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Die Hatz auf Mueller wird zur Gefahr für die US-Demokratie

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Trump will ihn weghaben: Sonderermittler Robert Mueller.Bild: EPA/EPA

Die Hatz auf Mueller wird zur Gefahr für die US-Demokratie

Donald Trump und die rechtskonservativen Medien wollen den Sonderermittler um jeden Preis loswerden. Droht den USA ein Staatsstreich?
12.12.2017, 13:4013.12.2017, 05:40
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Newt Gingrich ist einer der führenden Vordenker der rechtskonservativen Szene. Als bekannt wurde, dass Robert Mueller den Auftrag erhalten hatte, als Sonderermittler die russischen Einmischungen in die amerikanischen Wahlen zu untersuchen, war er begeistert. Es sei eine ausgezeichnete Wahl, twitterte Gingrich damals. Muellers «Ruf ist unanfechtbar, was Ehrlichkeit und Integrität betrifft. Die Medien sollten sich jetzt beruhigen.»  

«Mueller ist korrupt. Die Führung des FBI ist korrupt. Das System ist korrupt.»
Newt Gingrich

Diese Einschätzung wurde damals auf breiter politischer Front geteilt. Kein Wunder: Robert Mueller schien unangreifbar zu sein. Er ist ein hochdekorierter Offizier bei den Marines. Er hat das FBI nach 9/11 wieder zu einer glanzvollen Institution gemacht. Er ist Mitglied der Republikanischen Partei, wird aber auch von den Demokraten geschätzt und hat unter Präsidenten beider Parteien gedient. Viel mehr Ruhm und Unabhängigkeit geht nicht.  

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Der Präsident und sein Wadenbeisser: Donald Trump und Newt Gingrich.Bild: AP/AP

Müsste man meinen. Doch heute tönt es bei Gingrich ganz anders. Fast täglich zieht er nun auf Fox News über den Sonderermittler her. «Mueller ist korrupt», tobt er. «Die Führung des FBI ist korrupt. Das System ist korrupt.»  

«Mr. Mueller hat zu viele Interessenskonflikte und sollte zugunsten einer vertrauenswürdigeren Person zurücktreten.»
«Wall Street Journal»

Ein grosser Teil der Fox-News-Mannschaft rennt hinter Gingrich her. Sean Hannity wütet inzwischen täglich gegen Mueller, der Sicherheitsanalyst des Senders, Gregg Jarrett, hat das FBI gar mit dem ehemaligen sowjetischen Geheimdienst KGB verglichen. Selbst das konservative, aber meist noch nach journalistischen Kriterien arbeitende «Wall Street Journal» macht bei der Hatz auf Mueller mit. «Mr. Mueller hat zu viele Interessenskonflikte und sollte zugunsten einer vertrauenswürdigeren Person zurücktreten», forderte das Blatt kürzlich.  

FBI Director Christopher Wray is sworn in to testify during a House Judiciary hearing on Capitol Hill in Washington, Thursday, Dec. 7, 2017, on Oversight of the Federal Bureau of Investigation. (AP Ph ...
Musste vor dem Justizausschuss antraben: der neue FBI-Direktor Christopher Wray.Bild: AP/AP

Nicht nur Mueller, selbst das FBI – nicht eben bekannt als linksextreme Organisation – gerät unter Beschuss des rechtskonservativen Lagers. Der von Trump kürzlich ernannte FBI-Direktor Christopher Wray wird ebenfalls heftigst attackiert. Wie zu Zeiten des berüchtigten Kommunistenjägers Joseph McCarthy in den Fünfzigerjahren musste er sich vor dem Justizausschuss des Abgeordnetenhauses rechtfertigen und zu einzelnen Mitarbeitern Auskunft geben. Es war ein erbärmliches und erschreckendes Schauspiel.  

Warum flippen der Präsident und seine Getreuen im rechtskonservativen Lager aus? Der Sonderermittler nähert sich immer mehr dem inneren Kreis von Trump und seiner Familie. Dabei hatten dessen Anwälte versprochen, die Untersuchung werde an Thanksgiving vorbei und er von allen Anschuldigungen freigesprochen sein. Jetzt haben sie den Termin auf Weihnachten verschoben.  

«Wir sind näher am Abgrund, als wir gewillt sind, es uns vorzustellen.»
E.J. Dionne Jr.

Auch daraus wird wohl nichts werden. Seit der ehemalige Sicherheitsberater Michael Flynn gestanden hat, das FBI angelogen zu haben und höchstwahrscheinlich dem Sonderermittler als Kronzeuge zur Verfügung steht, ist die Lage für den Präsidenten ungemütlich geworden. Die Indizien mehren sich, dass er bei der Entlassung Flynns ebenfalls nicht die Wahrheit gesagt hat. Das könnte ein wichtiger Bestandteil der Untersuchung und als Beweis dafür gewertet werden, dass Trump versucht hat, die Arbeit des FBI zu beeinträchtigen.  

Pedantisch fügt Mueller ein Mosaiksteinchen nach dem anderen zusammen. Auch in Sachen Zusammenarbeit zwischen dem Trump-Team und den Russen kommen regelmässig neue, für den Präsidenten unangenehme Fakten ans Tageslicht. Ebenso erhärtet sich der Verdacht, dass Trump und sein Schwiegersohn Jared Kushner in dubiose Geschäfte mit Russen verwickelt sein könnten. Die Deutsche Bank – wegen Geldwäschereigeschäften mit Russland bereits zu einer 700-Millionen-Dollar-Strafe verbrummt – soll gemäss verschiedenen Medienberichten von Mueller vorgeladen werden.  

President Donald Trump takes to the stage at a campaign-style rally at the Pensacola Bay Center, in Pensacola, Fla., Friday, Dec. 8, 2017. (AP Photo/Susan Walsh)
Trump heizt seine Anhänger am Rally in Pensacola an.Bild: AP/AP

Trump reagiert heftig, wenn ihm Mueller zu nahe kommt. Regelmässig klagt er, Opfer einer «Hexenjagd» zu sein. Das Justizsystem sei gegen ihn «voreingenommen», wettert er an einem Wähleranlass in Pensacola (Bundesstaat Florida). Er lässt zudem keine Gelegenheit aus, ebenfalls auf Mueller einzudreschen.

Als Vorwand dient ihm dabei der Fall des FBI-Agenten Peter Strzok. Dieser war von Mueller entlassen worden, weil er Tweets mit Trump-kritischem Inhalt an seine Freundin verschickt hatte. Ausgerechnet das wird nun als Beweis dafür vorgebracht, dass Mueller voreingenommen sei.  

epa06362059 Former National Security Advisor Michael Flynn (R) exits the E. Barrett Prettyman Federal Courthouse in Washington, DC, USA, 01 December 2017. Flynn pleaded guilty to lying to the FBI rega ...
Hat wahrscheinlich die Seite gewechselt: Michael Flynn.Bild: EPA/EPA

Die Heftigkeit der Attacken und die dünne Beweislage haben das liberale Lager aufgeschreckt. Die Angst geht um, dass Trump auf Biegen und Brechen die Untersuchung abwürgen und Mueller entlassen will. Das wäre eine schwere, in der jüngeren amerikanischen Geschichte nicht gekannte Verfassungskrise. Die Trennung von Justiz und Politik gilt in den USA als heilig. Selbst Richard Nixon hat sich daran gehalten.  

Bei Trump ist das nicht mehr gegeben. In den geachteten Publikationen wie «New York Times», «The Atlantic» oder «Foreign Policy» mehren sich die warnenden Stimmen. Auf den Punkt bringt es E.J. Dionne Jr. in der «Washington Post». Er warnt vor einem Staatsstreich: «Trump selbst hat uns in Pensacola klar erklärt, dass er alles unternehmen wird, um an der Macht zu bleiben» schreibt Dionne. «Wir sollten das ernst nehmen. (...) Wir sind näher am Abgrund, als wir gewillt sind, es uns vorzustellen.»

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66 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Snowy
12.12.2017 14:06registriert April 2016
Denke nicht, dass Trump Mueller entlassen wird.

Der Grund hierfür ist allerdings genauso tragisch:
Es kann ihm schlicht egal sein!
Trump muss sich - egal was Mueller für Dreck findet - nicht davor fürchten.
Er wird auch weiterhin hinstehen können und von Fake-News und von einer Hexenjagd auf seine Person erzählen. Allfällige Beweise wird er für gefälscht halten etc.
Seine Basis glaubt ihm schlicht ALLES wie die letzten Tage rund um den Senatsanwärter Moore gezeigt haben. Es geht schon lange nicht mehr um Fakten sondern nur noch darum, dass die richtige Seite gewinnt. So fangen Kriege an...
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Lukas Figliuolo
12.12.2017 14:15registriert März 2017
Putins Plan scheint aufzugehen. Wenn das in diesem Stile weitergeht und Trump Mueller wirklich feuert ist für mich das Vertrauen in das politische System der USA endgültig weg. Europa sollte sich an anderen orientieren und geeint sein, als weiterhin dieser Bananenrepublik zu folgen.
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rodolofo
12.12.2017 14:18registriert Februar 2016
Gutes Bild von Trump und Ginghrich, das Löpfe da für seinen Artikel ausgewählt hat!
Es zeigt zwei aus der Muppet-Show entlaufene Monster...
Entweder diese US-Amerikaner sind bereits komplett übergeschnappt, oder sie haben vom vielen Gentechnologie-Food ein Matschhirn bekommen.
Oder sie haben zu viel von dem berühmten "Englischen Humor", der alles Absurde und exzentrisch auf die Spitze Getriebene liebt und auch noch kultiviert!
So, oder so läuft da drüben jenseits des Atlantiks etwas gewaltig schief!
Ich hoffe, Bluthund Mueller wird die in die Enge getriebene Wildsau bald aufspüren!
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