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7 rätselhafte Orte, die ihr Geheimnis bewahren

Maya-Stäntte Yaxchilán
Verwunschener Ort: Warum verliessen die Maya die Stadt Yaxchilán? Bild: Wikimedia

7 rätselhafte Orte, die den Archäologen Kopfzerbrechen bereiten

31.05.2017, 20:0301.06.2017, 11:00
Daniel Huber
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Ob wir es zugeben oder nicht: Geheimnisvolle Dinge faszinieren uns. Vor kurzem war hier ein Bericht über «10 mysteriöse Entdeckungen, die uns heute noch verblüffen» zu lesen, und er stiess durchaus auf Interesse.

Darum legen wir nach. Hier sind rätselhafte 7 Orte, die den Archäologen Kopfzerbrechen bereiten:

Mekka für Druiden: Stonehenge

Kaum eine prähistorische Anlage ist so bekannt wie diese: der Steinzirkel von Stonehenge in der englischen Grafschaft Wiltshire. Dabei stehen heute nur noch 40 Prozent des 4500 bis 5000 Jahre alten Bauwerks; der Rest ist dem Zahn der Zeit und den Verwüstungen von Vandalen zum Opfer gefallen. Heute stehen noch 17 Steine; weitere sechs Steine liegen quer auf ihnen.  Die Steine im äusseren Kreis bestehen aus Sandstein, jene der hufeisenförmigen inneren Struktur aus sogenannten Blausteinen vulkanischen Ursprungs. 

Comet Hale Bopp seen above the ancient stone circle of Stonehenge in south west England in this Friday March 28 1997 photo. Stonehenge the FA Cup and the Routemaster double-decker bus are are the icon ...
Der Komet Hale Bopp 1997 über dem Megalith-Monument von Stonehenge. Bild: AP

Stonehenge wurde zum Namensgeber für diese Art von Anlagen: Die Archäologen sprechen von einem «Henge». Das Alter des Bauwerks ist umstritten; seine ältesten Teile – ein Erdwall mit Graben – wurden spätestens 3100 v. Chr. angelegt, sie könnten aber auch bedeutend älter sein. Manche Forscher gehen sogar von einem Alter von 11'000 Jahren aus.

23'000 feiern Sommersonnenwende in Stonehenge

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23'000 feiern Sommersonnenwende in Stonehenge
Tausende von Menschen pilgern Jahr für Jahr nach Stonehenge, um dort jeweils um den 20. Juni herum den längsten Tag des Jahres zu feiern.
quelle: ap/ap / tim ireland
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Wozu der Henge diente, ist ebenfalls unklar. Da einige Linien in der Anlage auf die Sommersonnenwende ausgerichtet sind, sehen manche darin eine Art steinzeitliches Observatorium, das den prähistorischen Bauern als Kalender diente. Andere vertreten die Theorie, Stonehenge sei ein Ort der Heilung gewesen. Offenbar reisten Patienten nach Stonehenge, denn alle dort gefundenen menschlichen Überreste wiesen Spuren von Krankheiten oder Verletzungen auf. Sogar als gigantisches Musikinstrument wurde die Anlage schon bezeichnet. 

Sollte der Henge tatsächlich zum Musizieren benutzt worden sein, dann waren seine Erbauer fanatische Musikfreunde – es musste sie enorme Mühe gekostet haben, die bis zu 45 Tonnen schweren Sandsteine aus dem 30 Kilometer entfernten Steinbruch heranzuschleppen. Die Blausteine mussten sie selbst aus 250 Kilometer Distanz transportieren: Sie stammen aus Wales. Die Kombination von zwei verschiedenen Steinarten gilt einigen Archäologen als Indiz dafür, dass Stonehenge gewissermassen die Versöhnung oder Verschmelzung von zwei Kulturen besiegeln sollte. 

 Doku: Stonehenge (ARTE).Video: YouTube/Titus Rivas

Gerüstet für das Jenseits: Die Ton-Armee des Kaisers

1974 stiessen chinesische Bauern in der Nähe der alten Kaiserstadt Xi'an beim Brunnenbau auf Tonstücke. Archäologen begutachteten die Bruchstücke, und bald war klar, dass es sich um einen aussergewöhnlichen Fund handelte: Man war auf das 2200 Jahre alte Grab des ersten chinesischen Kaisers gestossen. Das Grabmal von Qin Shihuangdi ist eine gigantische Anlage: 700'000 Zwangsarbeiter sollen 30 Jahre lang am Bau des megalomanen Mausoleums geschuftet haben.

Terrakotta-Krieger aus dem Mausoleum des ersten chinesischen Kaisers Qin Shi Huangdi
Die Figuren sind lebensgross und individuell gestaltet. Bild: Pixabay

Neben dem eigentlichen Grabhügel fanden sich drei Gruben mit schätzungsweise 8000 lebensgrossen Terrakotta-Figuren – die in Schlachtordnung aufgestellte Armee des Kaisers für das Totenreich. Die meisten Figuren sind Krieger, vom einfachen Fusssoldaten bis zum General, daneben gibt es auch Pferde. Jede Figur ist individuell gestaltet: Sie unterscheiden sich in Gesichtszügen und Gesichtsausdruck; sie tragen unterschiedliche Frisuren und Kleidung. Was sich unter dem eigentlichen Grabhügel des Kaisers verbirgt, ist nach wie vor ein Rätsel – das Grab blieb bisher unangetastet. 

«Terra Cotta Warriors: Guardians of China's First Emperor.»Video: YouTube/Houston Museum of Natural Science

Skara Brae: Das «Pompeij Schottlands»

1850 tobte ein Sturm über Schottland hinweg, 200 Menschen kamen ums Leben. Der wütende Wind legte auf der Orkney-Insel Mainland Gebäudereste aus der Jungsteinzeit frei: die acht Häuser von Skara Brae. Die Siedlung blieb erhalten, weil sie ganz aus Stein erbaut wurde – Holz ist auf den Orkneys Mangelware. Skara Brae, das zum Unesco-Weltkulturerbe gehört, dürfte in Europa die besterhaltene Siedlung aus der Jungsteinzeit sein. Sie ist älter als die Pyramiden von Gizeh und bestand ungefähr zwischen 3100 und 2500 v. Chr. – dann verliessen die Bewohner ihre Häuser.

Skara Brae, Mainland, Orkneys
Die Steinhäuser von Skara Brae wurden um 2500 v. Chr. aufgegeben. Bild: Wikimedia

Warum das «Schottische Pompeij» aufgegeben wurde, ist unklar; ebenso, ob dies plötzlich geschah. Verstreute Schmuckgegenstände lassen auf einen fluchtartigen Aufbruch schliessen. Sicher ist, dass das Klima zu dieser Zeit unwirtlicher wurde. Vereinzelte Archäologen glauben, dass in Skara Brae eine Art Priestergemeinschaft lebte, die astronomische und magische Zeremonien ausführte. Noch fantastischer mutet eine Theorie an, wonach Skara Brae über das Volk der Dogon in Mali mit dem alten Ägypten in Verbindung stand. Rätselhaft ist auch der Zweck der fünf «Carved Stone Balls», die in Skara Brae gefunden wurden. Solche bearbeiteten Steinkugeln wurden auch anderswo in Schottland hergestellt. 

«In Focus: Skara Brae.»Video: YouTube/Archaeosoup Productions

Sanxingdui: Die verlorene Stadt

Am Oberlauf des Jangtsekiang, in der heutigen chinesischen Provinz Sichuan, stiessen Bauern 1929 auf Jade-Figuren, die das Interesse von Archäologen weckten. Erst 1986 aber fanden die Forscher weitere Artefakte aus Keramik, Gold, Bronze und Jade – Überreste einer bis dahin vergessenen Kultur. Diese bronzezeitliche Sanxingdui-Zivilisation war vor rund 3500 Jahren an den Ufern des Flusses Yazi entstanden, aber einige Jahrhunderte später untergegangen, ohne dass schriftliche Zeugnisse davon zurückblieben. 

Artefakt aus Sanxingdui
Mysteriöse Masken aus Bronze: Artefakt aus Sanxingdui. Bild: Wikimedia

Der Fund der «verlorenen Stadt» trug entscheidend dazu bei, dass die These überholt ist, wonach die chinesische Kultur zuerst ausschliesslich am Gelben Fluss entstand. Bis heute ist über die Sanxingdui-Zivilisation kaum etwas bekannt – zum Beispiel, welchem Zweck die eindrücklichen Masken mit den hervorstehenden Augen und den riesigen Ohren dienten.

«What is Sanxingdui? Back to the lost civilization of 3000 years ago.»Video: YouTube/CGTN

Das älteste Heiligtum: Göbekli Tepe

Am Nordrand des «Fruchtbaren Halbmonds», im Südosten der Türkei, liegt die Ruinenstätte Göbekli Tepe (deutsch: «bauchiger Hügel»). Auf einem kargen Felsplateau erhebt sich der durch aufeinanderfolgende Besiedlungen entstandene Hügel, der seit Mitte der 90er-Jahre ausgegraben wird. Die Funde sind ausserordentlich alt: 12'000 Jahre alte Steinanlagen aus zum Teil dutzenden Tonnen schweren Pfeilern, aber auch schlanken Stelen in T-Form, die mit Reliefs versehen sind. Sie sind weit älter als die ägyptischen Pyramiden, älter sogar als die Erfindung der Keramik. Wie die Menschen dieser frühen Zeit solche schweren Lasten bewegen konnten, bleibt vorerst rätselhaft.

Göbekli Tepe, Steinstele mit Tier-Relief
Tier-Relief auf einer der Stelen. Bild: Wikimedia

Der deutsche Archäologe Klaus Schmidt, der die Anlagen entdeckte, sah in ihnen ein frühes Bergheiligtum. Errichtet hatten die enormen Bauten aber nicht etwa steinzeitliche Bauern, sondern Gruppen von Jägern und Sammlern. Sie trafen sich hier, um diese Kultbauten zu errichten – wobei womöglich die Arbeit selbst der Kult war, denn die Bauten waren nie zugänglich, sondern wurden nach Fertigstellung sozusagen beerdigt. Göbekli Tepe stellt die herkömmliche Ansicht in Frage, wonach erst sesshafte Menschen, die Landwirtschaft betreiben, solche Bauten errichten. Möglicherweise kam erst der Tempel und dann die Landwirtschaft – der Kult führte so zu Arbeitsteilung und Lebensmittelanbau. 

Göbkeli Tepe
Steinpfeiler, die kreisrunde Anlagen bilden: Welchem Zweck dienten die steinzeitlichen Riesenbauten?Bild: Wikimedia

Yaxchilán: Der «Ort der grünen Steine»

Maya-Stätte Yaxchilán
Dominierte das heutige guatemaltekisch-mexikanische Grenzgebiet: Die Maya-Stadt Yaxchilán.Bild: Wikimedia

Die Stadt wurde vor über 1000 Jahren aufgegeben. Der Regenwald hat die Bauwerke überwuchert, Brüllaffen sind die neuen Herren der Mayastätte Yaxchilán. Die versunkene Stadt liegt im heutigen mexikanischen Bundesstaat Chiapas, am Fluss Usumacinta an der Grenze zu Guatemala. Im 19. Jahrhundert wurde Yaxchilán (deutsch «grüne Steine»), das in der Mayazeit vermutlich «Pa' Chan» hiess, wiederentdeckt. 

«Mayan Ruins of Yaxchilán.»Video: YouTube/PeaceCorpsEsteban

Wie die anderen Mayastätten gibt Yaxchilán heute noch Rätsel auf. Die Bauwerke sind stumme Zeugen; die spanischen Eroberer vernichteten fast alle schriftlichen Zeugnisse der Maya-Kultur. Yaxchilán wurde im 4. Jahrhundert gegründet und stieg zu einem regional bedeutenden Stadtstaat auf. Warum die Stadt aufgegeben wurde, ist nicht klar – als ein Klimawandel zu langanhaltenden Dürren führte, waren die Städte des Maya-Kernlandes bereits verlassen. Den Niedergang aufhalten konnten auch die Blutopfer nicht, die der Maya-Adel regelmässig leisten musste. Während mehrtägigen Ritualen, bei denen sie halluzinogene Substanzen einnahmen, wurde den Fürsten Blut abgezapft. Wie die Ärzte danach die erheblichen Verletzungen behandelten, weiss man nicht. 

Relief in der Maya-Stätte Yaxchilan
Das Relief zeigt den Fürsten von Yaxchilán Yaxun B'alam IV mit einem Sklaven. Bild: Wikimedia

Mit Absicht vergraben: Der Cochno-Stein

Im schottischen Faifley, unweit von Glasgow, liegt ein grosser Stein in der Erde, der auffällige Markierungen trägt: der 1887 entdeckte Cochno-Stein. Die Markierungen, fachsprachlich Petroglyphen genannt, wurden etwa um 3000 bis 2000 v. Chr. – in der Übergangszeit zwischen Jungsteinzeit und Bronzezeit – auf dem Stein angebracht. Einige speziell auffällige Gravierungen, zum Beispiel jene, die ein Paar vierzehige Füsse darstellen, könnten auch erst in moderner Zeit hinzugekommen sein.

Petroglyphen, Cup-and-Ring-Markierungen, Cochno-Stein
Es könnten Füsse sein, aber dann solche mit vier Zehen. Bild: Historic Environment Scotland

Um den etwa 13 auf 8 Meter grossen Stein vor Vandalen zu schützen, die ihre Initialen darin einritzten, wurde er 1964 unter einer meterdicken Erdschicht begraben. Seither führten Archäologen zweimal partielle Wieder-Ausgrabungen durch, um den Stein zu untersuchen. 

Petroglyphen, Cup-and-Ring-Markierungen, Cochno-Stein
1964 wurde der Stein unter einer dicken Erdschicht begraben, um Vandalismus zu verhindern. Bild: Historic Environment Scotland

Die Funktion der Felskunst – es handelt sich um sogenannte Cup-and-Ring-Markierungen – ist unklar. Manche Forscher interpretieren den Stein als eine Art Landkarte, die frühere Siedlungen im Clyde-Valley verzeichnet. Andere sehen darin Symbole für das Leben, den Tod und den Übergang von einem zum anderen. Möglich erscheint auch, dass die Gravierungen bei Opfer-Ritualen Milch oder andere Flüssigkeiten aufnahmen, oder dass sie als astronomische Karten dienten, an denen die prähistorischen Bauern den besten Zeitpunkt für die Aussaat ablasen. Letztere Theorie gilt allerdings als widerlegt. Auch in der Schweiz gibt es übrigens einen Stein mit solchen Markierungen: die Felsritzungen von Carschenna im Bündnerland. 

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9 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Karl Müller
31.05.2017 20:34registriert März 2015
Danke, sowas lese ich immer gern! (Kleiner Hinweis noch: Teile des Stonehenge-Abschnitts sind offenbar in den Göbekli-Tepe-Abschnitt gerutscht.)
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Röschtigraben
31.05.2017 23:47registriert Februar 2016
Danke für diesen Artikel. Hätte gerne mehr davon.
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Mirischgliich
31.05.2017 22:47registriert Mai 2017
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