«Bisher hören sie uns nur zu.» So kommentierte ABB-Chef Ulrich Spiesshofer das Verhalten des schwedischen Grossaktionärs Cevian im vergangenen September. Spiesshofer hatte gerade verkündet, wie er den Konzern für die Zukunft rüsten will: vier Divisionen statt fünf, eine Milliarde Kosten sparen und: die neue Division Stromnetze einer ergebnisoffenen «strategischen Überprüfung» unterziehen. An deren Ende könnte die Weiterführung der Stromnetzsparte, aber auch ein Joint Venture oder gar deren Verkauf stehen.
Investoren setzen Frist
Noch prüft ABB. Doch hört Cevian immer noch nur zu? Das schwedische Wirtschaftsblatt «Dagens Industri» berichtete am Dienstag unter Berufung auf «informierte Kreise», dass ABB-Grossinvestoren auf den Abschluss der strategischen Überprüfung bis zum Spätsommer und auf den anschliessenden Verkauf der Stromnetzsparte drängen würden.
ABB gab auf Anfrage der «Nordwestschweiz» lediglich ein allgemein gehaltenes Statement ab: «ABB prüft wie am Kapitalmarkttag angekündigt alle Optionen für die Stromnetze-Division.» Es gehe darum, herauszufinden, wie mit dieser Division für Kunden und Aktionäre Mehrwert geschaffen werden könne. «Wenn wir zum Schluss kommen, dass sich ein Umbau lohnt, behalten wir die Division. Wenn wir zur Einsicht gelangen, ein anderer Eigentümer wäre besser, dann verkaufen wir.»
So kurz nach dem «Fall GE» lassen Spekulationen über mögliche Verkäufe in der Energiebranche doppelt aufhorchen. Vor wenigen Tagen hatte der US-Konzern General Electric angekündigt, bei der erst vor kurzem übernommenen Alstom bis zu 1300 Stellen in der Schweiz abbauen zu wollen. Wie Alstom ist auch ABB im Aargau verwurzelt. In diesem Jahr feiert ABB ihr 125-jähriges Bestehen in der Schweiz.
Entwicklung weiter offen
Ob es zum Verkauf der Stromnetzsparte kommt, bleibt trotz der jüngsten Entwicklungen offen. Klar ist so viel: Die Investmentgesellschaft Cevian hält derzeit etwa 5.2 Prozent der ABB-Aktien und ist damit zweitgrösster Anteilseigner hinter der Investorengruppe Investor AB der Familie Wallenberg, die rund zehn Prozent hält. Cevian gilt als aktiver Investor, diverse Konzerne hat er schon umgekrempelt. Dass ABB die Stromnetzsparte überprüft, hatte Cevian im September begrüsst. Ulrich Spiesshofer hatte dagegen stets die Vorteile des Zusammenbleibens betont.
Die Analysten der Bank Vontobel sehen ABB derweil auf dem richtigen Weg: Die rasche Umsetzung der «Next Level Strategie» sei der richtige Ansatz. Die tiefen Öl- und Gaspreise und das schwächere Wachstum Chinas setzen den Konzern jedoch unter Druck. Und bei der Bank of America spekuliert man bereits über Zahlen: Von 12 bis 15 Milliarden US-Dollar ist die Rede. So viel könnte ein Verkauf der Stromnetzsparte demzufolge einbringen.
(aargauerzeitung.ch)