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Wo Billig-Läden wie Aldi und Lidl in der Schweiz punkten – und wo nicht

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Detailhandelsbewertung Unia
Verbesserungspotential bei Coop sieht die Gewerkschaft beim tiefen Mindestlohn nach dreijähriger Lehre und beim Ausbau der Beiträge an die externe Kinderbetreuung.
quelle: unia / unia
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Studie zu Arbeitsbedingungen

Wo Billig-Läden wie Aldi und Lidl in der Schweiz punkten – und wo nicht

16.12.2014, 10:2916.12.2014, 13:33
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Die Gewerkschaft Unia hat die Arbeitsbedingungen im Schweizer Detailhandel untersucht. Dazu hat sie von der Ratingagentur Inrate eine Benchmark-Studie erstellen lassen. Untersucht wurden die Arbeitsbedingungen der Detailhändler Aldi Suisse, Coop, Lidl und Volg sowie die der schwedischen Kleiderkette H&M und eines grossen Schuhdetailhändlers.

Was ist mit Migros?
Die Migros als grösstes Detailhandelsunternehmen der Schweiz ist in der Benchmark-Studie nicht vertreten. Das Unternehmen sei selbstverständlich angefragt worden, sagt Unia-Sprecherin Katja Signer Hofer dazu. «Die Migros wollte aber nicht an der Studie teilnehmen«, erklärt Signer.
Die Resultate des Schuhdetailhändlers mussten in der Studie zudem anonymisiert werden. Er hatte bei der Unia entsprechend interveniert. (egg)

Das Ziel war es, die Arbeitsbedingungen der genannten Detailhandelsunternehmen anhand von objektiv messbaren bzw. erhebbaren Indikatoren zu vergleichen. Untersucht wurden:

  • Entschädigung
  • Arbeitszeiten
  • Vereinbarkeit von Beruf und Familie
  • Aus- und Weiterbildung
  • Chancengleichheit
  • Sozialversicherung
  • Sozialpartnerschaft
  • Gesundheit und Sicherheit

Für die Teilname am Benchmarking wurden laut den Verfassern der Studie «15 der grössten in der Schweiz tätigen Detailhandelsunternehmen angefragt». Sechs haben sich schliesslich zur Teilnahme bereit erklärt. Diese sechs Detailhändler bilden zwar keine genügend grosse Stichprobe, um für die ganze Branche zu sprechen, doch sie zeigen an Einzelbeispielen auf, wie gut die Arbeitsbedingungen sind.

Die Resultate der einzelnen Detailhändler

Aldi Suisse

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Bild: UNIA
- hohe Mindestlöhne für Ungelernte
- hohe Durchschnittslöhne
- alle Mitarbeitenden mit Monatslohn, keine Stundenlöhner
- Ausbildung von Lehrlingen und Weiterbildung von Mitarbeitenden wird gefördert
- keine Beiträge an die Fremdbetreuungskosten von Kindern
- Sozialversicherungsleistungen sollten verbessert werden
- kein GAV​

Coop

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Bild: UNIA
- hoher Anteil an über 50-jährigen Mitarbeitern
- gute Leistungen bei den Sozialversicherungen
- umfassender GAV, für Mitarbeitende im Monats- und Stundenlohn gültig
- finanzielle Unterstützung bei der Fremdbetreuung von Kindern
- Gesundheits- und Sicherheitsmanagement mit Ernonomie-Schulungen und Unfall-Prävention
- Mindestlohn nach dreijähriger Lehre ist tief (unter 4280 Franken)
- keine flächendeckenden Beiträge an die Kinderbetreuung​

Hennes und Mauritz (H&M)

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Bild: UNIA
- niedrige Wochenarbeitszeiten
- fortschrittliche Ferienplanung
- sehr fortschrittliche Regelung beim Mutterschaftsurlaub
- globales Abkommen zum Schutz und zur Förderung grundlegender Rechte der Beschäftigten​
- zu wenig Lehrstellen
- zu wenig Weiterbildung unter Mitarbeitenden
- ​Lohngleichstellung von Mann und Frau nicht zufriedenstellend
- kein GAV​

Lidl (Schweiz)

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Bild: UNIA
- hohe Mindestlöhne für Ungelernte
- keine Stundenlöhner, nur Angestellte im Monatslohn
- Lohngleichheit wird eigehalten
- umfassender GAV, der für alle Mitarbeitenden gilt​
- keine Beiträge an Fremdbetreuungskosten der Kinder
- Anteil der über 50-jährigen Mitarbeitenden ist gering​

Schuhdetailhändler

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Bild: UNIA
- hoher Frauenanteil in Filialleitungen
- hoher Anteil an Lehrstellen
- fortschrittliche Ferienplanung
- gute Leistungen bei der Pensionskasse​
- zu tiefe Mindestlöhne (unter 4280 Franken)
- zu viele Angestellte im Stundenlohn statt Monatslohn
- Mutterschaftsurlaub zu kurz (weniger als 16 Wochen)
- GAV fehlt

Volg

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Bild: UNIA
- sehr hoher Anteil an Lehrstellen
- hoher Anteil an Arbeitsplätzen für Behinderte
- hohes Engagement für Integration von Behinderten
- hoher Frauenanteil in Filialleitungen
- hoher Anteil an über 50-jährigen Mitarbeitenden
- gute Sozialversicherungsleistungen​
- zu niedriger Mindestlohn (weniger als 4280 Franken)
- zu viele Mitarbeitende im Stundenlohn statt im Monatslohn
- kein GAV

Vereinbarkeit von Beruf und Familie ungenügend

Verbessern sollte sich für die Angestellten laut der Unia insbesondere die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Grosse Defizite ortet die Unia insbesondere bei der Kinderbetreuung. Von den sechs untersuchten Unternehmen unterstützte nur Coop die Beschäftigten bei der Betreuung ihrer Kinder.

Auch das Lohnniveau kritisiert Unia bei fast allen Detailhändlern: Die Angestellten hätten nicht nur zu tiefe Löhne, sondern sähen sich vermehrt mit unregelmässigen Arbeitszeiten, unsicheren Arbeitsverhältnissen und zunehmendem Stress konfrontiert.

«Der Detailhandel ist weiterhin eine Tieflohnbranche mit oftmals prekären Arbeitsbedingungen.»
Unia-Co-Präsidentin Vania Alleva

Landes-GAV gefordert

Zudem hält die Gewerkschaft einen landesweiten Gesamtarbeitsvertrag (GAV) für nötig. Obwohl einige Unternehmen einen GAV hätten und regionale GAV für den Detailhandel existierten, habe die Mehrheit der Beschäftigten in der Branche keinen Schutz durch einen GAV.

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7 Kommentare
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Zern
16.12.2014 13:17registriert November 2014
"keine Beiträge an Fremdbetreuungskosten der Kinder"
--> Als wäre der Arbeitgeber für das zuständig respektive das als relevanter Punkt bewertet werden kann

Man merkt dass die Unia diesen Smartspider ausgefüllt hat. Ist ein GAV vorhanden, 100% bei Sozialpartnerschaft, ansonsten 0%.
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