocken bringen und den Internetgiganten unter Druck setzen.
«Die Beschäftigten werden nicht wie Menschen, sondern wie Roboter behandelt.»
Gewerkschafts-Chef Frank Bsirske
Betroffen sind sechs deutsche Verteilerzentren, von denen auch die Schweiz beliefert wird. Laut Gewerkschaft legten 1700 der 10'000 Amazon-Angestellten ihre Arbeit nieder, das Unternehmen hingegen spricht von einer «sehr zurückhaltenden Streikbeteiligung». Gestern Abend kündigte Verdi an, die Massnahme, die bis Dienstag dauern sollte, bis Gründonnerstag zu verlängern.
Verdi kritisiert die Arbeitsbedingungen und fordert einen Gesamtarbeitsvertrag – doch der Konzern sperrt sich. Ein Streit, der nun schon seit zwei Jahren tobt. «Wir geben keine Ruhe, solange es keine Tarifverträge gibt», sagt der Verdi-Vorsitzende Frank Bsirske. Der Leistungsdruck sei enorm. «Die Beschäftigten werden nicht wie Menschen, sondern wie Roboter behandelt», so Bsirske.
Amazon beruft sich darauf, dass er «sehr wettbewerbsfähige Löhne» zahle und in Deutschland seit seinem Start vor 16 Jahren 12'500 Stellen geschaffen habe.
Ein Angestellter an einer Demo in Leipzig im Oktober 2014. Bild: EPA/DPA
Vorwurf: Amazon überwacht Arbeiter systematisch
Ein Dokument, das Verdi der Welt vor zwei Wochen zugespielt hat, zeigt, wie es um die Arbeitsbedingungen steht: Es legt nahe, dass Angestellte minutengenau überwacht werden. In diesem Fall wurden bei einer Mitarbeiterin mehrere inaktive Phasen zwischen einer und neun Minuten festgehalten.
«Die Mitarbeiterin war von 08.15 bis 08.17 (2 min) inaktiv.»
Inaktivitätsprotokoll von Amazon
Am Schluss steht, die Mitarbeiterin hätte ihre «arbeitsvertragliche Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung verletzt». Sie hätte die Unterbrechungen ihrer Arbeit ihrem Manager anzeigen müssen. Für die Gewerkschaft ist klar: Mit solchen Mitteln übt Amazon Druck auf die Beschäftigten aus.
Dieses Dokument zeigt, wie Amazon seine Angestellten überwacht. Es handle sich um einen Einzelfall, wehrt sich der Versandhändler.Bild: Ver.di
Verdi wirft Amazon auch vor, die Arbeiter systematisch zu überwachen. Über den mobilen Handscanner, der die Angestellten mit sich herumtragen, könne ihre Aktivität genau nachverfolgt werden.
Amazon weist die Anschuldigungen entschieden zurück. Bei dem besagten Protokoll habe es sich um einen Einzelfall gehandelt, bei dem ein Vorgesetzter fehlerhaft gehandelt habe. Der Vorfall liege über ein Jahr zurück. «Natürlich sind Verweise wegen Arbeitsunterbrechungen von ein bis zwei Minuten absurd, und dieser Hinweis wurde bereits vor rund einem Jahr aus der Personalakte des Mitarbeiters entfernt», erklärt sich das Unternehmen im Tagesspiegel.
«Wir geben keine Ruhe, solange es keine Tarifverträge gibt.»
Gewerkschafts-Chef Frank Bsirske
«Es kommt nicht zu Verzögerungen»
Es komme trotz allem nicht zu Verzögerungen im Ostergeschäft, hält Amazon fest. Man greife auf das ganze europäische Netz von 28 Standorten zurück, damit die Kunden sicher ihre Ware bekommen.
Stefan Najda von Verdi bezweifelt dies: «Natürlich haben unsere Streiks Auswirkungen auf die Liefergarantie von Amazon. Wir haben Testkäufe gemacht vor Weihnachten, die verspätet ankamen», sagt er zur Welt.
(Mit Material der Nachrichtenagentur SDA)
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