Unsere Zeit hat durch den stetigen technischen Fortschritt sehr viele Annehmlichkeiten hervorgebracht. Allerdings mussten wir uns dadurch auch von gewissen Dingen verabschieden ...
Im Prager Sozialversicherungsinstitut fährt niemand mehr mit diesen tollen Liftschreibtischen rum, um an die richtigen Akten ranzukommen.
Adieu, Akten. Adieu, Liftschreibtische.
Und auch die guten alten Schreibmaschinen hat der Fortschritt gefressen ...
Warum steht in keinem heutigen Büro mehr einer dieser schicken und schweren englischen Schreibtische?
Weil da jetzt gesundheitsfördernde, höhenverstellbare Pulte sind. Die sind nicht unbedingt schön, dafür gut für die Haltung. Alles wird mit der Zeit ersetzt. Langsame, sperrige und komplizierte Maschinen weichen ihren schnelleren, handlicheren und bedienungsfreundlicheren Nachfolgern.
Und das macht auch manch einen Job überflüssig ...
Gleich folgen die veralteten Jobs, vorher ein kurzer Hinweis:
Und nun, zurück in die Vergangenheit ...
Die ersten einigermassen salonfähigen Kühlschränke gab es um 1920. Allerdings wurden diese noch mit Ammoniak und Schwefeldioxid betrieben – giftige und übelriechende Substanzen. Bis in die 50er Jahre wurden hölzerne Eisschränke verwendet, die meist im Keller standen und mit Eis versorgt werden mussten.
Dafür sorgten die Eisschneider. Sie schnitten grosse Blöcke aus gefrorenen Teichen und Seen heraus, um die Bevölkerung mit dem kühlenden Element zu versorgen. Ein sehr gefährlicher Job.
Als es noch kein Google Maps und GPS gab, lotsten Menschen hilflose Autofahrer durch die Strassen dieser Welt.
Bevor Traktoren und Spatenmaschinen die Lockerung des Bodens übernahmen, spannte man Zugtiere vor den Pflug. Im Ersten Weltkrieg waren die Pferde mit ihren Männern an der Front. Und so mussten die Frauen diese strapaziöse Arbeit übernehmen.
«Das Fräulein vom Amt» arbeitete im Fernverkehr, musste Telefongespräche annehmen und an die gewünschten Teilnehmer mittels Umstecken der Anschlussbuchse auf dem Klappenschrank vermitteln.
Frauen verdrängten ab 1889 die Männer im Telefondienst, weil höhere Stimmen über die damals übertragenen Telefonfrequenzen besser verstanden werden konnten. Die Damen mussten eine gute Schulbildung und beste Umgangsformen haben, zudem jung, ledig und aus gutem Hause sein.
Während der industriellen Revolution bis in die 1920er Jahre gab es in Grossbritannien und Irland sogenannte «knocker-ups». Sie klopften mit Schlagstöcken oder langen Bambusstäben für die oberen Etagen an die Fenster der Leute und sorgten so dafür, dass sie nicht zu spät zur Arbeit kamen. Manche benutzten auch Pfeifen. Denn Weckuhren gab es anfangs noch nicht oder sie waren für die Arbeiterklasse zu teuer.
Der Beruf war vor allem in grossen Industriestädten wie Manchester sehr verbreitet und wurde meist von älteren Männern oder Frauen ausgeübt. Die pflichtbewusstesten Aufwecker gingen nicht weiter, bevor ihre Klienten ihnen eindeutige Zeichen gegeben hatten, dass sie wach waren.
Bowling entstand in den Vereinigten Staaten aus dem europäischen Kegeln, das von deutschen und niederländischen Einwanderern mit in die neue Welt gebracht worden war. Bis in die 60er Jahre übernahmen «Pinboys» das Aufstellen der Kegel – dann wurden mechanische Vollautomaten entwickelt, die heute zur Standardausrüstung von Kegel- und Bowlingbahnen gehören.
Die Rattenfänger sorgten dafür, dass sich Krankheiten und Seuchen – vor allem die Pest – nicht weiter ausbreiteten. Die Nagetiere sind Träger von Parasiten wie Flöhen, Läusen und Milben, die wiederum die Pesterreger auf den Menschen übertrugen.
Spätabends zündete er die Strassenlaternen an, frühmorgens löschte er sie wieder aus. Das war der Beruf des Laternenanzünders, der jeweils mit einem langen Stecken durch die Dunkelheit ging.
Die Elektrifizierung raubte diesen Männern den Job. Heute ist er nahezu verschwunden. In Brest, Weissrussland, gibt es noch einen Laternenanzünder, der unter den staunenden Augen der Touristen sein tägliches Werk in den Einkaufsstrassen verrichtet. In London kümmert sich ein kleines Team um die Gaslampen, die von der «English Heritage Trust»-Stiftung installiert worden sind.
Überall wo es viel Wald gab, gab es einst auch Flösser. Männer, die gefällte Baumstämme als Floss auf Flüssen oder einzeln auf Bächen und extra angelegten Flossgräben in die Sägewerke, Werften und Köhlereien trieben. Ihr Werkzeug war der Flosshaken, damit konnten sie verkeilte Holzstämme voneinander trennen, Brücken zwischen ihnen bauen oder ganze Holzinseln bilden.
Oft war die Arbeit in den Fabriken monoton bis enorm langweilig. So auch das Zigarren-Drehen. In den karibischen Zigarrenfabriken etablierte sich deshalb der Lektor. Ein Mann, der auf einem erhöhten Stuhl in der Menge der Arbeiter sass und ihnen aus Büchern und Zeitungen vorlas. Am liebsten in dramatischer Manier. Die Tradition brachten die kubanischen Zigarrenarbeiter mit in die USA, als sie zu Tausenden nach Florida emigrierten. Oft las er aus politisch linken Zeitungen vor, die von Gewerkschaften bezahlt wurden.
1931 jagten die Fabrikbesitzer die Lektoren aus ihren Werkstätten. Sie hätten den Kommunismus propagiert, hiess es. Der Druck der Grossen Depression, der zunehmende Einsatz von Maschinen in den Zigarrenfabriken und zuletzt der Verlust ihres Lektors veranlasste die Arbeiter zu einem gewaltsamen Streik.
Die Lektoren kamen nie wieder zurück – sie wurden durch das Radio ersetzt.
(rof)