Wegen seines hohen Zuckergehalts gilt Orangensaft als nicht sonderlich gesund. Manche Ernährungswissenschaftler behaupten gar, man könne ebenso gut die gleiche Menge an Cola trinken – das käme dann etwa aufs Gleiche raus.
Grundsätzlich ist es so, dass die Orange reich an Vitamin C, Carotinoiden und Flavonoiden ist. Letztere können das Risiko für bestimmte Krebs- oder Herzkreislauferkrankungen senken. Bei der Herstellung des Saftes wird der Gehalt dieser wertvollen Stoffe leicht verringert.
Dass der O-Saft, den wir im Laden zu kaufen kriegen, dennoch deutlich besser ist als sein Ruf, haben nun Wissenschaftler der Universität Hohenheim herausgefunden. Sie gehen sogar so weit, zu sagen, dass der Saft gesünder als die Frucht selbst ist.
Um zu diesem Ergebnis zu gelangen, haben die Forscher folgenden Test durchgeführt: Zunächst stellte Doktorand Julian Aschoff verschiedene Saftsorten her, nämlich frisch gepressten Saft und einen flash-pasteurisierten Saft. Letzterer wird in Supermärkten oft gekühlt als «Premiumsaft» verkauft.
Anschliessend stellte das Forscherteam im Reagenzglas die Vorgänge, die im menschlichen Körper bei der Verdauung passieren, nach und beobachtete, was mit den verschiedenen Säften passiert. Im Vergleich dazu machten sie den Test mit einer frischen Orange, um untersuchen zu können, was im Körper beim Verzehr der eigentlichen Frucht geschieht. Da die Orange zusätzlich zerkaut werden muss, wurden bei dem Test Speichel, Verdauungsenzyme und Gallenflüssigkeit hinzugefügt.
Dann kam man zu den folgenden Ergebnissen: Beim Verzehr der eigentlichen Frucht wurden 11 Prozent der Carotinoide, die als Provitamin-A eine wichtige Rolle im menschlichen Körper spielen, freigesetzt. Beim Frischsaft lag der Wert bei 28 Prozent und beim pasteurisierten Saft wurden sogar bis zu 40 Prozent freigesetzt.
«Nimmt man die Ergebnisse aus unserer Publikation, ist Orangensaft die bessere Quelle für Carotinoide als die Frucht an sich», so das Fazit von Aschoff. Die Inhaltsstoffe im Saft würden bei der Pasteurisierung am besten freigesetzt und könnten so vom Körper am besten aufgenommen und verstoffwechselt werden. Eine gerade abgeschlossene Humanstudie habe die Ergebnisse des Modellversuchs zusätzlich bestätigt.
Die Wissenschaftler sprechen sich dementsprechend klar für den – wenn auch massvollen – Verzehr von Orangensaft aus. Anders ist das beim Nektar: «Der Begriff Nektar hört sich zwar gut an und suggeriert, dass es als ‹Trank der Götter› ein besonders hochwertiges Produkt sei», so Professor Reinhold Carle, der Initiator der Orangensaft-Studie. «In Wirklichkeit wird Nektar aber zur Hälfte mit Wasser gemischt und dann mit Zucker angereichert, damit er genauso süss ist wie ein Saft.» Am Ende enthalte er zwar genauso viel Zucker wie ein Orangensaft – aber nur die Hälfe der Vitamine. (viw)