Das Referendum in Griechenland über den künftigen Kurs in der Schuldenkrise kann am Sonntag stattfinden. Das Oberste Verwaltungsgericht wies am Freitagabend eine Klage gegen die Volksabstimmung zurück. «Das Referendum findet statt», sagte Richter Nikolaos Sakellariou.
Das Gericht sah demnach keinen Verstoss gegen die Verfassung. Die Antragsteller, ein Ingenieur und ein Jurist, hatten die Annullierung des Referendums gefordert.
Sie argumentierten, dass die Abhaltung der Volksabstimmung gegen die Verfassung verstosse, weil nicht über Fragen der «öffentlichen Finanzen» abgestimmt werden dürfe. Zudem sei die Fragestellung zu kompliziert und «technisch».
Die linksgeführte griechische Regierung unter Ministerpräsident Alexis Tsipras wirbt für eine Ablehnung der Gläubigerforderungen. In vielen Euro-Staaten wird das Votum de facto als Abstimmung über einen Verbleib Griechenlands in der Währungsunion betrachtet.
Zwei Tage vor dem Referendum in Griechenland hat Regierungschef Alexis Tsipras die Forderung an die internationalen Geldgeber nach einem Schuldenschnitt erneuert. Die Verbindlichkeiten sollten um 30 Prozent reduziert werden.
Zudem verlangte der Linkspolitiker in einer vom Fernsehen übertragenen Ansprache für den übrigen Schuldendienst eine «Gnadenfrist von 20 Jahren». Die griechischen Staatsschulden haben derzeit ein Volumen von rund 180 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Erste internationalen akzeptieren bereits keine griechischen Kreditkarten mehr.
In Griechenland findet am Sonntag eine Volksabstimmung über das weitere Vorgehen in der Schuldenkrise statt. Vom Ausgang hängt ab, ob und wie Athen und seine internationalen Gläubiger künftig über weitere Hilfen für das Krisenland beraten werden.
Das bisherige Hilfsprogramm der Geldgeber lief zum Monatswechsel aus. Am Freitag erklärte der Euro-Rettungsfonds EFSF das Land für insolvent. Bereits zuvor war Griechenland beim Internationalen Währungsfonds (IWF) in Zahlungsverzug geraten.
Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble dämpfte am Freitag Hoffnungen der griechischen Regierung, nach der Volksabstimmung zügig frische Hilfsgelder zu erhalten. Verhandlungen darüber würden nach Auslaufen des letzten Programms «auf völlig neuer Grundlage und unter erschwerten wirtschaftlichen Voraussetzungen» stattfinden, sagte der CDU-Politiker der «Bild»-Zeitung. «Das wird schon eine Weile dauern.»
Der Vorschlag, über den die Regierung abstimmen lassen wolle, liege nicht mehr auf dem Tisch. «Wir müssen abwarten, wie die Regierung in Athen mit dem Ergebnis umgeht, welche Folgen das hat. Und dann können die Griechen einen Antrag auf Aufnahme von Verhandlungen stellen.»
Wenn es einen solchen griechischen Antrag gebe, werde er von den Finanzministern der Eurozone geprüft. «Und wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, wird die Euro-Gruppe neue Verhandlungen befürworten. Entscheiden muss vorher der Bundestag. Nur dann dürfen wir überhaupt verhandeln.»
Schäuble erwartet schwierige Verhandlungen. «Die Rede ist von einem Programm nach dem klaren Prinzip: Unterstützung nur für echte Gegenleistung. Griechenland braucht Reformen. Aber ich weiss jetzt schon: Das würden sehr schwierige Verhandlungen sein. Denn die Lage in Griechenland hat sich in den letzten Wochen dramatisch verschlechtert.» (sda/afp/dpa)