Wissen
Islam

6 Grafiken, 16 Fotos und 1 Video für alle, die immer von «dem» Islam reden

6 Grafiken, 16 Fotos und 1 Video für alle, die immer von «dem» Islam reden

30.04.2016, 10:4102.05.2016, 14:04
Kian Ramezani
Folge mir
Mehr «Wissen»

Die Integration von Einwanderern muslimischen Glaubens in der Schweiz sei ein Erfolg, schrieb kürzlich Kollege Blunschi. «Ja, aber ...», meint darauf User Maett:

Ein wichtiger und richtiger Gedanke: Es gibt Unterschiede innerhalb der 1,6 Milliarden Muslime weltweit. Anders gesagt, die folgende Karte ist in gewisser Weise korrekt, aber nicht sehr aussagekräftig:

Bild
karte: watson

Und wenn das Spektrum vom gemässigten Balkan bis zum fundamentalistischen Saudiarabien reicht, muss dazwischen auch noch das eine oder andere liegen.

Islamische Konfessionen

Fangen wir beim Offensichtlichsten an: «Der» Islam unterscheidet wie «das» Christentum zwischen zahlreichen Glaubensrichtungen. Die beiden Hauptgruppen der Sunniten und Schiiten zerfallen dabei in weitere Untergruppen:

Politisch ist die Unterscheidung zwischen Sunniten und Schiiten von grosser Bedeutung: Die sunnitischen Golfmonarchien liefern sich mit dem schiitischen Iran aktuell Stellvertreterkriege in Syrien und im Jemen.

Muslimische Länder

Das Zweitoffensichtlichste: «Der» Islam, wenn es ihn denn gäbe, wäre eine abstrakte Grösse, denn letztlich sprechen wir von seinen Glaubensanhängern, also von den Muslimen. Diese dürften als Gruppe noch heterogener sein als «der» Islam. Es gibt sie überall auf der Welt.

Als «muslimische Länder» gelten in der Regel jene, wo sie eine Mehrheit der Bevölkerung stellen. Das ist in über 40 Staaten der Fall, von Kasachstan bis Somalia und von Sierra Leone bis Indonesien. Alles Länder mit eigener Geschichte und eigener Kultur.

Die muslimische Welt (mit Bevölkerungsanteil in Prozent).
Die muslimische Welt (mit Bevölkerungsanteil in Prozent).karte: pew research center

Zugegeben, auch in muslimischen Ländern wird gerne die sogenannte Umma angerufen, die «Gemeinschaft» aller Muslime. Fakt ist, dass die Lebensumstände innerhalb dieser Gemeinschaft sehr stark variieren. Zur Illustration einige Indikatoren:

Sprache

Arabisch mag die Sprache des Korans sein, aber längst nicht alle Muslime sprechen Arabisch, sondern Bengalisch, Urdu, Panjabi, Malaiisch, Persisch, Javanisch, Sundanesisch, Swahili, Hausa, Fulfulde, Berber, Tuareg, Somali, Albanisch, Bosnisch, Russisch, Türkisch, Aserbaidschanisch, Kasachisch, Tatarisch, Kurdisch, Paschtunisch, Belutschi, Sindhi, Kashmiri und hunderte weitere Sprachen.

Sprachenvielfalt in der muslimischen Welt.
Sprachenvielfalt in der muslimischen Welt.karte: wikimedia/industrius

Alphabetisierung

Andreas Glarner, SVP-Asylschreck und Verantwortlicher für Migrations- und Asylpolitik in Parteileitung, hatte einmal in einem Interview mit watson Flüchtlinge pauschal als «Analphabeten» bezeichnet. Viele Asylbewerber kommen aus muslimischen Ländern. Dort variiert der Alphabetisierungsgrad stark. In den ehemaligen Sowjetrepubliken etwa beträgt er wie in der Schweiz nahezu 100 Prozent. Im zentralafrikanischen Niger hingegen nicht einmal 20 Prozent. In Syrien können immerhin 86 Prozent der Menschen lesen und schreiben.

Grün: Hoher Alphabetisierungsgrad; Rot: Tiefer Alphabetisierungsgrad
Grün: Hoher Alphabetisierungsgrad; Rot: Tiefer Alphabetisierungsgrad
karte: watson; daten: unesco

Kommt hinzu, dass die durchschnittliche Alphabetisierungsrate eines Landes nur bedingt aussagekräftig ist. Pakistans 59 Prozent variieren von Provinz zu Provinz teilweise beträchtlich:

Alphabetisierung innerhalb Pakistans.
Alphabetisierung innerhalb Pakistans.
karte: pd

Wohlstand

Ein bewährter Gradmesser für den Wohlstand einer Nation ist der Human Development Index (HDI) der Vereinten Nationen. Er vereint die Variablen Pro-Kopf-BIP, Lebenserwartung sowie die Bildungsdauer. Die untenstehende Karte verdeutlicht, dass der Wohlstand in der muslimischen Welt sehr ungleich verteilt ist. Während einige vom Erdölsegen (oder -fluch, je nach Sichtweise) profitieren, sind andere bitterarm.

Je blauer, desto höher der HDI-Wert. 
Je blauer, desto höher der HDI-Wert. 
karte: wikimedia/Canuckguy; daten: undp

Aussehen

Muslime sehen auch nicht alle gleich aus:

Muslim aus Somalia

Bild
Bild: EPA/AU UN IST

Muslim aus Kasachstan

Bild
Bild: SHAMIL ZHUMATOV/REUTERS

Muslimin aus Iran

Bild
Bild: ABEDIN TAHERKENAREH/EPA/KEYSTONE

Muslim aus der Schweiz

Bild
Bild: KEYSTONE

Muslimin aus Ägypten

Bild
Bild: MOHAMED ABD EL GHANY/REUTERS

Muslim aus Indonesien

Bild
Bild: Dita Alangkara/AP/KEYSTONE

Muslimin aus Syrien

Bild
Bild: EPA/DPA/SCHWIMMFREUNDE SPANDAU

Muslim aus Mali

Bild
Bild: JOE PENNEY/REUTERS

Muslim aus Libyen

Bild
Bild: ESAM OMRAN AL-FETORI/REUTERS

Muslim aus Gambia

Bild
Bild: Frank Franklin II/AP/KEYSTONE

Muslimin aus Algerien

Bild
Bild: ZOHRA BENSEMRA/REUTERS

Muslim aus Oman

Bild
Bild: Getty Images Europe

Muslimin aus Thailand

Bild
Bild: BARBARA WALTON/EPA/KEYSTONE

Muslimin aus Tadschikistan

Bild
Bild: Peter Leonard/AP/KEYSTONE

Muslim aus Jemen

Bild
Bild: YAHYA ARHAB/EPA/KEYSTONE

Muslim aus Albanien

Bild
Bild: ARBEN CELI/REUTERS

Und zum Schluss noch dies

Weniger grafisch, sondern prosaisch, dafür umso überzeugender brachte es der amerikansich-iranische Religionswissenschaftler Resa Aslan in einem berühmt gewordenen Interview mit CNN auf den Punkt. Eine vollständige Übersetzung des denkwürdigen Schlagabtauschs gibt es hier.

Hol dir jetzt die beste News-App der Schweiz!

  • watson: 4,5 von 5 Sternchen im App-Store ☺
  • Tages-Anzeiger: 3,5 von 5 Sternchen
  • Blick: 3 von 5 Sternchen
  • 20 Minuten: 3 von 5 Sternchen

Du willst nur das Beste? Voilà:

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
74 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
pamayer
30.04.2016 11:40registriert Januar 2016
Sehr guter artikel. Der schweizer muslim ist ja ein schönes vorzeigemodell😂😂

Analog dazu könnte man eine recherche über DAS Christentum machen: nicht alle können lateinisch. Es hat aufgeklärte und fundamentale, die alphabetisierungsrate ist auch nicht überall gleich. Es gibt rothaarige, mexikanische, schwarze, und sogar homosexuelle. Solche, die leben schützen und solche die im namen Gottes töten.
867
Melden
Zum Kommentar
avatar
PolloHermano
30.04.2016 11:30registriert Juni 2014
Sehr gelungener und interessanter Artikel, Kian! Stark ist auch, wie der Religionswissenschaftler im Interview von CNN die Fragen mit einer Souveränität und Differenziertheit beantwortet. Genau dieses differenzierte Denken wird viel zu selten an den Tag gelegt und (Massen-) Medien benutzen plakative Aussagen um Meinungen zu instrumentalisieren.
Danke Watson, dass ihr nicht so seid!
7323
Melden
Zum Kommentar
avatar
Fabio74
30.04.2016 10:57registriert März 2016
Sehr guter Artikel, der die Vielfalt zeigt und auch zeigt, dass schwarz/weiss nicht existiert. Hoffe es bringt paar Leute zum nachdenken.
6115
Melden
Zum Kommentar
74
So sportli­ch war das Mittelalter
Wenn man an Sport denkt, kommen Bilder der modernen Sportarten hoch: Fussball, Rennvelos, Rugby und Skifahren. Doch was ist eigentlich mit dem lange verklärten Mittelalter? Gab es damals schon Sport und ist dieser für den Raum der heutigen Schweiz vergleichbar mit modernen Wettbewerben?

Zur Frage, ob Sport im Mittelalter und darüber hinaus bereits praktiziert wurde, ist eine lang anhaltende Debatte auszumachen: Modernisten gegen Traditionalisten, quasi. Erstere sagen, Sport sei erst mit der Industrialisierung, der damit verbundenen Freizeitgestaltung und der Säkularisierung entstanden. Erst ab dem 19. Jahrhundert hätten Menschen sportliche Wettbewerbe bestritten, einheitliche Regeln erfunden und sich in Clubs und Vereinen organisiert.

Zur Story