2011 erkrankten in der Schweiz über 38'000 Menschen neu an Krebs. In den Jahren 1987 bis 1991 waren es noch durchschnittlich 27'346 Neuerkrankungen pro Jahr gewesen. Sogar wenn man das starke Bevölkerungswachstum seit 1987 berücksichtigt, zeigt sich ein deutlicher Anstieg – die gefürchtete Krankheit scheint sich im Vormarsch zu befinden.
Drei Faktoren sind für die Zunahme hauptsächlich verantwortlich, wie der amerikanische Onkologe Bhavesh Balar in einem Beitrag auf «LiveScience» ausführt:
Rund 77 Prozent aller Krebserkrankungen in den USA treffen die Altersgruppe der Über-55-Jährigen. Diese Gruppe der Bevölkerung wächst aufgrund der steigenden Lebenserwartung stark; in den USA wird sich ihre Zahl voraussichtlich bis 2060 verdoppelt haben. «Mehr Senioren bedeuten mehr Krebsfälle», sagt Balar zu diesem Anstieg. Die durchschnittliche Lebenserwartung liege bei etwa 79 Jahren, während das Medianalter bei krebsbedingten Todesfällen 73 Jahre betrage.
In der Tat korreliert die Rate der Krebserkrankungen, zynisch betrachtet, mit dem Lebensstandard in einem Land: Je höher dieser ist, desto mehr Leute erkranken an Krebs. Der Grund dafür ist natürlich in erster Linie das relativ hohe Alter, das die Menschen in reichen Ländern überhaupt erreichen. Der Wohlstand hat aber auch insofern Schattenseiten, als in diesen Ländern Zivilisationskrankheiten wie Fettleibigkeit weiter verbreitet sind. Das führt zu Grund Nummer 2:
Der Lebensstil der Menschen in den reichen Ländern hat sich verändert: Viele sind zu dick und bewegen sich zu wenig. Gemäss Balar warnte die American Society of Clinical Oncology (ASCO) 2014, dass Adipositas (Fettleibigkeit) bald Tabak als Hauptrisikofaktor für Krebs ablösen werde.
Übergewicht und mehr noch Fettleibigkeit erhöhen nämlich nicht nur das Risiko für Herz- und Gefässkrankheiten, sondern auch für eine ganze Reihe von Krebsarten: Brustkrebs (nach der Menopause), Darmkrebs, Speiseröhrenkrebs, Gebärmutterkrebs, Bauchspeicheldrüsenkrebs, Nierenkrebs, Schilddrüsenkrebs und Gallenblasenkrebs.
Einige Krebsarten fordern immer mehr Opfer. Balar nennt Humane Papillomaviren (HPV), die am weitesten verbreitete Geschlechtskrankheit, von der 40 verschiedene Mutationen bestehen. Gegen einige der häufigsten Varianten gibt es Impfungen. In den meisten Fällen wird der Körper mit einer HPV-Infektion fertig, aber wenn dies nicht der Fall ist, kann sich – manchmal erst Jahre nach der Infektion – Krebs entwickeln. Tumoren im Kopf- und Nackenbereich, aber auch an den Geschlechtsorganen und dem Anus werden verstärkt mit HPV in Verbindung gebracht.
Auch Hautkrebs, darunter die gefährliche Form des Melanoms, nimmt laut Balar in den USA zu. Jeder dritte Amerikaner habe 2014 einen Sonnenbrand gehabt – einer der Schlüssel-Risikofaktoren für Hautkrebs – , obwohl in Präventionskampagnen vor den Gefahren gewarnt werde. Dabei sei Hautkrebs eine der am leichtesten zu vermeidenden Krebsarten.
Balar schliesst mit einem Lichtblick: Es erhalten nicht zuletzt auch mehr Menschen eine Krebsdiagnose als früher, weil die Früherkennung und Diasgnosemöglichkeiten heute bedeutend besser sind. Je früher ein Krebs entdeckt wird, desto grösser ist in der Regel die Aussicht auf Heilung. «Heutzutage muss eine Krebsdiagnose glücklicherweise kein Todesurteil mehr bedeuten», sagt der Onkologe. (dhr)