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4 Witze von Anne Frank wurden gerade entziffert – und sie sind ziemlich «derb»

Teresien da Silva, left, and Ronald Leopold of the Anne Frank Foundation show a facsimile of Anne Frank's diary with two pages taped off during a press conference at the foundation's office  ...
Teresien da Silva und Ronald Leopold von der Anne-Frank-Stiftung zeigen ein Faksimile des Tagebuchs. Zwei Seiten wurden neu entziffert.Bild: AP/AP

Diese 4 Witze von Anne Frank wurden gerade entziffert – und sie sind ziemlich «derb»

17.05.2018, 10:5518.05.2018, 06:23
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Mehr als 70 Jahre lang waren zwei Seiten des weltberühmten Tagebuches von Anne Frank dicht verklebt. Die Texte darauf waren verborgen hinter dickem braunem Packpapier. Doch nun sind die bislang unlesbaren Zeilen des jüdischen Mädchens veröffentlicht worden.

Die Amsterdamer Anne Frank Stiftung präsentierte diese Woche Texte, die mit digitaler Fototechnik lesbar gemacht wurden. Die damals 13-jährige Anne hatte auf den zwei Seiten am 28. September 1942 anzügliche Witze und eine Passage über Sexualität notiert.

Auf Seite 78 ihres ersten rotkarierten Tagebuchs habe sie «geschmiert», schrieb Anne. Daher nutze sie den Platz für «derbe Witze». 

Und so lauten die vier Witze:

  • «Wissen Sie, wozu die deutschen Wehrmachtsmädchen in den Niederlanden sind? Als Matratzen für die Soldaten.»
  • «Ein Mann kommt abends nach Hause und merkt, dass ein anderer Mann bei seiner Frau im Bett war. Er sucht das ganze Haus ab und schaut zum Schluss auch noch in den Schlafzimmer-Schrank. Dort steht ein komplett nackter Mann. Und als der eine Mann den anderen fragte, was er da mache, antwortete der Mann im Kasten: Sie können es glauben oder nicht, aber ich warte aufs Tram.»
  • «Ein Mann hatte eine sehr hässliche Frau und wollte keinen Geschlechtsverkehr mit ihr. Eines Abends kommt er nach Hause und sieht einen Freund bei ihr im Bett liegen. Darauf sagt der Mann: Er macht es und ich muss!!!»
  • «Ein Mann und eine Frau hatten zusammen Geschlechtsverkehr und nach ein paar Monaten wurde der Bauch der Frau beunruhigend dick. Darauf liess der Mann einen Arzt kommen, der sagte: Alles Luft, meine Frau, alles Luft!!! Darauf antwortete der Mann: ‹Ich pumpe doch keine Luft?›»

Solche Zoten waren «Kriegsklassiker», sagt der Wissenschaftler des Huygens-Institut für niederländische Geschichte, Peter de Bruin. Anne hatte sie womöglich im Radio gehört oder auch von ihrem Vater Otto. Aber sie schrieb auch über Sexualität und Prostitution. Das liest sich wie eine fast wörtliche Wiedergabe ihrer eigenen Sexualaufklärung.

«Die Texte sagen uns nicht wirklich etwas Neues über Anne Frank», sagt der Direktor der Anne Frank Stiftung, Ronald Leopold. «Sie ist ein 13-jähriges Mädchen in der Pubertät.»

>>> Hier können die zwei Seiten nachgelesen werden

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Ganz normales Mädchen

Über Sexualität hat sie auch an anderer Stelle geschrieben. Aber ihr Stil verrät doch viel über die beginnende Schriftstellerin. Denn das wollte Anne werden, schrieb sie später in ihrem Tagebuch.

Sie wollte einen Roman schreiben mit dem Titel «Das Hinterhaus». Das Tagebuch sollte die Basis sein. Daher redigierte sie später alle Texte und schrieb grosse Passagen neu. Die Seiten 78 und 79 klebte sie vermutlich selbst zu, weil sie sich schämte. «Wahrscheinlich hatte sie Angst, dass jemand das lesen könnte», vermutet Direktor Leopold.

Diese Textpassagen verdeutlichen, dass Anne auch ein ganz normales Mädchen war. Zugleich beleuchten sie den schrillen Kontrast zu der grossen Bedrohung im Hinterhaus an der Prinsengracht und machen den unmenschlichen Terror bis heute fühlbar. Im Hinterhaus lebte die in Frankfurt am Main geborene Anne mit ihrer Familie im Versteck vor den deutschen Nationalsozialisten.

Im August 1944 wurde die Familie verraten und deportiert. Anne starb im Alter von 15 Jahren 1945 im Konzentrationslager Bergen-Belsen. Nur Vater Otto Frank überlebte. Helfer hatten Annes Tagebücher gerettet und sie Otto nach dem Krieg übergeben. 1947 veröffentlichte er Annes Texte erstmals.

Originalseiten bleiben verklebt

Die Anne Frank Stiftung habe lange gezweifelt, ob sie die überklebten Passagen überhaupt veröffentlichen sollte. «Anne Frank ist weltweit zu einer Ikone geworden», sagte Direktor Leopold. «Ihr Tagebuch gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO. Wir fanden, dass alle Texte dokumentiert werden mussten.»

In der neuen für 2019 geplanten wissenschaftlichen Ausgabe der Tagebücher sollen die Texte mitaufgenommen werden. Doch im alten rotkarierten Büchlein bleiben die Seiten 78 und 79 verklebt mit dem dicken braunen Packpapier – genauso wie Anne es selbst wollte. (sda/dpa)

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11 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Olmabrotwurst vs. Schüblig
17.05.2018 13:22registriert Dezember 2014
Hehe Schwarzer Humor ist wie was zu Essen, das hat nicht jeder ;)
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Charivari
17.05.2018 12:48registriert August 2017
Ich finde man hätte ihren Wunsch respektieren und die Seiten nicht veröffentlichen sollen.
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bossac
17.05.2018 16:51registriert Juni 2014
Ich möchte das jetzt nicht als Kritik verstanden haben. Ich habe unglaublichen Respekt vor der Person Anne Frank, aber die Vorstellung wie etablierte Wissenschaftler mit dem neusten technischen Mitteln und enormen Geldsummen die pubertären Witze eines jungen Mädchen entziffern ist schon ziemlich amüsant xD
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