Wirtschaft
Schweiz

Trotz Verboten, Verhaftungen und Razzien: Uber ist nicht zu stoppen

Bild
Bild: Eric Risberg/AP/KEYSTONE

Trotz Verboten, Verhaftungen und Razzien: Uber ist nicht zu stoppen

Uber weht ein eisiger Wind entgegen. Doch der bringt das Startup kaum zum Schlottern. Es spielt nach dem Lehrbuch der disruptiven Innovationen –  und ist gekommen, um zu bleiben.
22.03.2015, 17:1023.03.2015, 11:52
Roman Rey
Folge mir
Mehr «Wirtschaft»

Dass ein Gericht Uber in ganz Deutschland verbieten will, ist nicht die einzige schlechte Nachricht für den Mitfahrdienst in einer Woche: In Paris haben gemäss Le Monde 25 Polizisten eine Razzia im Uber-Hauptquartier durchgeführt und dabei Dokumente und Smartphones beschlagnahmt. In Südkorea wurden zwei Uber-Manager verhaftet, berichtet ZDNet. Sie sollen gegen das Transportgesetz verstossen haben.

Auch in der Schweiz wächst der Widerstand: Die Zürcher SVP-Gemeinderäte Thomas Schwendener und Daniel Regli haben am Donnerstag gemäss NZZ eine schriftliche Anfrage an den Stadtrat eingereicht. Dieser soll prüfen, ob alles mit rechten Dingen zugehe und wie er das lokale Gewerbe zu schützen gedenke.

In Bern, das die vierte Uber-Stadt in der Schweiz werden soll, stehen die Täxeler schon jetzt auf den Barrikaden. So kündigte Markus Kunz, Geschäftsführer von Nova Taxi in Bern, an: «Ich zeige jeden Uberpop-Fahrer an, den ich erwische». 

Mehr Ubers als gelbe Taxis in New York

Die alte Welt wehrt sich mit Händen und Füssen gegen die Kraft, die das Gewerbe auf den Kopf stellt und Existenzen bedroht. Doch während die Taxibranche und die Behörden Uber Steine in den Weg legen, wächst die Popularität bei der Bevölkerung ungebremst.

Als Beleg genügt ein Blick nach New York: Dort gibt es mittlerweile mehr Uber-Fahrzeuge als gelbe Taxis – ja, die symbolträchtigen Yellow Cabs sind vom Aussterben bedroht. Die New York Post hat nachgezählt: 14'088 Ubers stehen 13'587 gelben Taxis gegenüber. Die Stadt dürfte nicht erfreut sein über diese Nachricht. Aber Uber ist aus dem Big Apple schon kaum mehr wegzudenken.

Wurden soeben UBERholt: Die gelben Taxis in New York.
Wurden soeben UBERholt: Die gelben Taxis in New York.Bild: MARY ALTAFFER/AP/KEYSTONE

Und es sind eben nicht nur die Kunden, die profitieren. Ein Fahrer in New York gibt an, 85'000 Dollar pro Jahr zu verdienen. Das ist das Doppelte von dem, was ein normaler Taxifahrer erhält. Auch in Zürich greifen Taxifahrer, die meisten von ihnen sind selbstständig, gerne auf die App zurück, um ihre Auslastung zu erhöhen und Wartezeiten zu überbrücken – auch wenn das die Taxiverbände nicht gerne sehen.

Unschlagbarer Service

Gemäss Harvard-Forscher Clayton Christen hängt der Erfolg einer disruptiven Technologie von drei Kriterien ab: 

  1. Sie vereinfacht etwas, was den Menschen schon bisher wichtig ist: Sie macht das Teure günstig und das Komplizierte einfach. 
  2. Sie hat ein System, das für den Kunden magisch erscheint und von der Konkurrenz schwer nachzuahmen ist. 
  3. Sie tritt in einen Markt ein, den bestehende Unternehmen bereit sind, aufzugeben oder zu ignorieren.

Punkt eins und zwei erfüllt Uber vorbildlich:

Mit einem Klick kann man sich sein Uber-Taxi bestellen, das im Idealfall schon nach wenigen Minuten – während andere noch immer am Taxistand Schlange stehen. Man wird auf dem schnellsten Weg zu seinem Ziel gefahren, der Fahrer kann den Preis nicht durch unnötige Umwege in die Höhe treiben. Dazu kommt, dass Kunden nicht tief ins Portemonnaie greifen müssen: Die Fahrt ist nicht nur günstig, sondern wird automatisch über die Kreditkarte abgerechnet.

Uber hat ein zuverlässiges System, das ein Netzwerk aus Fahrzeugen in Echtzeit managen kann. Und je mehr Fahrer für in einer Region fahren, desto etablierter wird der Service, was wiederum dazu führt, dass mehr Chauffeure für Uber fahren wollen.

Widerstand der Branche

Der letzte Punkt ist offensichtlich Ubers Knackpunkt – die Taxibranche ist nicht bereit, das Feld einfach so aufzugeben. Doch die Kunden wandern ab. In der Schweiz finden viele, Taxis seien zu teuer. Das sieht auch die Mehrheit der watson-Kommentierer bei Uber-Artikeln so. So schreibt User Newalley: 

«Die ganzen Taxiverbände sollten vielleicht mal vor ihrer eigenen Firmentür wischen und sich Gedanken darüber machen, warum ein System wie Uber überhaupt Erfolg hat. Dann würde man merken, dass die Schweizer Taxen nicht konkurrenzfähig sind und könnte demnach die Servicequalität verbessern.»

Unbeliebt, aber erfolgreich: CEO Travis Kalanick.
Unbeliebt, aber erfolgreich: CEO Travis Kalanick.Bild: BECK DIEFENBACH/REUTERS

Uber droht von der alten Branche kaum echte Gefahr. Höchstens von den jungen Konkurrenten wie Lyt oder Gett. Wenn Uber aber keine Fehler macht, werden diese es äusserst schwer zu haben, die Pole Postition zu erobern.

Uber
AbonnierenAbonnieren

Innovation ist Trumpf

Gemäss dem Frankfurter Landgericht dürfen nun keine Fahrer mehr für ohne Bewilligung für Uber fahren. Die jüngere Geschichte zeigt, dass sich Uber von Richtern nicht beeindrucken lässt. Man hat sich schon um etliche Urteile foutiert. Und auch diesmal wurden die deutschen Fahrer angehalten, weiterzumachen, als wäre nichts.

Uber wächst, stösst auf Widerstand, wächst weiter, stösst auf Widerstand, wächst weiter: Dieses Spiel wird noch eine Weile so weitergehen. Kein PR-Skandal – und davon gab es einige – und kein Gerichtsurteil konnte Uber bisher stoppen. Und das wird wohl auch in Zukunft so bleiben.

1 / 13
Fahrdienst Uber
Die Taxi-App Uber ist u. a. in Zürich, Genf und Basel aktiv.
quelle: keystone / steffen schmidt
Auf Facebook teilenAuf X teilen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
9 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Donald
22.03.2015 18:11registriert Januar 2014
Man muss einfach sehen, dass gerade in der Schweiz keine emotionale Verbindung zu Taxis besteht. Man lernt hier auch in wohlhabenden Familien, dass dies das letzte Mittel ist. 25 Franken für 5 Minuten Fahrt ist einfach ein Preis, den Niemand bezahlen will bzw. kann. Kommt noch hinzu, dass in den letzten Jahren die Qualität der Fahrzeuge abgenommen hat, die Preise aber blieben. So gab es früher nur Mercedes. Heute muss man sich aber auch schon mit Toyota Yaris und Konsorten abgeben.

Wenn man sieht, wie sich an einigen Orten duzende wartende Taxis sammeln, erkennt man den kaputten Markt.
503
Melden
Zum Kommentar
avatar
Optimistic Goose
22.03.2015 17:28registriert Januar 2015
Merci für den täglichen Uber-Artikel.
269
Melden
Zum Kommentar
9
Das ist der günstigste Supermarkt in der Schweiz
Haben Aldi und Lidl wirklich die Preise gesenkt, wie sie behaupten? RTS hat die Preise der Produkte von Coop, Migros und Denner verglichen. Das Ergebnis überrascht.

Begrenzte Produktauswahl, minimalistische Einrichtung und aggressives Marketing: Die Ankunft von Aldi und Lidl in den 2000er Jahren hat den Schweizer Einzelhandel verändert. Heute begeistern die deutschen Discounter immer mehr Kunden. Aber halten sie auch, was sie versprechen? Oder anders gesagt, bieten sie wirklich niedrigere Preise als die Konkurrenz, wie sie behaupten?

Zur Story