Die Fähigkeit des Amazonas-Gebiets zur Aufnahme von Kohlendioxid ist enorm zurückgegangen. Wie die bislang grösste Studie zu dem Thema zeigt, sank die Aufnahme des Treibhausgases in einem Jahrzehnt um etwa 30 Prozent. Die Entwicklung müsse in Klimamodellen berücksichtigt werden, schreibt das Team um Roel Brienen von der Universität Leeds in der Zeitschrift «Nature».
Das Mammutprojekt, an dem Dutzende Forscher beteiligt waren, sollte klären, wie sich die Aufnahme von CO2 im Amazonas-Dschungel entwickelt. Schätzungen gingen davon aus, dass der Regenwald dort jährlich etwa 400 bis 650 Millionen Tonnen Kohlendioxid aufnimmt – das entspricht etwa einem Viertel der jährlichen Kapazität der gesamten Landfläche der Erde. Insgesamt sind in der dortigen Biomasse und im Boden Schätzungen zufolge 150 bis 200 Milliarden Tonnen CO2 gespeichert.
Die Forscher untersuchten nun auf 321 über das gesamte Amazonas-Gebiet verteilten Arealen von durchschnittlich 1,2 Hektar Größe die Entwicklung von Bäumen ab einem Stammdurchmesser von 10 Zentimetern. An den ersten Orten begannen die Untersuchungen 1983, die Daten reichen bis Mitte 2011. Insgesamt wurden fast 200.000 Bäume vermessen, zudem wurden sterbende und neu nachwachsende Bäume erfasst.
Von den Neunziger- bis zu den Nullerjahren sank die jährliche CO2-Aufnahme von 540 Millionen Tonnen auf 380 Millionen Tonnen, so die Hochrechnung der Forscher. Das Wachstum habe sich abgeschwächt, zudem seien von Jahr zu Jahr immer mehr Bäume abgestorben. Die Gründe für diese Entwicklung seien offen. Möglicherweise sei Trockenheit ein Faktor, vermuten die Forscher und verweisen auf die Jahre 2005 und 2010, in denen ausgesprochen wenig Niederschläge fielen. Hohe Temperaturen könnten den Effekt noch verstärken.
Das Ergebnis widerspreche Modellen zur Entwicklung der Tropen als Kohlenstoffspeicher und zeige, wie schwer es sei, die Reaktion auf den Klimawandel vorherzusagen, so das Fazit der Wissenschaftler. Auf das Mehr an CO2 in der Luft habe die Vegetation weltweit in den vergangenen drei Jahrzehnten mit verstärktem Wachstum reagiert, schreibt Lars Hedin von der Princeton University im US-Bundesstaat New Jersey in einem Begleitkommentar. «In der Folge hat die Aufnahme an Land inzwischen mit der im Meer gleichgezogen oder sie bereits übertrumpft, bisher ohne Tendenz, abzuflachen.»
Klar sei aber schon lange gewesen, dass die CO2-Aufnahme in der Vegetation nicht ewig anwachsen könne – allein schon, weil es andere wachstumsbegrenzende Faktoren wie Nährstoffe, Wasser, Temperatur und Licht gibt. Nun gebe es erstmals Anzeichen für eine sinkende Aufnahmerate – eben in den Regenwäldern des Amazonas-Gebiets.
Das Amazonas-Becken ist mehr als sechs Millionen Quadratkilometer – die 25-fache Fläche Grossbritanniens – gross und umfasst Länder wie Brasilien, Peru, Kolumbien und Surinam. Erst kürzlich hatten Forscher anhand von Satellitenfotos herausgefunden, dass sich die Abholzung des Regenwaldes etwa in Brasilien in den vergangenen 25 Jahren beschleunigt hat. (hda/dpa)