Irgendwann, spätestens in zwei Milliarden Jahren, wird unsere Heimat, diese kleine blaue Murmel in den unendlichen Weiten des Weltalls, unbewohnbar werden. Die Menschheit, falls es sie dann noch gibt, wird zu neuen Ufern aufbrechen müssen. Wohin?
Vielleicht nach Alpha Centauri. Das uns am nächsten liegende Sonnensystem – ein Doppelsternsystem, dessen zwei Sonnen sich in knapp 80 Jahren einmal gegenseitig umkreisen – ist nur 4,34 Lichtjahre entfernt. In kosmischen Massstäben ist das noch im gleichen Quartier.
Möglicherweise deshalb ist unser Nachbarsystem im Sternbild Centaurus oft Schauplatz von Science-Fiction-Romanen oder -Filmen. Auch Pandora, die fiktive Welt, auf der im Blockbuster «Avatar» die edelblauen Na'vi leben, ist dort angesiedelt.
Fast so idyllisch wie das Na'vi-Paradies könnte ein vermuteter Planet aussehen, der Alpha Centauri B, eine der beiden Sonnen im Centauri-System, umkreist: Sanfte Hügel, seichte Meere, Landschaften wie auf der Karibik oder den Bahamas. Eine Welt, die lebensfreundlicher wäre als die Erde selber, ein superhabitabler Planet.
Diesen Begriff verwendet René Heller von der McMaster-Universität im kanadischen Hamilton. Bisher habe man zur Bestimmung der Habitabilität – also der Lebensfreundlichkeit eines Planeten – nur wenige Kriterien herangezogen; vor allem die Grösse des Planeten und seine Distanz zu seinem Zentralgestirn, sagt der Astrobiologe. Im Grunde suchte man nach einer möglichst exakten Kopie der Erde.
Niemand habe sich indes gefragt, ob andere Orte vielleicht sogar noch besser geeignet wären, damit dort erdähnliche lebensfreundliche Bedingungen entstehen könnten. So sähe der ideale Planet aus, der das Etikett «superhabitabel» verdiente:
«Man hätte am liebsten eine Sonne, die einen Planeten sieben bis zehn Milliarden Jahre lang in der habitable Zone halten kann», sagt Heller. Diese Zeitspanne würde einem Ökosystem genügend Zeit zur Entfaltung bieten, wie Heller und sein Team in ihrer Studie bemerken, die im Fachmagazin «Astrobiology» erschienen ist.
Alpha Centauri B. ist etwas kleiner und lichtschwächer als unsere Sonne – ein geeigneter Kandidat mithin, um dort nach superhabitablen Planeten zu suchen. Der bisher einzige in diesem System beobachtete Planet ist freilich alles andere als ein Idyll: Er umkreist Alpha Centauri B in nur etwa 6 Millionen Kilometer Entfernung – zehnmal näher als der Merkur unsere Sonne. Also entschieden zu heiss für Leben.
Doch die Wissenschaftler gehen davon aus, dass jede der beiden Sonnen im Centauri-System von jeweils zwei bis fünf Felsplaneten umkreist wird. Die Wahrscheinlichkeit ist damit nicht so gering, dass sich dort tatsächlich ein Planet finden liesse, der unseren Nachkommen dereinst als Exil dienen könnte.
Dies wirft sofort die Frage auf, wie es ihnen überhaupt gelingen könnte, die interstellare Reise dorthin zu meistern. Denn obwohl Alpha Centauri das nächstgelegene Sonnensystem ist, sind die gut vier Lichtjahre Distanz nicht zu unterschätzen. Der Mond zum Beispiel, der bisher einzige Himmelskörper, auf den Menschen tatsächlich ihren Fuss setzen konnten, ist nur gerade 1,5 Lichtsekunden entfernt.
Wollte man mit heutiger Spitzentechnik nach Alpha Centauri fliegen, so würde bei den maximal erreichbaren 30 km/s (108 000 km/h) nur schon die Hinreise ungefähr 40'000 Jahre dauern. Solange unsere fernen Nachkommen nicht heute noch vollkommen hypothetische Möglichkeiten der Fortbewegung – via Wurmloch oder Hyperraum etwa, wie es in Science-Fiction-Filmen oft geschieht – entwickelt haben, gibt es nur zwei Lösungen für das Problem einer solchen Langzeitmission: Generationen-Raumschiffe oder «konservierte» Besatzungen auf «Schläferschiffen».
Die Crew eines solchen Schläferschiffs würde in einen Kryoschlaf – eine Art künstlicher Winterschlaf – versetzt, in dem die Lebensprozesse extrem verlangsamt ablaufen oder angehalten sind. Einmal am Ziel angekommen, wird die Besatzung reanimiert. Dieses Konzept ist in Science-Fiction-Filmen sehr beliebt.
Generationen-Raumschiffe dagegen müssten eine eigene, autarke Welt darstellen; gewissermassen eine Erde im Miniformat. Die erste Generation der Astronauten würde an Bord gehen, um sich dort fortzupflanzen. Und ohne Aussicht darauf, das Schiff jemals wieder lebend zu verlassen. Eines der Hauptprobleme wäre zudem, das ökologische Gleichgewicht an Bord zu bewahren.
Bei extremen Langzeitmissionen müsste auch damit gerechnet werden, dass die auf dem Schiff lebenden Menschen nach Tausenden von Jahren das Ziel aus den Augen verlieren und sich komplett an ein Leben auf dem Schiff anpassen würden. Es ist sogar vorstellbar, dass sie mit der Zeit vergessen würden, dass sie auf einem Raumschiff leben.