Die neue serbische Regierung will mit einem radikalen Reformprogramm «die Wirtschaft und die Nation» genesen lassen. Das kündigte der designierte Regierungschef Aleksandar Vucic am Sonntag im Parlament in Belgrad an. Die wichtigsten Aufgaben seien eine Wirtschaftsreform und der Aufbau des Privatsektors. Ausserdem müssten die aus dem Ruder gelaufenen Staatsfinanzen wieder in Ordnung gebracht werden.
Der einst gross-serbische Nationalist Vucic, der nach eigener Darstellung heute ein glühender Europäer und Demokrat ist, hatte bei vorgezogenen Parlamentswahlen im März die absolute Mehrheit der Stimmen gewonnen. Obwohl er in der letzten Regierung die Sozialisten (SPS) des damaligen Ministerpräsidenten Ivica Dacic als Reformbremser bezeichnet hatte, sind diese trotz der absoluten Mehrheit der «Freiheitlichen» (SNS) von Vucic auch in der neuen Regierung vertreten.
«Wir brauchen eine Änderung der Mentalität», überschrieb Vucic sein Regierungsprogramm. Wegen der schlechten Arbeitsmoral in Serbien betrage die Arbeitszeit im Öffentlichen Dienst nur bis zu 2,5 und im Privatsektor nur bis zu 5,5 Stunden am Tag, begründete der 44-Jährige seinen Standpunkt. «Die wirtschaftliche Gesundung reicht nicht, wenn sie nicht begleitet wird von einer kulturellen und sozialen Genesung der gesamten Gesellschaft», sagte er.
Allein in den vergangenen fünf Jahren habe Serbien 7,5 Milliarden Euro mehr ausgegeben als eingenommen, machte Vucic die Misere deutlich. Das Haushaltsdefizit belaufe sich auf acht Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Allein für die 153 verlustschreibenden Staatsbetriebe seien jährlich rund 540 Millionen Euro aufgewendet worden. Diese Unternehmen sollen auf gesunde Füsse gestellt oder abgewickelt werden.
Die Privatisierung der staatlichen Telekom solle bis zum Sommer beginnen, für die Elektrowirtschaft werde ein ausländischer Minderheitsgesellschafter gesucht. Der Flughafen Belgrad solle an einen Konzessionsnehmer gehen, kündigte der zukünftige Regierungschef an.
Nach der Aussprache über das neue Regierungsprogramm im Parlament soll das neue Kabinett gewählt werden. Es besteht aus 19 Mitgliedern, von denen elf schon der alten Regierung angehörten. (sda/dpa)