Am Wochenende lobte Donald Trump an einer Mäzenenveranstaltung den chinesischen Präsidenten Xi Jinping dafür, dass er dank einer Änderung der Verfassung Präsident bis ans Lebensende bleiben kann. «Das ist super», so Trump. «Vielleicht sollten wir das bei uns auch Mal versuchen.»
Es soll als Witz gemeint gewesen sein, beschwichtigte das Weisse Haus den Vorfall, als CNN ihn öffentlich machte. Doch vielen Anwesenden ist das Lachen im Hals stecken geblieben. Dass Trump kein Verständnis für die demokratischen Spielregeln hat und noch so gerne absolutistischer Herrscher spielen würde, bezweifelt kaum jemand. Zum Glück stellt er sich dabei sehr ungeschickt an und wird bisher vom amerikanischen System der «checks and balances» unter Kontrolle gehalten.
Xi Jinping hingegen ist sehr viel erfolgreicher unterwegs in Richtung absolutistischer Herrschaft. An der Heimatfront hat er die allmächtige Kommunistische Partei Chinas fest im Griff und mit einer umfassenden Anti-Korruptions-Kampagne alle Gegner ausgeschaltet.
Der ehemalige Steinzeitkommunismus hat sich derweil in eine dynamische Wirtschaft mit führenden High-Tech-Unternehmen verwandelt. Hunderte von Millionen Menschen, die einst in bitterster Armut lebten, können heute ein vergleichsweise behagliches Mittelstandsleben führen.
Deng Xiaoping, der Vater des Wirtschaftswunders, hat stets gepredigt, China solle den Ball in der Aussenpolitik flach halten. Unter seiner Führung liess China seine Muskeln auf der geopolitischen Bühne nicht spielen, sondern baute still und emsig im Windschatten der Supermacht USA seine Wirtschaft auf.
Xi hingegen knüpft an die Tradition von Mao Zedong an. Dieser wollte einst Chinas Kommunismus-Modell zum Vorbild für alle Länder machen. Ausser einem roten Büchlein mit banalen Propaganda-Sprüchen und ein paar verlorene Anhängern, die verdutzten Arbeitern an Fabriktoren Flugblätter mit wirrem Inhalt in die Hand drückten, hatte Mao nichts zu bieten.
Der aktuelle chinesische Präsident hingegen verfügt über ganz andere Mittel. Die prall gefüllten Kassen der chinesischen Staatsbank machen es möglich, dass China das Schweizer Vorzeigeunternehmen Syngenta kauft oder sich mit zehn Prozent am deutschen Vorzeigeunternehmen Mercedes beteiligt.
Maos Steinzeitkommunismus wurde belächelt. Wenn Xi davon spricht, China zum digitalen Vorzeigeland des 21. Jahrhunderts zu formen, lacht niemand.
Auch die aussenpolitischen Ambitionen Pekings werden ernst genommen. «China bietet für andere Länder Optionen an, wenn es darum geht, ihre wirtschaftliche Entwicklung zu beschleunigen, ohne dabei ihre Unabhängigkeit zu verlieren», erklärte Xi im vergangenen Jahr. Mit dem Programm «One Belt, One Road» – gelegentlich auch «neue Seidenstrasse» genannt – hat China den Worten Taten folgen lassen und einen Entwicklungsschub ausgelöst, der weit über das legendäre Marshall-Programm der Amerikaner nach dem Zweiten Weltkrieg hinausgeht.
Trump äussert sich in den höchsten Tönen über Xi. Er bezeichnet ihn als «grossen Gentleman» und als «mächtigsten Präsidenten der letzten 100 Jahre». Er unternimmt dabei alles, um Xi gut aussehen zu lassen.
So ist der US-Präsident im Begriff, einen Handelskrieg vom Zaun zu brechen, den selbst die überwiegende Mehrheit der Ökonomen im eigen Land für idiotisch hält. Zudem riskieret er damit, seine engsten Verbündeten und wichtigsten Handelspartner vor den Kopf zu stossen.
Xi hingegen liess sich vor Jahresfrist in Davos als Schutzherr des Welthandels feiern. Gleichzeitig betonen chinesische Offizielle bei jeder sich bietenden Gelegenheit, Peking würde niemals versuchen, sein Erfolgsmodell anderen Ländern aufzuzwingen.
Derweil gibt sich Trump alle Mühe, das amerikanische Modell in Verruf zu bringen. Das Weisse Haus ist zu einem Saustall geworden, zerfressen von Intrigen und Machtkämpfen. Scharenweise verlassen hochrangige Mitglieder die Regierung, während der Präsident einen ausweglosen Streit mit seinem Justizminister angezettelt hat.
Aussenminister Rex Tillerson hat Trump längst ins Abseits gestellt, und im Aussenministerium sind rund ein Drittel der Stellen nicht besetzt. In der Handelspolitik liegen sich sein wirtschaftlicher Berater Gary Cohn und sein Handelsberater Peter Navarro in den Haaren.
Mit heimlicher Freude dürfte Xi auch verfolgt haben, wie Trump den Freihandelsvertrag TPP erledigt und damit China in Asien freie Hand verschafft hat. Sollten die USA tatsächlich Strafzölle für deutsche Autos verhängen, dann wird der Segen in der einstigen Musterehe Deutschland-USA mehr als schief hängen.
Der amerikanische Handelsökonom Dani Rodrik hat ein bekanntes Trilemma formuliert, in dem sich alle Staaten des 21. Jahrhunderts befinden. Es lautet: Ein Land kann nicht gleichzeitig demokratisch sein, an der globalisierten Wirtschaft teilnehmen und selbstbestimmt bleiben. Es muss sich für zwei der drei Optionen entscheiden.
Präsident Xi hat sich gegen die Demokratie entschieden und beschlossen, China in eine Art Hi-Tech-Diktatur umzuformen. Im ehemaligen Kaiserreich befindet sich ein solches Unterfangen durchaus im Gleichklang mit der Geschichte.
Präsident Trump hingegen hat sich in seinem «Make-America-Great-Again»-Wahn entschieden, die Selbstbestimmung über alles zu erheben. Dass dabei Demokratie und die globalisierte Wirtschaft vor die Hunde gehen, kümmert ihn offenbar nicht.