Wirtschaft
Schweiz

Fleischproduzenten sollten «Schockbilder» auf Fleisch kleben

Gutes Fleisch oder Quälfleisch? Wird anhand der heutigen Etikettierungen oft nicht klar.
Gutes Fleisch oder Quälfleisch? Wird anhand der heutigen Etikettierungen oft nicht klar.
Bild: KEYSTONE
Kommentar

«Schockbilder» auf Fleischpackungen kleben: Genau das sollen anständige Fleischproduzenten tun 

Tierschützer wollen, dass die Fleischhersteller auf den Packungen Bilder anbringen müssen, die die Tierhaltung der entsprechenden Fleischlieferanten offenlegen. Die Idee hat was, nur der Zwang ist falsch. 
13.04.2016, 16:5014.04.2016, 08:48
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Als der Bund den Tabakmultis wie in der EU vorschrieb, die Schockbilder von schwarzen Lungen, Mundhöhlenkrebs und ähnlichen Raucherkrankheiten auf die Zigarettenpackungen zu drucken, reichte ein bekannter Zürcher Werber alternative Motive ein.

Statt die Leute mit negativem Grusel abzustossen und ein Bevormundungsgefühl auszulösen, sollten seine Aufdrucke die Raucher daran erinnern, was sie sich alles leisten und tun könnten, würden sie weniger Zigaretten kaufen. Ersparen meinte der Werber dabei nicht in erster Linie im gesundheitlichen, sondern tatsächlich im finanziellen Sinne: «1000 solche Packungen geben schöne Ferien für zwei», stand da. Darüber ein Bild einer Südseeinsel mit Palmen, Hängematte und weissem Sandstrand. Ein anderes Motiv erinnerte daran, dass sich Küssen besser anfühlt, wenn man nicht raucht. 

Natürlich wollte der Zürcher Werber mit diesem Prinzip der positiven Verstärkung nicht in erster Linie Leute vom Rauchen abhalten, sondern einen Mega-Kunden der Werbeindustrie vor den markenzerstörenden Gruselhinweisen bewahren.

Sieht man von der Motivation ab, dann ist der Kern seiner Idee vielleicht auch für die Tierschützer bedenkenswert, die nun verlangen, dass «authentische» Bilder der Massentierhaltung auf die Fleischpackungen gedruckt oder geklebt werden müssen, wofür der Bund als Hüter der Volksgesundheit zu sorgen habe.  

Die Tierschützer versprechen sich davon natürlich, dass weniger Fleisch verkauft und damit weniger Tiere in der Maschinerie der industriellen Fleischproduktion landen. Diese Wirkung werden Schockbilder aus Schlachthöfen, Schweinemasten und Geflügelfarmen indes nicht entfalten. 

Die Erfahrungen mit den Schockbildern auf den Zigarettenpackungen zeigen, dass diese wenig Einfluss auf das Kauf-, Sucht- und Rauchverhalten der Raucher gehabt haben. Im Gegenteil können diese Trotzreaktionen gegen staatliche Bevormundung im Suchtverhalten hervorrufen.

Was besser wirkt, sind frühe Tabakprävention, Rauchverbote und hohe Tabaksteuern, die die Zigaretten massiv verteuern. Nun analog dazu das Fleisch zu verbieten, in der Schule vor dessen Verzehr zu warnen oder als einzelne Lebensmittelklasse künstlich zu verteuern wird aber keine Mehrheiten finden.  

Die bessere Methode, den Fleischkonsum über «authentische» Bilder zu regulieren, wäre deshalb diejenige des Zürcher Werbers, der auf die positiven Aspekte des Nichtrauchens statt die negativen des Rauchens fokussierte. Das ganze müsste allerdings auf Freiwilligkeit basieren.

Dann könnten diejenigen Fleischlieferanten, deren Tiere unter annehmbaren Bedingungen leben und geschlachtet werden, authentische Bilder aufdrucken. Diejenigen, die etwas zu verbergen haben, würden das natürlich nicht tun.

Damit würden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Einerseits wäre für die Kunden das Qualitäts- vom Quälfleisch besser zu unterscheiden, als wenn alle Fleischpackungen bebildert wären. Und andererseits würden bei den Kunden weder Abstumpfungs- noch Trotzreaktionen gegen staatliche Bevormundung im Essverhalten hervorgerufen. 

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45 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Grundi72
13.04.2016 18:27registriert Dezember 2015
Und was wenn euer Tofu oder die Birkenstock-Finken von Kindern produziert wurden und nicht klimaneutral in die Schweiz geschifft wurden? Auch ein Kleber dafür?
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northpole
13.04.2016 19:36registriert März 2016
Ja, sie haben vielleicht recht. Die Umstände mögen nicht immer 100%-ig sein. Ich finde auch dass die Tiere mit Respekt getötet werden sollen. ABER: In Asien wird so ähnlich mit den Menschen umgegangen, die täglich Textilien, Elektronik und andere Verbrauchsgegenstände herstellen. Sollen wie jetzt auch mit Hemden und Shirts bedruckt mir dem Innenleben der Fabrik in denen sie entstanden sind herumrennen? Da wird auch weggeschaut. In der CH sind zwei Dinge heilig: Militär und Landwirtschaft. Also wird meiner Meinung nach nie ein solches Bild auf CH-Fleisch sein... alles andere ist Billag.
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bangawow
13.04.2016 20:41registriert März 2016
Ich weiss jetzt nicht, ob man Niktionsucht mit dem Fleischkonsum vergleichen kann. Ich finde den Ansatz des Artikels aber nicht schlecht.

Ich bin mehrmals im Jahr mit einem Schafhirten (der davon nicht leben kann) und seinen Schafen in den Bergen unterwegs. Ich sehe die Arbeit, die Liebe zu seinen Tieren, die Leidenschaft, die Erlebnisse, die Freiheit, die sie in den Bergen haben. Und ja, ein kleiner Teil von diesen Tieren liegt auch in meinem Tiefkühler. Dagegen ist ein Etikett natürlich nichts.

Ich bin eher für: Fleischpreis rauf und keine Überproduktion.
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