Donald Trump war bisher ein politisches Glückskind. Dank glücklichen Umständen gewann er eine Präsidentschaftswahl. Als er sein Amt antrat, setzte die Weltwirtschaft zu einem synchronen Aufschwung an und die Aktienmärkte zu einer Rekordhausse. Trump konnte sich in ein gemachtes ökonomisches Bett legen und eigentlich nichts falsch machen.
Gentlemen geniessen bekanntlich – und schweigen. Trump hingegen schweigt nicht, er prahlt: 54 Mal verkündete er lauthals, dass er für den Aktienboom, für die tiefe Arbeitslosigkeit und die steigenden Löhne höchstpersönlich verantwortlich sei.
Janet Yellen, die Ex-Präsidentin der US-Notenbank, hat mit ihrer umsichtigen Geldpolitik viel für den Aufschwung geleistet. Trump schickte sie in die Wüste und ersetzte sie durch den von ihm gewählten Jay Powell.
Natürlich ist es Zufall, dass die Börse am ersten Tag nach Yellen crashte, aber es ist auch so etwas wie poetische Gerechtigkeit. Es zeigt, dass Präsident Trump derzeit nackt dasteht. Der Trump-hörige TV-Sender Fox News hat zwar während seiner gestrigen Rede in Cincinnati den Börsenticker ausgeblendet. Den Rekordabsturz von 1’175 Punkten konnte er damit nicht zum Verschwinden bringen.
Trump ist für diesen Absturz mitverantwortlich, nicht nur seiner Prahlereien wegen. Seine mit Hängen und Würgen durch den Kongress geboxte Steuerreform kommt zum dümmstmöglichen Zeitpunkt. Die Steuergeschenke werden die bereits brummende Wirtschaft zum Überhitzen bringen.
Die steigenden Löhne – ironischerweise Trumps grösster Erfolg – werden die Inflation anheizen und die Notenbank zur Erhöhung der Leitzinsen zwingen. Unter dem Strich bleibt damit ein um 1,5 Billionen Dollar erhöhtes Staatsdefizit, was die Hardliner in der eigenen Partei auf die Barrikaden und die Zinsen ebenfalls in die Höhe treiben wird.
Auch politisch steht Trump im Gegenwind. Mit viel Aufwand wurde wochenlang ein Memorandum des republikanischen Abgeordneten Devin Nunes gehypt. Es werde ein für alle Mal zeigen, dass Trump tatsächlich das Opfer einer politischen Hexenjagd von FBI und dem «deep state» sei, wurde im Vorfeld von den konservativen Medien und Republikaner verkündet.
Das am letzten Freitag veröffentlichte Geheim-Memo hat sich als veritabler Rohrkrepierer erwiesen. Nunes musste kleinlaut eingestehen, dass nicht das berühmt-berüchtigte Steele-Dossier den Anstoss zur Untersuchung der Russlandaffäre gegeben habe; und er musste auch zugeben, dass die Richter über die politischen Zusammenhänge informiert waren.
Selbst republikanische Hardliner beginnen, sich degoutiert abzuwenden. Trey Gowdy, Abgeordneter aus South Carolina und ein Vertreter der Tea Party, erklärte am Sonntag auf Fox News unmissverständlich: «Es gab eine Russland-Untersuchung ohne das Dossier.» Andere Hardliner wie Chris Stewart, Will Hurd und Brad Wenstrup stellten sich hinter Gowdy und versicherten dem Sonderermittler Robert Mueller ihre Unterstützung.
Die Republikaner im Untersuchungsausschuss haben auch eingewilligt, dass ein alternatives Geheim-Memo der Demokraten ebenfalls veröffentlicht werden soll. Der Präsident sitzt damit in der Falle: Stimmt er ebenfalls zu, dann werden für ihn wenig schmeichelhafte Fakten bekannt. Verweigert er die Zustimmung, dann zeigt sich, dass sein Ruf nach Transparenz scheinheilig war. Zudem muss Trump dann befürchten, dass das Abgeordnetenhaus ihn überstimmt und mit Stimmen der Republikaner eine Veröffentlichung erzwingt.