Wissen
Forschung

Erbrochenes aus dem Tonkopf: Roboter kotzt für die Virenforschung 

«Kotz-Simulator»: Der Tonkopf am Ende des Schlauchs dient dazu, den Strahl des Erbrochenen gegen unten zu richten.  
«Kotz-Simulator»: Der Tonkopf am Ende des Schlauchs dient dazu, den Strahl des Erbrochenen gegen unten zu richten.  Bild:  Grace Tung-Thompson

Erbrochenes aus dem Tonkopf: Roboter kotzt für die Virenforschung 

20.08.2015, 09:5520.08.2015, 10:07
Mehr «Wissen»

Mit Hilfe einer Maschine, die das Erbrechen simuliert, haben US-Forscher die Ausbreitung von Noroviren verfolgen können. Demnach verteilen sich die Virenpartikel in der Luft und lagern sich auf Oberflächen ab. Noroviren sind hochansteckende Erreger von Brechdurchfall, landläufig Magen-Darm-Grippe genannt. 

In der Schweiz infizieren sich gemäss Schätzungen zwischen 400'000 und 600'000 Menschen pro Jahr. Sehr häufig kommt es zu Ausbrüchen in Altersheimen und Kindertagesstätten. Vor allem bei alten Menschen kann das Virus zu schweren Erkrankungen oder gar zum Tod führen. Für eine Ansteckung genügen laut Experten 10 bis 100 Viruspartikel. 

Epidemiologische Studien deuten darauf hin, dass sich häufig Menschen mit Noroviren anstecken, die mit Erbrochenem von Patienten in Kontakt kommen, schreibt die North Carolina State University (NC State) in einer Mitteilung

«Diese Maschine mag seltsam erscheinen. Doch sie hilft uns dabei, eine Krankheit zu verstehen, die Millionen von Menschen betrifft.»
Lee-Ann Jaykus, North Carolina State University

Simuliertes Erbrechen

Mit Hilfe eines selbst entwickelten «Kotz-Simulators» sind Norovirenforscher um Lee-Ann Jaykus von der NC State der Frage nachgegangen, ob diese Viren beim Erbrechen in die Luft gelangen und sich zum Beispiel auf Oberflächen ablagern können. Dazu haben sie eine Druckkammer mit Schläuchen und einem Tonkopf versehen, die Magen, Speiseröhre und Mund darstellen. Der Roboter kann künstliches Erbrochenes in verschiedenen Mengen und Drücken von sich geben. 

Plexiglaskiste mit dem Tonkopf (rechts).
Plexiglaskiste mit dem Tonkopf (rechts).Bild:  Grace Tung-Thompson

Das Ganze befindet sich in einer Plexiglaskiste unter einem Sicherheits-Luftabzug. Ein Gastroenterologe, spezialisiert auf den Verdauungstrakt, half bei der Entwicklung. Der künstliche Vomitus besteht aus Flüssigkeiten unterschiedlicher Zähigkeit, das Virus wurde mit einem für Menschen ungefährlichen, dem Norovirus ähnlichen Bakteriophagen ersetzt. 

Gesundheit
AbonnierenAbonnieren

Viruspartikel in der Luft

In den Experimenten zeigte sich, dass eine prozentual geringe Menge an Viruspartikeln beim Erbrechen in die Luft gelangen, wie die Forscher nun im Fachjournal «Plos One» berichten. Da Kranke beim Sich-Übergeben jeweils Millionen von Viren abgeben, schicken sie pro Mal zwischen einigen wenigen bis zu einigen Tausend Partikeln in die Umgebung. 

«Diese Maschine mag seltsam erscheinen», sagte Jaykus in der Mitteilung. «Doch sie hilft uns dabei, eine Krankheit zu verstehen, die Millionen von Menschen betrifft.» Diese Arbeit könne dabei helfen, die Ausbreitung von Noroviren zu verhindern oder einzudämmen – «und da ist nichts Komisches dabei.» (dhr/sda) 

No Components found for watson.appWerbebox.
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
0 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Johann Bücheler, der Guillo­ti­nen­bau­er aus Kloten
Johann Bücheler war ein gewöhnlicher Schreiner aus Kloten. 1836 erhielt er vom Kanton Zürich den Auftrag, eine Guillotine zu bauen. Danach war ein normales Leben nicht mehr möglich.

Johann Bücheler fertigt in seiner Holzwerkstatt Stühle, Tische und Schränke – bis er einen delikaten Auftrag vom Polizeirat des Kantons Zürich bekommt. Er soll nach Genf reisen, um dort die erste Guillotine der Schweiz zu studieren. Denn der Kanton Zürich, neuerdings von Liberal-Radikalen regiert, will nicht länger gruselige Spektakel mit manuellem Enthaupten durchführen.

Zur Story