In der Antike haben die griechischen Mythen den Menschen die Welt und den Sinn des Lebens erklärt. Die modernen Mythen über Griechenland hingegen vernebeln den Menschen die Sinne und sind zu einer Gefahr für die Stabilität des Finanzsystems und die europäische Einheit geworden.
Das sind die drei modernen griechischen Mythen:
In der «Financial Times» drosch der italienische Ökonomieprofessor Francesco Giavazzi kürzlich mit dem Zweihänder auf die Griechen ein: Sie hätten sich für die Armut entschieden, würden hartnäckig jede Reform ablehnen und verdienten es deshalb, aus Euroland ausgeschlossen zu werden. Diese Argumentation ist typisch geworden für das Denken der Mehrheit in Europa.
Mit den Fakten hat dies allerdings nichts zu tun. Diese hat der irische Ökonom Karl Whelan zusammengetragen:
In der Sendung von Günther Jauch vom Sonntag war zudem zu erfahren, dass
So viel zum Thema «renitente Griechen».
Die Europäische Zentralbank habe alles Nötige vorgesorgt, um ein Chaos nach einem Austritt Griechenlands aus der Einheitszone zu verhindern, wollen uns Ökonomen vom Schlage Giavazzis glauben machen. Das kann sein – oder auch nicht.
Tatsache ist, dass ein «Grexit» auch einen sofortigen Staatsbankrott Griechenlands zur Folge haben würde. Allein Frankreich und Deutschland müssten sich damit 160 Milliarden Euro ans Bein streichen. «Angela Merkel und François Hollande würden als die grössten finanziellen Verlierer in die Geschichte eingehen», stellt dazu Wolfgang Münchau in der «Financial Times» fest.
Das wäre nicht nur ein politischer, sondern auch ein wirtschaftlicher Schlag ins Gesicht, vor allem für Frankreich, das über keine Reserven mehr verfügt, um einen solchen Schlag auffangen zu können. Das gilt noch verschärft für Italien, das ähnlich viel Geld verlieren würde, und dessen staatliche Verschuldung ebenfalls längst weit jenseits von Gut und Bös liegt.
Yanis Varoufakis kommt inzwischen die zweifelhafte Ehre zu, der wohl am meisten gehasste Politiker Europas zu sein. Dem griechischen Finanzminister wirft man so ziemlich alles vor, was man einem Politiker vorwerfen kann: Er sei eingebildet, unehrlich, belehrend, ein Vulgär-Marxist, naiv, etc., etc.
Über das Auftreten von Varoufakis kann man geteilter Meinung sei. Als Ökonom ist er jedoch unbestritten eine Kapazität. Sein Buch «Der globale Minotaurus» ist eine in sich stimmige Analyse der Weltwirtschaft auf hohem Niveau.
Die von den Institutionen geforderten Reformen hingegen sind teilweise widersinnig. Der angestrebte Primärüberschuss – ein positiver Saldo der Staatskasse vor den Zinszahlungen – ist absurd hoch. Das geben inzwischen selbst konservative Ökonomen zu und empfehlen deshalb einen teilweisen Schuldenverzicht oder zumindest ein Schuldenmoratorium.
Ebenfalls idiotisch ist eine nochmalige Erhöhung der Mehrwertsteuer, die den totalen Zusammenbruch der Binnennachfrage zur Folge haben würde. Wolfgang Münchenau spricht von einem doppelten Selbstmord, sollten die Griechen diese Bedingungen annehmen: Einem wirtschaftlichen für das Land und einem politischen für die Regierung.
Die antiken Mythen enden jeweils in einer Katastrophe. Auch die modernen haben alle Anzeichen einer Tragödie: Die Positionen sind derart festgefahren, dass es ein politisches Wunder brauchen würde, um aus dieser Nummer wieder herauszukommen.