«Ich liebe Konflikte», sagte Donald Trump an einer Pressekonferenz vom vergangenen Dienstag. «Ich denke, das ist der beste Weg, vorwärts zu kommen.» In den nächsten Tagen wird der Präsident seine Liebe zum Chaos voll ausleben können. Kaum hatte er gesprochen, gab Gary Cohn, sein nationaler Wirtschaftsberater, seinen Rücktritt bekannt.
Rücktritte gibt es im Trump’schen Weissen Haus wie Sand am Meer. Doch Cohn ist ein spezieller Fall. Er gehörte zu der Gruppe jener, die oft als die «Erwachsenen» bezeichnet werden, zu denjenigen, denen es ab zu zu gelingt, Trump vor den schlimmsten Dummheiten zu bewahren.
Zu diesen Dummheiten gehört der Handelskrieg, den anzuzetteln der Präsident im Begriff ist. Die angekündigten Strafzölle auf Stahl und Aluminium könnten sich als Anfang einer gefährlichen Eskalation erweisen, selbst wenn Trump von «liebevollen Zöllen» spricht, was immer er damit auch meinen mag.
Cohn ist ein vehementer Gegner dieser Zölle. Der ehemalige hochrangige Goldman-Sachs-Banker konnte bisher den Präsidenten an der Handelsfront zur Mässigung bewegen. Weder wurde der Freihandelsvertrag Nafta angetastet noch China mit Sanktionen belegt. Nun aber hat Cohn gegen Peter Navarro, Trumps Handelsberater, den Kürzeren gezogen.
Eine doppelte Niederlage: Nicht nur der Freihandel hat verloren. Im Gegensatz zum geachteten Cohn hat Navarro hat in Ökonomenkreisen im besten Fall den Ruf eines Leichtgewichts. Im schlimmeren Fall gilt er als Scharlatan. Für Cohn muss es daher eine persönliche Kränkung darstellen, wenn ausgerechnet Navarro nun das Ohr des Präsidenten hat.
Die Reihen der «Erwachsenen» werden mit dem Abgang von Cohn weiter gelichtet. Ja, streng genommen bleibt nur noch Verteidigungsminister Jim Mattis übrig. Sicherheitsberater H.R. McMaster soll ebenfalls auf dem Absprung sein, Stabschef John Kelly ist in einen endlosen Kampf mit Jared Kushner verwickelt und gilt daher ebenfalls als angeschlagen.
Aussenminister Rex Tillerson bewegt sich irgendwo im Niemandsland und Finanzminister Steven Mnuchin ist sowohl unpopulär als auch unberechenbar. Am WEF in Davos hat er mit einer unbedachten Äusserung den Kurssturz des Dollars verursacht.
Cohns Verdienste im Amt sind umstritten. Trotzdem wiegt sein Abgang schwer. Er könnte einen Kurssturz an den Börsen einleiten, denn den Investoren sollte nun endgültig klar geworden sein, dass Trump es Ernst meint mit seiner desaströsen Handelspolitik.
Nach der Ankündigung der Strafzölle haben die Börsen zunächst kaum reagiert, ja, die Kurse haben gar leicht zugelegt. Die Suppe werde wohl nicht so heiss gegessen, wie sie gekocht wurde, war die allgemeine Stimmung.
In der «Financial Times» spricht John Authers von einem verhängnisvollen Missverständnis zwischen Trump und den Finanzmärkten: «Die Märkte legten zu im Glauben, dass Trump dazu überredet werden kann, auf die Strafzölle zu verzichten. Mr. Trump hat derweil die Stärke der Finanzmärkte in den letzten Tagen als Zeichen dafür gedeutet, dass sie seine Zollpläne akzeptieren.»
Mit Cohns Abgang ist diese gegenseitige Illusion endgültig zerstört worden. Die nächsten Tage dürften für Börsenhändler tendenziell hektisch sein. Es soll gar Investoren geben, die auf einen Mini-Crash hoffen, um Trump zur Vernunft zu bringen.
Auch an der Polit-Front herrscht Aufruhr in den eigenen Reihen. Bisher haben die Republikaner Trump alles durchgelassen: Rassismus, Frauenverachtung, rüpelhaftes Verhalten und jede Menge von Lügen. Bei seiner Handelspolitik hingegen stellen sie sich nun auf die Hinterbeine.
Die Anführer beider Kammern, Paul Ryan im Abgeordnetenhaus und Mitch McConnell im Senat, haben sich mit scharfen Worten gegen Trumps Strafzölle ausgesprochen. Ein ganzer Chor von Abgeordneten und Senatoren hat in diese Kritik eingestimmt.
Auch das Zentralorgan des Freihandels hat deutliche Worte geschrieben: «Trumps Zollentscheidung ist ein Leadership-Fiasko», schimpft das «Wall Street Journal».