Robert Mueller gibt mächtig Gas: Die «New York Times» meldet, dass der Justizminister Jeff Sessions letzte Woche mehrere Stunden beim Sonderermittler Red und Antwort stehen musste. Die «Washington Post» weiss derweil, dass Trumps Anwälte in Verhandlung sind, ob und wie der Präsident ebenfalls aussagen soll.
Die Zeit der Jagd auf kleine Fische ist damit definitiv vorbei: Sessions ist ein Schlüsselzeuge in der Russland-Affäre. Der ehemalige Senator aus dem Bundesstaat Alabama war der erste namhafte Politiker, der Trump unterstützt hat.
Er gehörte dem Wahlkampf- und dem Übergangsteam an. Wenn es tatsächlich eine Zusammenarbeit mit den Russen gegeben hat, oder wenn Trump tatsächlich versucht hat, die Ermittlungen der Justiz zu behindern, dann weiss Sessions wahrscheinlich Bescheid.
Wie Trump hat auch Sessions ein lockeres Verhältnis zur Wahrheit. Als er bei seiner Vereidigung zum Justizminister gefragt wurde, ob er Kontakte zu russischen Vertretern gehabt habe, verneinte er das unter Eid.
Später gab er zu, dass er sich mehrmals mit dem russischen Botschafter Sergey Kislyak getroffen hatte. Als Folge dieser Lüge musste Sessions in der Russland-Affäre in den Ausstand treten, was den Präsidenten in Rage versetzte. Er macht ihn dafür verantwortlich, dass ihm der Sonderermittler auf den Hals gehetzt wurde.
Bei einem Hearing vor dem Senat im Herbst litt Sessions plötzlich unter einer gravierenden Form von Gedächtnisschwund. «Ich kann mich nicht mehr erinnern», lautete seine Standardantwort auf jede unangenehme Frage. Bei Mueller dürfte er damit nicht durchgekommen sein.
Nicht nur allfällige Aussagen seines Justizministers dürften dem Präsidenten zu schaffen machen. So ist auch bekannt geworden, dass Christopher Wray, der von ihm ernannte Nachfolger des gefeuerten FBI-Chefs James Comey, mit Rücktritt gedroht haben soll. Wray soll sich geweigert haben, seinen Vize Andrew McCabe zu entlassen.
Obwohl McCabe im Frühling pensioniert wird, will Trump ihn unbedingt los haben. Der scheidende Vize seinerseits hat durchblicken lassen, dass auch er von Trump unter Druck gesetzt worden ist. So soll ihn der Präsident gefragt haben, für wen er in den Wahlen gestimmt habe. McCabe ist mit einer Politikerin der demokratischen Partei verheiratet und hat diplomatisch geantwortet, er sei nicht zur Urne gelangen.
Das Trump-Lager ist ebenfalls zum Gegenangriff übergegangen. Auf Fox News und anderen extrem rechten Medien wird systematisch versucht, das Image des Sonderermittlers und des FBIs in den Dreck zu ziehen. Derzeit ist von einem Geheimpapier die Rede, das im Abgeordnetenhaus ein paar Auserwählten zur Lektüre freigegeben wurde.
Es soll eine angebliche Verschwörung gegen den Präsidenten an der Spitze des FBI und des Justizministeriums auflisten. Das Papier hat jedoch einen entscheidenden Makel: Es wurde von Devin Nunes verfasst, dem ehemaligen Chef des Untersuchungsausschusses. Dieser musste wegen Befangenheit von seinem Amt zurücktreten. Nunes gilt auch als eher unbedarfter Schosshund von Trump.
Trumps Anwälte versuchen hektisch, die Bedingungen auszuhandeln, unter denen der Präsident bereit ist, ebenfalls vor dem Sonderermittler auszusagen. Sie sind darob nicht zu beneiden. Der Präsident ist nicht für seine präzise Wortwahl bekannt und neigt zu Übertreibungen. Beides kann bei einem so erfahrenen Fahnder wie Robert Mueller verheerende Konsequenzen haben.
Roger Stone, einer der ältesten Weggefährten und Berater Trumps, warnt daher eindringlich vor einem Interview mit dem Sonderermittler. Er spricht gar von einem «Selbstmordkommando». «Warum soll der Präsident mit offenen Augen in eine Meineid-Falle tappen?», so Stone. «Er wäre sehr schlecht beraten, einem Interview mit Mueller zuzustimmen.»