Wirtschaft
Digital

Bauen wir eine Welt, die nicht mehr für uns gemacht ist?

Eine Zukunft mit Schrecken?
Eine Zukunft mit Schrecken?

Bauen wir eine Welt, die nicht mehr für Menschen gemacht ist?

Die Vulgarität und Brutalität des US-Wahlkampfes sind ein Zeichen dafür, dass wir vom technischen Fortschritt überfordert sind.
13.10.2016, 10:5113.10.2016, 21:24
Mehr «Wirtschaft»

Donald Trump hat uns zuerst amüsiert, dann irritiert und jetzt macht er uns nur noch Angst. Wie ist es möglich, dass so viel Vulgarität und Brutalität, angereichert mit Dummheit und Lügen so viel Wirkung entfalten können? Warum ist die älteste Demokratie der Welt im Begriff, sich selbst zu demontieren?

Joseph Schumpeter und die Folgen

Eine überraschende, aber leider auch plausible Antwort auf diese Frage hat ein Risikokapital-Geber aus dem Silicon Valley dem «New York Times»-Kolumnisten Roger Cohen gegeben. Sie lautet: «Wir designen eine Welt, die nicht mehr zu den Menschen passt.»  

Joseph Schumpeter hat den Begriff «schöpferische Zerstörung» geprägt.
Joseph Schumpeter hat den Begriff «schöpferische Zerstörung» geprägt.

Der Ökonom Joseph Schumpeter hat einst den Begriff «schöpferische Zerstörung» geprägt. Er verstand darunter das Phänomen, dass Neues nur dann entsteht, wenn Bewährtes untergeht. Für Schumpeter sind deshalb Unternehmer und Manager die Treiber des Fortschrittes, weil sie – angestachelt vom Wunsch nach Rendite – permanent alte Strukturen zerschlagen.  

Wir machen Dinge kaputt

Im Silicon Valley hat der Begriff «schöpferische Zerstörung» inzwischen eine Dimension erhalten, die das bisher Gültige weit in den Schatten stellt. «We break stuff» (Wir machen Dinge kaputt), lautet etwa das Motto bei Facebook. Das ist positiv gemeint, genauso wie der Begriff «Disruption», der Schumpeters «schöpferische Zerstörung» ersetzt hat.

Selbst gelenkte Autos, Drohnen und sprechende Smartphones sind fast über Nacht entstanden und bedrohen nun Bewährtes. Jobs werden nicht mehr in Schwellenländer ausgelagert, sondern von Maschinen erledigt. Die Ökonomen rechnen uns vor, wie viele Arbeitsplätze wann verloren gehen. Derweil schwärmen die Wissenschaftler von einer künstlichen Superintelligenz, welche die menschliche bald um ein Vielfaches übertreffen wird.  

POMONA, CA - JUNE 06: Team Tartan Rescue's CHIMP (CMU Highly Intelligent Mobile Platform) robot competes in the Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA) Robotics Challenge at the Fairple ...
Ein Roboter für die Militärs.Bild: Getty Images North America

All dies ist rasend schnell geschehen – das iPhone ist noch nicht einmal zehn Jahre alt – und wird von einem gewaltigen Medienrummel begleitet. Jedes Lokalradio macht inzwischen Spezialsendungen zur Digitalisierung. Wer kann da von sich noch behaupten, er hätte noch den Überblick? Schon Dreissigjährige haben Angst, von Zwanzigjährigen verdrängt zu werden.

Macht uns der Fortschritt wieder zu Sklaven?

Der technische Fortschritt hat unser Leben gewaltig verbessert. Wie der US-Wirtschaftshistoriker Robert Gordon in seinem Buch «The Rise and Fall of American Growth» bestechend nachgewiesen hat, haben heute fast alle Menschen in den entwickelten Ländern dank Erfindung wie Strom, Verbrennungsanlagen und sanitären Anlagen ein humanes Leben. Zuvor war dies das Privileg eine schmalen Elite gewesen.

Jetzt droht die Gefahr, dass der technische Fortschritt die Menschen wieder zu Sklaven macht. Der bekannte Ökonom Taylor Cowen beispielsweise spricht bereits von einer künftigen Welt, in der die grosse Mehrheit der Menschen wieder ein Leben führen wie im alten Rom. Sie haben keine regelmässige Arbeit, ernähren sich von Junk Food und unterhalten sich mit stumpfsinnigen Video-Games.  

Wir brauchen eine neue Wirtschaftsordnung

Zusammen mit Oliver Fiechter habe ich kürzlich ein Buch mit den Titel «Der Aufstieg der digitalen Stammesgesellschaft» veröffentlicht. Darin vertreten wir die These, wonach wir den technischen Fortschritt brauchen, um Probleme wie Klimaerwärmung und wachsende Ungleichheit in den Griff zu bekommen. Das kann jedoch nur dann gelingen, wenn sich die Digitalisierung mit einer neuen Wirtschaftsform verbindet, die nicht mehr von der Jagd nach Rendite, sondern vom Tausch geprägt ist.  

Was wir jedoch derzeit erleben ist, dass sich der technische Fortschritt mit einer Wirtschaftsordnung paart, die zwar den Mangel beseitigt hat, aber den Überfluss nicht managen kann. Unter den bestehenden Verhältnissen des Renditezwangs wird Schumpeters «schöpferische Zerstörung» zu einer gedopten Disruption, in der Dinge sinnlos zerstört werden.  

Supporters of Republican U.S. presidential nominee Donald Trump reacts at a campaign rally in Panama City, Florida, U.S., October 11, 2016. REUTERS/Mike Segar
Donald Trump, Vorbote einer neuen Techno-Diktatur? Bild: MIKE SEGAR/REUTERS

Das hat politische Konsequenzen. Eine solche Wirtschaftsordnung lässt sich langfristig nicht mehr mit einer Demokratie verbinden. Es entsteht eine Welt, die tatsächlich nicht mehr für Menschen gemacht ist. So gesehen sind die Vulgarität und Dummheit eines Donald Trump erst harmlose Vorboten.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
53 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Der grüne Diktator
13.10.2016 11:19registriert Oktober 2016
Ich fände es toll wenn mir eine Maschine die Arbeit wegnehmen würde damit ich meinen Träumen nachgehen könnte :D

Dazu bräuchte ich aber das Grundeinkommen...
697
Melden
Zum Kommentar
avatar
Lowend
13.10.2016 11:15registriert Februar 2014
Früher hatten die Staaten noch die Möglichkeit, der Wirtschaft Grenzen zu setzen und die Regeln zu bestimmen, doch in der heutigen Zeit der supranationalen Grosskonzerne belächeln diese den Staat und damit unsere Demokratien nur noch, denn nur schon wenn wir Schweizer z.B. ein Gentech-Moratorium o.ä. beschliessen, reagieren die Unternehmen nicht mehr damit, dass sie ihre Forschung und Produktion einstellen, sondern sie verlagern sie in's benachbarte Ausland, wo unsere Gesetze nicht mehr gelten und darum sind die nationalstaatlichen Demokratien heute zu Befehlsempfängern der Konzerne geworden.
665
Melden
Zum Kommentar
avatar
The Destiny // Team Telegram
13.10.2016 11:46registriert Mai 2014
Was ist das für ein abartig grosser Werbeblock!? Ist ja fast schon wie auf irgendeinem Dieser Trend Blogs am Schluss.

On-topic: Es gibt da einen guten wissenschaftlichen-philosophischen Text, ich versuche den mal als Link aufzutreiben.
Bauen wir eine Welt, die nicht mehr für Menschen gemacht ist?
Was ist das für ein abartig grosser Werbeblock!? Ist ja fast schon wie auf irgendeinem Dieser Trend Blogs am Schluss.

On-topic: Es gi ...
480
Melden
Zum Kommentar
53
Netflix erhöht die Preise in der Schweiz – und zwar nicht nur «es bitzli»
Netflix feiert in der Schweiz sein 10-jähriges Bestehen. Um diesen Erfolg zu feiern, hat der Streaming-Gigant beschlossen, die Preise für seine drei Abonnements massiv zu erhöhen: bis zu 12 Prozent, und um 8 Prozent für das billigste.

Das teuerste Netflix-Abo ist nicht teuer genug: Der Marktführer und bereits teuerste Streaming-Anbieter der Schweiz erhöht erneut seine Preise – um bis zu 12 Prozent, wie der Online-Vergleichsdienst Moneyland.ch am Mittwoch berichtete.

Zur Story